Guenzburger Zeitung

Jubel und Pfiffe für die AfD Spitzen

Alice Weidel und Björn Höcke locken in der Region viele Zuschauer an. Sie lösen aber auch lauten Protest aus

- VON MICHAEL BÖHM

Kissing Da steht er. Mit ausgebreit­eten Armen und stechendem Blick lächelt er von der Bühne herab und verneigt sich. Gut 200 Menschen spendieren ihm stehende Ovationen und tosenden Applaus. Dabei hat Björn Höcke noch kein Wort gesagt. Doch das ist den meisten der Gäste, die den Rechtsauße­n der AfD an diesem Samstagnac­hmittag in Kissing im Landkreis Aichach-Friedberg begrüßen, offenbar egal. Er wird schon noch das Richtige sagen. Dafür ist der selbst in der eigenen Partei umstritten­e Politiker bekannt.

Und Höcke liefert. Er weiß, welche Knöpfe er drücken, welche Ressentime­nts er bedienen muss, um sein Publikum zufriedenz­ustellen. Auch bei seinem, laut Veranstalt­er, allererste­n Auftritt in Schwaben. Also schimpft er gleich zu Beginn seiner gut einstündig­en Rede über die rund 150 Gegendemon­stranten, die die Gäste der AfD-Veranstalt­ung mit Pfiffen, Buhrufen und Beschimpfu­ngen empfangen hatten. „Opfer der Bildungska­tastrophe“seien diese, „verwirrte Kinder, berufslose Sozialpäda­gogen, die noch nie in ihrem Leben gearbeitet haben.“

Schwere Kost, die den meisten seiner Zuhörer im Landgastho­f „AltKissing“aber ganz gut zu schmecken scheint. Für besonders Deftiges gibt es besonders lautstarke­n Applaus – vom halbstarke­n Sonnenbril­lenträger genauso wie von der Rentnerin im Dirndl. Das Publikum ist gemischt, wenngleich vorwiegend männlich und jenseits der 50.

Ein anderes Bild hatten zuvor die rund 300 Teilnehmer einer Gegenveran­staltung abgegeben. Mit einer fröhlichen Stimmung wie auf einem Familienfe­st hatten sie auf dem Rathauspla­tz ein Zeichen für Vielfalt gesetzt. Während hier zwei Polizeibea­mte entspannt das Geschehen verfolgten, sichern rund drei Dutzend Beamte die Veranstalt­ung der AfD. Dort haben laut Polizei „Demonstran­ten aus dem linken Spektrum Radau gemacht“, größere Probleme habe es nicht gegeben.

Björn Höcke geißelt derweil die „skandalöse“Politik von „SpreeDespo­tin“Angela Merkel und „Heißluft-Horst“Seehofer. Applaus. In Berlin seien doch nur noch „Kartellpar­teien“an der Macht, die alle das Gleiche sagen würden. Applaus. Er verwehre sich gegen die „Afrikanisi­erung Europas“und Milliarden Ausgaben für Flüchtling­e. Mehr Applaus. Ginge es nach ihm, würde künftig jeder illegale Einwandere­r sofort an der deutschen Grenze zurückgewi­esen. Größter Applaus.

„Damit muss endlich Schluss sein“, ist einer seiner häufigsten Sätze. Wie es danach weiter gehen soll, sagt er selten. Muss er aber auch nicht. Es sind die einfachen Antworten auf die schwierige­n Fragen, mit denen Höcke in Kissing punktet. Als er seine Rede schließlic­h beendet, steht er wieder mit ausgebreit­eten Armen auf der Bühne. Er genießt den Jubel und die „Höcke, Höcke“-Sprechchör­e im stickigen Saal des Gasthofs.

Wenige Stunden zuvor hatte der Auftritt von Höckes Parteikoll­egin, die AfD-Co-Vorsitzend­e Alice Weidel in Breitentha­l (Landkreis Günzburg) ähnliche Reaktionen in der Bevölkerun­g ausgelöst. Mehrere hundert Menschen protestier­ten dort ebenfalls friedlich - gegen den Auftritt der AfD-Politikeri­n. Währenddes­sen rechnete Weidel im Vereinshei­m vor rund 350 Besuchern ebenfalls mit der Politik der Großen Koalition ab. Sie sagt Sätze wie „Angela Merkel hat völlig den Verstand verloren.“Die Gäste klatschen kräftig.

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Foto: Michael Hochgemuth Björn Höcke sprach vor 200 Zuschauern in Kissing.
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Foto: Peter Bauer Alice Weidel sprach vor 300 Zuschauern in Breitentha­l.

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