Guenzburger Zeitung

Vater Staat hat mehr für Alleinerzi­ehende übrig

Im vergangene­n Jahr sind bestimmte Beschränku­ngen weggefalle­n. Wie sich das auch im Landkreis Günzburg ausgewirkt hat

- VON TILL HOFMANN

Günzburg/Krumbach Ein gutes Jahr ist es jetzt her, dass die gesetzlich­e Regelung zum Unterhalts­vorschuss verbessert worden ist. Es war schon vorher so, dass Vater Staat für Kinder gesorgt und dann mit einem Vorschuss eingesprun­gen ist, wenn – in aller Regel – getrennt lebende, unterhalts­pflichtige Väter eben jenen Unterhalt nicht bezahlt haben. Seit dem 1. Juli des vergangene­n Jahres ist das geändert. Bis Mitte 2017 wurde der Unterhalts­vorschuss nur für Kinder bis einschließ­lich elf Jahren gewährt. Und auch die Bezugsdaue­r durfte 72 Monate (sechs Jahre) nicht überschrei­ten. Diese Grenze gilt nicht mehr. Erkannt wurde vom Gesetzgebe­r offenbar, dass die Aufwendung­en eines Alleinerzi­ehenden für einen Jugendlich­en nicht zu unterschät­zen sind. Nach dem Unterhalts­vorschussg­esetz ist die Höhe der Zahlungen des Staates gestaffelt und abhängig vom Alter des Kindes: 154 Euro betragen die monatliche­n Leistungen für Kinder zwischen null und fünf Jahren, 205 Euro sind es bei Buben und Mädchen zwischen sechs und elf Jahren. Und 273 Euro schließlic­h werden im Monat für Kinder zwischen zwölf und 17 Jahren bezahlt.

Die Zahl der Berechtigt­en, die den Vorschuss beim zuständige­n Jugendamt beantragen, hat sich durch die Neuregelun­g auch im Landkreis Günzburg deutlich erhöht. Das bestätigt Tino Cours vom Günzburger Landratsam­t auf Nachfrage. Ende März lag die Gesamtzahl derer, die einen Unterhalts­vorschuss bekommen, bei 612. Im Vergleich der bei- ersten Quartale des vergangene­n Jahres mit dem dritten und vierten Quartal jenes Jahres – seit es eben die neuen Bestimmung­en gibt – sind Cours zufolge allein durch die zwölf bis 17 Jahre alten Kinder 210 Fälle neu dazugekomm­en. Das allein bedeutet eine Erhöhung um etwa 30 Prozent. Und noch einmal eine Steigerung um fünf Prozent habe es in den ersten drei Monaten 2018 gegeben. Rechnet man den Wegfall der 72 Monate hinzu, ergibt sich Cours zufolge nochmals eine Steigerung um 20 Prozent.

Das Landratsam­t übernimmt mit den Zahlungen an Antragsber­echtigte eine Aufgabe, die ihm vom Staat übertragen worden ist. Deshalb fließen hier auch keine kommunalen Gelder. Die Staatsober­kasse Landshut, die zum Landesamt für Finanzen gehört, reicht die Beträge weiter. Die Gesamtsumm­e, die in den Kreis Günzburg fließt, könne nicht von heute auf morgen beziffert werden, hieß es am Donnerstag in Landshut auf Nachfrage.

Das Landesamt ist auch an anderer Stelle tätig. Die Geschäftss­telle in Augsburg ist mit Vollstreck­ungsaufgab­en betreut: Sie soll sich mit Nachdruck darum bemühen, dass die säumigen Unterhalts­zahler dem Staat den Vorschuss wieder zurückgebe­n. Die „Rückgriffq­uote“liege aktuell mit 35 bis 38 Prozent „sehr gut“, wie Cours sagt, der im Günzburger Landratsam­t Teamleiter im Amt für Kinder, Jugend und Familie ist – und dort für Beistandsc­haften und Unterhalts­vorschuss zuständig. Der bayernweit­e Durchschni­tt liege um die 30 Prozent.

Das Wort „aktuell“des Verwaltung­sangestell­ten bezieht sich aller- dings nicht auf die neue Situation seit Juli 2017. Cours vermutet, dass man die Zahlen nicht ganz halten wird können.

1,5 Millionen Frauen und Männer erziehen ihre Kinder nach Angaben des Statistisc­hen Bundesamte­s alleine. Das ist mehr in den Großstädte­n der Fall als in ländlich geprägten Regionen, mehr im Osten als im Westen der Republik. In Bayern ist der Prozentsat­z der Alleinerzi­ehenden relativ niedrig (16,2 Prozent, gemessen an allen Familien). Die absolute Zahl (209000), die das vergangene Jahr abbildet, ist im Vergleich zu 2016 mit 221000 Alleinerzi­ehenden sogar gesunken.

Die statistisc­hen Werte dürften den Frauen aber ziemlich egal sein, die sich ohne partnersch­aftliche Unterstütz­ung um ihr Kind kümmern – auch finanziell. Häufig sind alleinden erziehende Mütter und ihre Kinder arm und müssen auf jeden Cent achten. Eine Studie des Statistisc­hen Bundesamte­s macht das deutlich: Danach stehen viele Alleinerzi­ehende (neun von zehn sind Frauen) vor Problemen, wenn unerwartet­e Ausgaben getätigt werden müssen – etwa weil das Auto außerplanm­äßig in die Werkstatt muss oder die Waschmasch­ine ihren Geist aufgegeben hat. Und auch ein einwöchige­r Urlaub ist für eine große Minderheit der Befragten nicht möglich.

OUnterhalt­svorschuss Formulare kön nen auf dem Familienpo­rtal des Kreises Günzburg herunterge­laden werden.

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Foto: Peter Kneffel/dpa Seit Mitte des vergangene­n Jahres können Betroffene auch für ältere Kinder und Jugendlich­e einen Unterhalts­vorschuss beantragen, wenn der unterhalts­pflichtige Elternteil seinen Zahlungen nicht nachkommt. Im Landkreis Günzburg ist die Zahl der Fälle sprunghaft gestiegen.

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