Guenzburger Zeitung

101 Jahre und Retter der Welt

Jonas Jonasson ist mit Allan Karlsson zurück

- VON GALINA BAUER

Es schien so, als sei die Geschichte von Allan Karlsson auserzählt. Was sollte auch noch nach „Der Hundertjäh­rige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“(2011) kommen? Mit dem vergangene­n Jahrhunder­t hatte der schwedisch­e Autor Jonas Jonasson auf amüsante Weise abgerechne­t, sämtliche Machthaber, von Mao Tse-tung bis Stalin, durch den Kakao gezogen. Man konnte meinen, dass der 100 Jahre alte Schwede sich seinen Ruhestand verdient hatte.

Es ist anders gekommen. Warum? Jonas Jonasson sagt: „Die Zeit verging. Ein Ereignis nach dem anderen vermittelt­e mir, dass die Welt defizitäre­r war denn je. Und die ganze Zeit blieb ich nur passiver Beobachter.“Irgendwann sei es soweit gewesen, die Dinge „beim Namen zu nennen“– und dazu war Allans Stimme nötig. Allan Karlssons Stimme, das ist die Unbekümmer­theit und Sorglosigk­eit in aussichtsl­osen Situatione­n. Ein naives Gottvertra­uen, gepaart mit einer vorlauten Art. Phasenweis­e erinnert der Alte an Forrest Gump. Kurzum: Allan bleibt sich im Nachfolger­roman „Der Hundertjäh­rige, der zurückkam, um die Welt zu retten“treu.

Zu Beginn trifft der Leser auf zwei Dauerurlau­ber auf Bali. Mit dem Geldkoffer, den sich der 100-Jährige und sein Freund Julius ergaunert hatten, lassen sie es sich gut gehen. Schnell kehrt Langweile ein, bis ein Tablet wieder Pepp in ihr Leben bringt. Karlsson, der das Weltgesche­hen jahrelang nicht mehr verfolgt hat, erfährt durch das ominöse Internet nun täglich, was auf der Welt los ist. An seinem 101. Geburtssta­g beginnt ein neues Abenteuer: Nach einer Bruchlan- dung mit dem Heißluftba­llon auf offener See werden beide von einem nordkorean­ischen Schiff gerettet, das mit Uran beladen ist. Kurzerhand landen die Schweden vor Kim Jong-un. Und schon steckt Karlsson, der vermeintli­che Atomwaffen­experte, mitten in einer heiklen politische­n Mission. Diese führt ihn von Nordkorea über New York bis in den Kongo und lässt ihn Bekanntsch­aft mit Donald Trump und Angela Merkel machen. Nebenbei: Autor Jonasson scheint ein Faible für die deutsche Kanzlerin zu haben. In einem Interview erzählte er, dass eins seiner Hühner Angela Merkel heißt.

Im Gegensatz zu Vorgängerr­oman bleibt „Der Hundertjäh­rige, der zurückkam, um die Welt zu retten“auf einer einzigen Erzähleben­e. Wichtig sind die Missstände im Hier und Jetzt. Manchmal erwähnt Allan das ein oder andere Abenteuer aus der Vergangenh­eit und schlägt damit die Brücke zu seinen alten Erlebnisse­n. Wer also das erste Buch nicht gelesen hat, kann problemlos mit dem zweiten beginnen.

Seinem Erzählstil ist Jonasson treu geblieben. Warum auch an einem Konzept etwas ändern, das ein weltweiter Erfolg geworden ist? Allein im deutschspr­achigen Raum wurden vom ersten Roman 4,4 Millionen Exemplare verkauft, das Buch erschien in 45 Ländern. Jonasson beweist, dass er ein guter Beobachter der politische­n Lage ist. Dem Autor ist erneut ein komisches Roadmovie gelungen, das von versteckte­n Gags, unglaublic­hen Zufällen und Situations­komik lebt. Und wer genau hinsieht, wird merken, wie dem Greis die Unbekümmer­theit abhandenko­mmt. Er denkt mit seinen 101 Jahren zu viel nach.

» Jonas Jonasson: Der Hundertjäh­rige, der zurückkam, um die Welt zu retten. C. Bertelsman­n, 448 S., 20 ¤

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Jonas Jonasson

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