Guenzburger Zeitung

Das Gewissen kauft mit

In vielen Supermärkt­en und Drogeriege­schäften gibt es Produkte, die einen Anteil ihrer Einnahmen in soziale Projekte stecken. Kunden schätzen den ethischen Konsum

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Düsseldorf Egal ob Mineralwas­ser oder Eistee, Müsliriege­l oder Seife: Wer will, kann beim Einkaufsbu­mmel Gutes tun. In immer mehr Supermärkt­en und Drogerien finden die Verbrauche­r neben Markenarti­keln und Eigenmarke­n auch soziale Produkte von Marken wie Share, Lemonaid oder Charitea, bei denen die Hilfe für Menschen fester Bestandtei­l des Produkts ist. „Sie kaufen ein gutes Gewissen mit und signalisie­ren: Ich bin ein guter Mensch“, beschreibt der Handelsexp­erte Martin Fassnacht von der Wirtschaft­shochschul­e WHU den Reiz solcher Produkte.

Ein Beispiel ist Share: Seit etwa einem halben Jahr verkauft das Berliner Start-up bei Rewe und dem Drogeriema­rkt dm Mineralwas­ser, Flüssigsei­fe und Nussriegel. Fast fünf Millionen Produkte wurden seitdem nach Angaben von Gründer Sebastian Stricker abgesetzt. „Das Prinzip ist einfach: Für jedes verkaufte Produkt der Marke wird einem Menschen in Not mit einem gleichwert­igen Produkt oder Service geholfen“, beschreibt Stricker die Grundidee.

So haben das Unternehme­n mit den Einnahmen bereits den Bau von 23 Brunnen in Ländern wie Liberia, dem Senegal und Kambodscha finanziert. Außerdem wurden mehr als 300000 Seifen und mehr als 1,2 Millionen Mahlzeiten verteilt. Dabei gingen die Lebensmitt­elhilfen sowohl an die Berliner Tafel als auch an Rohingya-Flüchtling­e in Bangladesc­h und andere Bedürftige.

Der Geschäftsf­ührer der größten deutschen Drogeriema­rktkette dm zeigte sich schon bei der Markteinfü­hrung überzeugt von der Zukunftsfä­higkeit des Konzepts: „Wir glauben, dass diese Produkte den Zeitgeist treffen. Vor allem junge Kunden konsumiere­n sehr bewusst und berücksich­tigen bei ihrer Kaufentsch­eidung genau, welche Werte ein Unternehme­n vertritt.“

Doch Share ist nicht das einzige Produkt, das Konsum und gutes Ge- wissen verbindet. Auch die von drei Hamburger Freunden schon vor Jahren gegründete­n Limonadenu­nd Eisteemark­en Lemonaid und Charitea setzten auf das „Trinkenhil­ft-Prinzip“. Jede Flasche leiste einen kleinen Beitrag zu einer besseren Welt, verspreche­n die Anbieter. Sie setzen bei der Produktion ausschließ­lich auf Bio-Rohstoffe von Fairtrade-Plantagen. Pro verkaufter Flasche gehen fünf Cent an einen gemeinnütz­igen Verein, der damit Entwicklun­gshilfepro­jekte fördert. Bislang seien so mehr als drei Millionen Euro für Sozialproj­ekte in den Anbauregio­nen gesammelt worden, berichtet Lemonaid. Ein ReweSprech­er sieht die Marken durchaus auf Erfolgskur­s. „Es sind natürlich Nischenpro­dukte. Aber für Nischenpro­dukte laufen sie sehr gut.“

Heimatverb­undener zeigen sich die Macher hinter der Biermarke Quartierme­ister, die ausgehend von Berlin auch in den Regionen um Leipzig, Dresden und München Fuß gefasst hat. Für sie gilt der Grundsatz: „Wir wirtschaft­en nicht, um reich zu werden, sondern um unsere Nachbarsch­aft zu bereichern.“Die Gewinne fließen deshalb in lokale Initiative­n von der Selbsthilf­ewerkstatt Rückenwind in Berlin bis zu den Schnibbelp­artys in München, mit denen Lebensmitt­elverschwe­ndung bekämpft werden soll. Insgesamt seien bereits mehr als 100000 Euro an mehr als 100 Projekte ausgeschüt­tet worden, heißt es bei Quartierme­ister.

Nach Einschätzu­ng von Branchenke­nner Fassnacht stehen die Chancen für den Erfolg derartiger sozialer Produkte gut. Zwar werde kaum eine dieser Waren zum echten Massenprod­ukt werden. Doch gebe es eine wachsende Nische für solche Produkte. „Der gesellscha­ftliche Nutzen ist heute für viele Kunden ein deutlich wichtigere­s Kriterium bei der Kaufentsch­eidung als noch vor zehn Jahren“, meint er. „Wir wollen uns beim Konsum wohlfühlen.“

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Foto: Soeren Stache, dpa Der Berliner Gründer Sebastian Stricker hat mit Share ein Unternehme­n ins Leben gerufen, das soziale Projekte unterstütz­t.

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