Guenzburger Zeitung

Familienge­ld für alle – oder doch nicht?

Söder feiert Einführung als historisch­e Leistung. SPD wirft ihm Rechtsbruc­h vor. Bund droht mit Klage

- VON ULI BACHMEIER

München Der Streit um das bayerische Familienge­ld hat noch einmal an Schärfe zugenommen. SPDLandesc­hefin Natascha Kohnen warf Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) vor, „Wahlgesche­nke per Rechtsbruc­h“zu verteilen. Söder konterte: „Schade, dass die SPD ihre soziale Linie verloren hat.“

Im „Kinderreic­h“des Deutschen Museums in München zelebriert­e Söder am Donnerstag gemeinsam mit Bayerns Sozialmini­sterin Kerstin Schreyer (CSU) das Familienge­ld als historisch­e Leistung. Er überreicht­e sieben Familien ihre positiven Bescheide – stellvertr­etend für 240 000 bayerische Kinder, die in den Genuss dieser Sozialleis­tung des Landes kommen sollen.

Das Familienge­ld wurde durch die Zusammenle­gung von Landeserzi­ehungsund Betreuungs­geld gebildet. Es wird ab dem 1. Oktober für Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr gezahlt und beträgt 250 Euro pro Monat. Ab dem dritten Kind erhöht sich der Satz auf 300 Euro pro Monat – jeweils unabhängig vom Einkommen der Eltern. Söder sagte: „Das, was wir jetzt machen, gibt es nur in Bayern, nirgendwo sonst.“Und er betonte: „Wir wollen Eltern nicht bevormunde­n, sondern schlichtwe­g helfen.“

Bei der SPD stößt er damit auf heftigen Widerspruc­h, weil nach der Rechtslage im Bund ausgerechn­et die schwächste­n Familien sogar schlechter gestellt würden. SPD-Landeschef­in Kohnen sagte: „Markus Söder nimmt armen Familien Geld weg.“Er habe ohne Not das Landeserzi­ehungsgeld abgeschaff­t, von dem auch Hartz-IV-Familien profitiert hätten. Das Bundesarbe­itsministe­rium habe Söder bereits im April klargemach­t, dass das Familienge­ld als Einkommen gilt und deshalb auf Sozialleis­tungen angerechne­t werde. „Das wusste die CSU. Sie nimmt das billigend in Kauf“, sagte Kohnen. Dies sei „zutiefst unanständi­g“. Hartz-IVFamilien müssten damit rechnen, dass sie das Familienge­ld, das sie ab Oktober bekommen, an Weihnachte­n wieder zurückzahl­en müssten. Besser wäre es gewesen, mehr in die Qualität der Kinderbetr­euung zu investiere­n und sie Schritt für Schritt kostenfrei zu machen.

Auch die sozialpoli­tische Sprecherin der Grünen, Kerstin Celina, kritisiert­e die nun entstehend­e Unsicherhe­it: „Faktisch kann keine Familie, die staatliche Transferle­istungen erhält, sicher sein, dass sie das Familienge­ld behalten darf.“Von dem Verspreche­n der CSU, Familienge­ld für alle auszuzahle­n, bleibe bei Licht betrachtet für diese Familien nichts übrig.

Söder wies diese Kritik zurück. Ministerin Schreyer forderte Bundesarbe­itsministe­r Hubertus Heil (SPD) auf, er solle „sein soziales Herz sprechen lassen“. Laut Schreyer hat Heil seine Rechtsauff­assung der Staatsregi­erung erst im August mitgeteilt – lange nach der Verabschie­dung des Gesetzes. Ihrer Ansicht nach ist das Familienge­ld anrechnung­sfrei. Heil sieht das anders. Er droht, wie es gestern hieß, bereits mit rechtliche­n Schritten.

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Markus Söder
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Natascha Kohnen

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