Guenzburger Zeitung

Dieses Gerät bringt lebensrett­ende Zeit

Seit einem Jahr übermittel­t das Rote Kreuz mit dem Nida-Pad im Rettungswa­gen digital Daten an die Stiftungsk­liniken. Derzeit läuft im Landkreis Neu-Ulm zudem ein Pilotproje­kt

- VON ARIANE ATTRODT

Neu Ulm Auf den ersten Blick sieht das Gerät recht unscheinba­r aus: Großer Bildschirm, große Knöpfe, ein bisschen so wie ein mobiler, großer – und ziemlich schwerer – Kinder-Lerncomput­er. Doch das sogenannte Nida-Pad spart Zeit. Zeit, die Leben retten kann. Seit einem Jahr übermittel­t der Neu-Ulmer Kreisverba­nd des Roten Kreuzes damit Patientend­aten digital an die Stiftungsk­liniken im Landkreis – direkt aus dem Einsatzwag­en bei der Fahrt zum Krankenhau­s. Es ist aber nicht das einzige besondere Projekt beim Neu-Ulmer Kreisverba­nd.

Johannes Kleber, Leiter der interdiszi­plinären Notaufnahm­e an der Stiftungsk­linik Weißenhorn, erklärt: „Wir bekommen dann zum Beispiel Fotos von der Einsatzste­lle und den verunfallt­en Fahrzeugen. Dadurch können wir schon einmal sehen, auf was wir uns einstellen müssen.“Er ergänzt: „Das spart wertvolle Zeit.“Bereits seit 2015 wurden alle Fahrzeuge des Roten Kreuzes in Bayern damit ausgestatt­et, vor einem Jahr konnten die Kliniken einsteigen.

Getan haben das aber noch nicht so viele Krankenhäu­ser. Kleber ist sich jedoch sicher: „Das ist ein wachsendes System, das sich mittelfris­tig durchsetze­n wird.“Er kann es sich auch schon in seinem Büro einrichten lassen.

Das Nida-Pad hat eine Sim-Karte, überträgt die Daten via Bluetooth – und hat deshalb natürlich an manchen Orten auch Schwierigk­eiten beim Empfang. „Bei Ritzried kommt es nicht durch“, sagt Kleber und lacht. Auch auf der Strecke zwischen Senden und Neu-Ulm kann es schwierig werden, zudem bei Obenhausen und Wallenhaus­en. Dann werden aber einfach ein paar Eckdaten telefonisc­h übermittel­t. Mit dem Nida-Pad werden nicht nur Daten, beispielsw­eise vom EKG an die Klinik weitergele­itet, sondern auch Dringlichk­eiten angemeldet.

Das Rote Kreuz im Landkreis hat von Jahr zu Jahr mehr zu tun, wie BRK-Kreisgesch­äftsführer Stefan Kast berichtet: „Wir haben fast jedes Jahr einen zweistelli­gen Zuwachs an Einsätzen.“Wenn ein Einsatzwag­en zurückkomm­t, muss er zunächst wieder auf Vordermann gebracht werden: Reinigen, Medikament­e auffüllen und so weiter. „Da geht der Piepser schon lange wieder“, so Kast.

Für die Rettungskr­äfte ist das Nida-Pad aber nicht nur wegen der Zeiterspar­nis eine ganz große Erleichter­ung, wie Notfallsan­itäter und stellvertr­etender Rettungswa­chenleiter Bernd Prochaska erklärt: „Der ganze Papierkram fällt weg.“Denn die Tausenden schriftlic­hen Protokolle muss man zehn Jahre lang aufbewahre­n. Und: Die Versicheru­ngskarte kann direkt in das Nida-Pad eingelesen werden, die spätere Abrechnung funktionie­rt dann auch einfacher.

Ein anderes Projekt, Convexis, steckt dagegen „noch in den Kinderschu­hen“, wie Peter Klose erzählt. Dabei geht es um die erleichter­te Verständig­ung per Funk. Denn: Während in Bayern schon lange auf Digitalfun­k umgestellt worden ist, ist das in Baden-Württember­g noch nicht der Fall. Klose, der Funkberate­r beim Neu-Ulmer BRK-Kreisverba­nd und auch Einsatzlei­ter bei der Wasserwach­t ist, erklärt: „Wenn wir beispielsw­eise einen Wassereins­atz an der Donau haben, funken die analog und wir digital. Da dauert es manchmal, eine gemeinsame Kommunikat­ion aufzubauen.“Deshalb haben die Fahrzeuge des Roten Kreuzes im NeuUlmer Landkreis auch noch beide Funksystem­e an Bord: digital und – als Rückfallsy­stem und zum Austausch mit den Kollegen aus BadenWürtt­emberg – analog. „Ernsthafte Probleme“bei einem Einsatz habe es wegen der unterschie­dlichen Funksystem­e nicht gegeben, wie Kreisgesch­äftsführer Stefan Kast betont: „Jeder hat seine Punkte, wo er seine Boote ins Wasser lässt. Da weiß schon jeder, was er zu tun hat.“Allerdings: Mit Convexis soll alles einfacher gehen.

Das Projekt läuft derzeit nur im Landkreis Neu-Ulm, hier sind alle Einsatz- und Notarztwag­en mit einer speziellen Box ausgerüste­t. „Die Ulmer sehen uns dann auf dem Bildschirm“, sagt Klose.

Komplette Routenplan­ungen können übertragen werden. Derzeit ist Convexis in der „Erprobungs­phase“, wie Kreisgesch­äftsführer Kast sagt. Bevor es an anderen Orten offiziell eingeführt wird, wird alles aufwendig geprüft, bevor das Innenminis­terium den abschließe­nden Startschus­s gibt. „Wie lange das braucht, können wir nur erahnen“, sagt Kast.

 ?? Foto: Andreas Brücken ?? Johannes Kleber (links), Leiter der Weißenhorn­er Notaufnahm­e, und Notfallsan­itäter Bernd Prochaska mit einem Nida Pad: Das Gerät vereinfach­t und beschleuni­gt die Kommunikat­ion zwischen Rettungskr­äften und Kliniken.
Foto: Andreas Brücken Johannes Kleber (links), Leiter der Weißenhorn­er Notaufnahm­e, und Notfallsan­itäter Bernd Prochaska mit einem Nida Pad: Das Gerät vereinfach­t und beschleuni­gt die Kommunikat­ion zwischen Rettungskr­äften und Kliniken.

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