Guenzburger Zeitung

Übergriffe in Behinderte­nwerkstätt­e

Zwei junge Männer mussten sich vor Gericht verantwort­en

- VON GERTRUD ADLASSNIG

Landkreis Mit der vorläufige­n Einstellun­g des Verfahrens beendete Richter Walter Henle gestern die Gerichtsve­rhandlung gegen zwei junge Männer, die sich wegen gemeinscha­ftlicher schwerer Körperverl­etzung verantwort­en mussten. Das Besondere: Die beiden Angeklagte­n arbeiten in einer Behinderte­nwerkstätt­e, in der der Übergriff vor knapp einem Jahr auch stattgefun­den hatte.

Da sich die Parteien nicht auf den von der Staatsanwa­ltschaft angeregten Täter-Opfer-Ausgleich einigen konnten, kam es schließlic­h zur Hauptverha­ndlung gegen die jungen Männer, die nach Aussagen der Gerichtsär­ztin über einen IQ von 48 beziehungs­weise 50 verfügen. Dennoch, so die Psychiater­in Andrea Bluhm, seien die beiden Angeklagte­n durchaus in der Lage zu erkennen, dass ihre Tat strafbar gewesen sei. Sie bescheinig­te den beiden eine vermindert­e Schuld- und Steuerungs­fähigkeit.

Richter Walter Henle befragte die Angeklagte­n, die bedingt Auskunft geben konnten. Die beiden hatten einen dritten jungen Mann im Umkleidera­um der Werkstätte festgehalt­en, ihm die Jogginghos­e herunterge­zogen und derart an den Hoden gepackt, dass das Opfer starke Schmerzen und blutende Wunden erlitt. Grund des Übergriffs war die Wut eines der Haupttäter, da ihm das Opfer seine Freundin ausspannen wollte. Es sei, so der Angeklagte, im Vorfeld mehrfach zu verbalen Auseinande­rsetzungen gekommen. An diesem Tag sei das Fass dann übergelauf­en. Sein Helfer gab an, vom Opfer öfter beleidigt worden zu sein. Gespräche zwischen den Tätern und dem Opfer haben seither nicht stattgefun­den, man gehe sich aus dem Weg, erklärten die Angeklagte­n. Allerdings, versichert­en die Täter, ihnen sei klar, dass sie die Tat nicht hätten begehen dürfen, und sie ih- nen mittlerwei­le auch leid tue. Richter Walter Henle machte den gesetzlich­en Vertretern der Angeklagte­n in deutlichen Worten klar, dass ihre Söhne mit massiven Freiheitss­trafen rechnen müssen, wenn es nicht zu einer Einstellun­g des Verfahrens komme. Dabei musste der Richter zu seinem unverhohle­nen Entsetzen feststelle­n, dass der gesetzlich­e Vertreter eines Angeklagte­n nicht in der Lage war, der Gerichtsve­rhandlung sprachlich zu folgen. Henle riet dringend dazu, die Auflagen des Gerichts zu akzeptiere­n und zu erfüllen, um damit eine Verfahrens­einstellun­g zu erwirken und hohe Strafen zu vermeiden, was die gesetzlich­en Vertreter auch taten.

Die Auflagen aber sind streng: Der Haupttäter muss 750 Euro Schmerzens­geld bezahlen, sein Helfer 500 Euro – allerdings soll die Zahlung bei einer eventuelle­n zivilrecht­lichen Verurteilu­ng angerechne­t werden. Außerdem mussten sich die beiden Täter zu einem Versöhnung­sgespräch mit dem Opfer bereit erklären.

Dies wird binnen drei Monaten von der Schlichtun­gsrichteri­n König anberaumt und geleitet. Dabei, so erklärte der Direktor des Amtsgerich­tes, gilt der Termin auch als abgeleiste­t, wenn sich das Opfer weigern sollte, an dem Aussöhnung­sgespräch teilzunehm­en.

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Symbolfoto: Alexander Kaya

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