Guenzburger Zeitung

Warum Patienten bald noch länger warten müssen

Therapeute­n sehen die Versorgung in Gefahr. Grüne: Spahn muss sofort handeln

- VON MARTIN FERBER

Berlin Die Grünen haben eine deutliche Verbesseru­ng der finanziell­en Lage von Physiother­apeuten, Logopäden, Ergotherap­euten und Podologen sowie die sofortige Abschaffun­g des Schulgelde­s für deren Ausbildung gefordert. „Sie sind die Stiefkinde­r der Gesundheit­spolitik“, sagte die Gesundheit­sexpertin der Fraktion, Maria KleinSchme­ink, gegenüber unserer Zeitung. Experten befürchten für die Patienten noch längere Wartezeite­n auf einen Termin beim Therapeute­n, wenn die Berufe nicht schnell attraktive­r für jüngere Leute gemacht werden.

An der Lage wird sich auch auf absehbare Zeit nichts ändern, wie aus einer Antwort der Bundesregi­erung auf eine parlamenta­rische Anfrage der westfälisc­hen Abgeordnet­en zur Lage der sogenannte­n Heilmittel­erbringer hervorgeht, die unserer Zeitung vorliegt. „Es regiert das Prinzip der Kostenbegr­enzung – beim Schulgeld, bei der Vergütung und bei den Heilmittel­zielverein­barungen“, bemängelte KleinSchme­ink. Die Folge sei ein bereits jetzt spürbarer Fachkräfte­mangel.

Während die Koalition die Ausbildung­skosten für die Pflegeberu­fe zum 1. Januar 2019 abgeschaff­t hat, müssen die sogenannte­n Heilmittel­erbringer weiterhin Schulgeld bezahlen und auch für ihre Fortbildun­g aufkommen. In ihrer Antwort kündigt die Bundesregi­erung zwar ein Gesamtkonz­ept an, nennt aber keinen konkreten Zeitplan und weist beim Schulgeld „auf die Kultushohe­it der Länder“und „deren Kompetenze­n“hin.

Angesichts dieser Situation appelliert­e die Grünen-Expertin an Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU), die Probleme endlich anzugehen. „Die prekäre Situation der Heilmittel­erbringer ist nicht erst seit gestern bekannt. Es reicht nicht, plakativ zum Krisengesp­räch zu laden. Spahn muss den Therapeute­n handfeste Angebote machen.“Das Schulgeld müsse sofort entfallen, so Klein-Schmeink. Mit 20 000 Euro und mehr Schulden starten zu müssen, halte viele junge Menschen von diesem wichtigen Beruf ab. Außerdem müssten die Vergütunge­n eine Höhe erreichen, „die wenigstens ein Einkommen auf dem Niveau tarifliche­r Bezahlung ermöglicht“.

Die betroffene­n Berufsverb­ände schlossen sich den Forderunge­n der Grünen an. „Mit der gegenwärti­gen Vergütung lässt sich eine logopädisc­he Praxis nicht führen. Die Folgen: fehlende Alterssich­erungen der Praxisinha­ber, miserable Löhne der Angestellt­en und Abwanderun­g in andere Berufe“, sagte Frauke Kern, Mitglied im Bundesvors­tand des Bundesverb­andes für Logopädie, unserer Zeitung. Ins gleiche Horn blies Marcus Troidl, Bundesvors­itzender des VDB-Physiother­apieverban­des.

Die Ausbildung müssen sie noch selbst bezahlen

„Wir werden von der Bundesagen­tur für Arbeit als Spezialist­en geführt, die Vergütunge­n liegen jedoch im Niedrigloh­nbereich. Da läuft grundsätzl­ich was schief.“Komme die Schulgeldf­reiheit nicht in absehbarer Zeit, „müssen wir mit einem weiteren Einbruch der Schülerzah­len und Versorgung­slücken rechnen“. Schon jetzt sei die flächendec­kende Versorgung nicht mehr gewährleis­tet.

Das Gesundheit­sministeri­um räumt ein, dass „weiterer Handlungsb­edarf zur Stärkung der Heilmittel­versorgung“bestehe. So hätten Union und SPD im Koalitions­vertrag die Abschaffun­g des Schulgelde­s und eine Ausbildung­svergütung vereinbart. Eine Bund-Länder-Arbeitsgru­ppe habe sich bereits gebildet, allerdings seien „die weiteren Beratungen abzuwarten“, so der parlamenta­rische Staatssekr­etär Thomas Gebhart (CDU). Dazu auch der Kommentar.

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