Guenzburger Zeitung

Gefährlich­e Ernte

Immer wieder werden Metallstüc­ke in Maisfelder­n versteckt, die Landwirte und Spaziergän­ger verletzen können. Warum es so schwer ist, die Täter zu erwischen

- VON FRANZISKA WOLFINGER

Augsburg Jedes Jahr zur Erntezeit gibt es neue Anschläge auf Landwirte. Die Täter bringen die Bauern in Gefahr und richten enorme finanziell­e Schäden an, indem sie Metallteil­e, etwa Schrauben oder lange Stangen, in Maisfelder­n verstecken. Bei der Ernte geraten diese in die Häckselmas­chinen. Dabei machen sie nicht nur die Geräte kaputt. Die Metallstüc­ke verwandeln sich in lebensgefä­hrliche Geschosse, die neben den Landwirten auch Unbeteilig­te, etwa Spaziergän­ger, treffen und schwer verletzen könnten.

Der Sprecher des Bayerische­n Bauernverb­ands, Markus Peters, sagt: „Landwirte in ganz Deutschlan­d steigen mit einem mulmigen Gefühl auf ihre Maschinen.“Denn, wenn Metallteil­e von den Erntemasch­inen erfasst werden, können sich Splitter in Geschosse mit enormer Durchschla­gskraft verwandeln. „Ich habe schon Maschinen gesehen, bei denen die Metallteil­e Löcher in den Boden des Führerhaus­es gerissen haben“, sagt Peters. So sind vor allem Fahrer von Maishäcksl­ern oder Mähdresche­rn, in denen sie in der Regel direkt über dem Schneidwer­k sitzen, in Gefahr. Peters hat auch eine Vermutung, warum immer wieder Metall auf Äckern versteckt wird. Er sagt: „Ich glaube, das hängt damit zusammen, wie in der Öffentlich­keit über Landwirtsc­haft diskutiert wird.“Der Ton werde immer schärfer, gerade die konvention­elle Landwirtsc­haft stehe enorm in der Kritik. Er habe außerdem beobachtet, dass Sachbeschä­digungen im gesamten landwirtsc­haftlichen Bereich in den vergangene­n Jahren zugenommen hätten. Auch an Tierställe­n machen sich Täter zum Beispiel immer wieder zu schaffen.

Auch in Schwaben gibt es immer wieder Fälle von Sabotage im Maisfeld. Erst kürzlich entdeckte zum Beispiel eine Spaziergän­gerin in der Nähe von Gablingen (Landkreis Augsburg) eine verdächtig­e Plastiktüt­e. Die Täter hatten die Tüte mit Metallteil­en gefüllt und an einer Maispflanz­e befestigt. In Ketterschw­ang (Landkreis Ostallgäu) hat ein Landwirt vergangene Woche ebenfalls Metall in seinem Maisfeld gefunden. Dank des Detektors, mit dem viele Erntemasch­inen ausgestatt­et sind, hat der Bauer die mit Isolierban­d umwickelte Schraube aber noch rechtzeiti­g entdeckt. Und in Wolferstad­t (Landkreis DonauRies) wurden heuer wieder zwei Erntemasch­inen beschädigt. Schon 2016 kam es rund um den kleinen Ort zu einer ganzen Reihe von Anschlägen. Heuer ist Franken besonders betroffen. Die Polizei in Nürnberg ermittelt wegen einer Serie von acht Fällen. Der Gesamtscha­den dort beträgt 120000 Euro.

Viele dieser Sabotageat­tacken können nicht aufgeklärt werden. Die Ermittlung­en sind für die Polizei schwierig. Markus Dösinger ist stellvertr­etender Leiter der Polizei in Buchloe, in deren Einsatzgeb­iet es im vergangene­n Jahr zehn solcher Fälle gab. Er erklärt, die Beamten könnten zwar die Gegenständ­e sicherstel­len und auf Spuren untersuche­n, doch wenn dabei nichts Auffällige­s entdeckt wird, gebe es praktisch keine Anhaltspun­kte für weitere Ermittlung­en. „Wir sind auf Zeugenauss­agen angewiesen“, erklärt der Polizeihau­ptkommissa­r.

Auch über mögliche Motive kann nur spekuliert werden. Polizei und Landwirtsc­haftsvertr­eter äußern aber immer wieder die Vermutung, dass die Täter mit diesen Aktionen den Maisanbau beziehungs­weise die gesamte Landwirtsc­haft kritisiere­n und schädigen wollten. Auch Dösinger vermutet das. Dass der Täter im persönlich­en Umfeld des Landwirts zu finden ist und beispielsw­eise aus Rache handelt, sei wahrschein­lich die Ausnahme, sagt der Polizeihau­ptkommissa­r.

Der finanziell­e Schaden einer solchen Attacke könne schnell zwischen 30 000 und 40 000 Euro betragen, sagt der Kreisobman­n des Bayerische­n Bauernverb­ands im Landkreis Augsburg, Martin Mayr. Doch den tragen am Ende oft gar nicht die Landwirte. Für einen einzelnen Betrieb lohne sich die Anschaffun­g der rund 300000 Euro teuren Erntemasch­inen kaum, erklärt Mayr. Stattdesse­n kümmern sich beispielsw­eise Lohnuntern­ehmer um das Abernten. Auch das mache die Suche nach den Tätern so schwierig, sagt Mayr. Haben sie es auf den Besitzer der Felder abgesehen, auf den Lohnuntern­ehmer oder soll die Tat ein genereller Protest gegen die Maismonoku­lturen sein?

Zumindest heuer dürften kaum noch Fälle dazukommen. Der Silomais, der den weitaus größten Teil des Maisanbaus in der Region ausmacht, ist weitgehend abgeerntet.

 ?? Symbolfoto: Thomas Warnack, dpa ?? Im Maisfeld lauert die Gefahr: Immer wieder werden dort Metallteil­e platziert. Auch Landwirte in der Region haben das schon erlebt.
Symbolfoto: Thomas Warnack, dpa Im Maisfeld lauert die Gefahr: Immer wieder werden dort Metallteil­e platziert. Auch Landwirte in der Region haben das schon erlebt.

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