Jubel und Pfiffe für die AfD Spitzen
Alice Weidel und Björn Höcke locken in der Region viele Zuschauer an. Sie lösen aber auch lauten Protest aus
Kissing Da steht er. Mit ausgebreiteten Armen und stechendem Blick lächelt er von der Bühne herab und verneigt sich. Gut 200 Menschen spendieren ihm stehende Ovationen und tosenden Applaus. Dabei hat Björn Höcke noch kein Wort gesagt. Doch das ist den meisten der Gäste, die den Rechtsaußen der AfD an diesem Samstagnachmittag in Kissing im Landkreis Aichach-Friedberg begrüßen, offenbar egal. Er wird schon noch das Richtige sagen. Dafür ist der selbst in der eigenen Partei umstrittene Politiker bekannt.
Und Höcke liefert. Er weiß, welche Knöpfe er drücken, welche Ressentiments er bedienen muss, um sein Publikum zufriedenzustellen. Auch bei seinem, laut Veranstalter, allerersten Auftritt in Schwaben. Also schimpft er gleich zu Beginn seiner gut einstündigen Rede über die rund 150 Gegendemonstranten, die die Gäste der AfD-Veranstaltung mit Pfiffen, Buhrufen und Beschimpfungen empfangen hatten. „Opfer der Bildungskatastrophe“seien diese, „verwirrte Kinder, berufslose Sozialpädagogen, die noch nie in ihrem Leben gearbeitet haben.“
Schwere Kost, die den meisten seiner Zuhörer im Landgasthof „AltKissing“aber ganz gut zu schmecken scheint. Für besonders Deftiges gibt es besonders lautstarken Applaus – vom halbstarken Sonnenbrillenträger genauso wie von der Rentnerin im Dirndl. Das Publikum ist gemischt, wenngleich vorwiegend männlich und jenseits der 50.
Ein anderes Bild hatten zuvor die rund 300 Teilnehmer einer Gegenveranstaltung abgegeben. Mit einer fröhlichen Stimmung wie auf einem Familienfest hatten sie auf dem Rathausplatz ein Zeichen für Vielfalt gesetzt. Während hier zwei Polizeibeamte entspannt das Geschehen verfolgten, sichern rund drei Dutzend Beamte die Veranstaltung der AfD. Dort haben laut Polizei „Demonstranten aus dem linken Spektrum Radau gemacht“, größere Probleme habe es nicht gegeben.
Björn Höcke geißelt derweil die „skandalöse“Politik von „SpreeDespotin“Angela Merkel und „Heißluft-Horst“Seehofer. Applaus. In Berlin seien doch nur noch „Kartellparteien“an der Macht, die alle das Gleiche sagen würden. Applaus. Er verwehre sich gegen die „Afrikanisierung Europas“und Milliarden Ausgaben für Flüchtlinge. Mehr Applaus. Ginge es nach ihm, würde künftig jeder illegale Einwanderer sofort an der deutschen Grenze zurückgewiesen. Größter Applaus.
„Damit muss endlich Schluss sein“, ist einer seiner häufigsten Sätze. Wie es danach weiter gehen soll, sagt er selten. Muss er aber auch nicht. Es sind die einfachen Antworten auf die schwierigen Fragen, mit denen Höcke in Kissing punktet. Als er seine Rede schließlich beendet, steht er wieder mit ausgebreiteten Armen auf der Bühne. Er genießt den Jubel und die „Höcke, Höcke“-Sprechchöre im stickigen Saal des Gasthofs.
Wenige Stunden zuvor hatte der Auftritt von Höckes Parteikollegin, die AfD-Co-Vorsitzende Alice Weidel in Breitenthal (Landkreis Günzburg) ähnliche Reaktionen in der Bevölkerung ausgelöst. Mehrere hundert Menschen protestierten dort ebenfalls friedlich - gegen den Auftritt der AfD-Politikerin. Währenddessen rechnete Weidel im Vereinsheim vor rund 350 Besuchern ebenfalls mit der Politik der Großen Koalition ab. Sie sagt Sätze wie „Angela Merkel hat völlig den Verstand verloren.“Die Gäste klatschen kräftig.