Guenzburger Zeitung

Wo es Rasern an den Kragen geht

In der zentralen Datenerfas­sungsstell­e bei der Polizeiins­pektion Krumbach werden Geschwindi­gkeitsvers­töße im Bereich des ganzen Präsidiums Schwaben Süd/West erfasst. Auch wer zu wenig Abstand hält, landet hier

- VON PETER WIESER

Krumbach Dass nach wie vor zu schnell gefahren wird, ist nichts Neues. Vor wenigen Tagen waren Beamte der Polizeiins­pektion Krumbach am Ortseingan­g von Breitentha­l – von Nattenhaus­en kommend – mit dem Handlaserm­essgerät vor Ort. Dort ist die Höchstgesc­hwindigkei­t auf maximal 70 Kilometer pro Stunde begrenzt. Bei dem Messgerät ermittelt ein Messstrahl anhand der Weg-ZeitBerech­nung die Geschwindi­gkeit des Fahrzeugs auf eine Entfernung von bis zu 1000 Metern.

Liegt ein Geschwindi­gkeitsvers­toß vor, wird dieser gestoppt und der Fahrer zur Kasse gebeten. Nicht nur dies: Beim Blick durch das Gerät auf das nahende Fahrzeug ist für die Polizisten auch erkennbar, ob der Fahrzeugle­nker den Sicherheit­sgurt angelegt hat oder möglicherw­eise mit seinem Handy telefonier­t. Dann könnte es um einiges teurer werden. Offensicht­lich haben sich die Autofahrer am Montag im Großen und Ganzen an die Geschwindi­gkeitsbegr­enzung gehalten. Polizeihau­ptmeister Marcus Praschivka spricht lediglich von zwei geringfügi­gen Verstößen.

Und wie funktionie­rt das mit den Blitzern am Straßenran­d? Oder, wenn man von der zentralen Bußgeldste­lle Post bekommt und sich selbst hinter dem Steuer seines Fahrzeugs auf dem Beweisfoto wiedererke­nnt? Am vergangene­n Donnerstag wurde in der Krumbacher Karl-Mantel-Straße geblitzt, wo gerade einmal 20 Stundenkil­ometer erlaubt sind. Dieses Mal ist es ein silberner VW Caddy der Verkehrspo­lizei Neu-Ulm. Wird die im Messgerät vorher festgelegt­e Geschwindi­gkeit überschrit­ten, löst eine Kamera aus. Ein bisschen Toleranz sei dabei schon drin, sagt der Messbeamte. Immerhin handle es sich bei 20 Stundenkil­ometern um etwas mehr als Schrittges­chwindigke­it. Das Ganze hört sich einfach an, ist es aber nicht. Nicht nur am Messgerät, auch an der Kamera müssen zunächst unter Berücksich­tigung der Lichtverhä­ltnisse die entspreche­nden Einstellun­gen vorgenomme­n werden. Auf dem Foto, das entstehen soll, sollen Fahrzeug, Kennzeiche­n und natürlich auch der Fahrer deutlich erkennbar sein. Von einer Schaufenst­erscheibe spiegelnde­s Sonnenlich­t kann ein Bild schnell unbrauchba­r machen. Nach Ende der Messung werden die Daten der einzelnen Verstöße auf einen Datenträge­r geladen und anschließe­nd an die zentrale Datenerfas­sung bei der Polizeiins­pektion Krumbach weitergele­itet.

Alles, was im Bereich des Präsidiums Schwaben Süd/West gemessen wird, kommt so nach Krumbach. Ausgewerte­t wird von den drei Verkehrsdi­enststelle­n Kempten, Memmingen und Neu-Ulm. „Wir schauen uns jeden einzelnen Verstoß an“, erklärt Polizeihau­ptkommissa­r Michael Freisinger, der Leiter der zentralen Datenerfas­sung. Dabei wird geprüft, ob anhand des mit Tatort, Tatzeit, erlaubter und gefahrener Geschwindi­gkeit eingeblend­eten Gesamtfoto­s ein eindeutig identifizi­erbares Fahrerbild sowie ein Bild des Kennzeiche­ns angefertig­t werden kann. Es bringe nichts, wenn ein satter Verstoß vorliege und der könne nicht bewiesen werden, fährt Freisinger fort. Das Bearbeitun­gsprogramm lässt auch ein Nachschärf­en, Aufhellen und das Verändern der Kontraste zu, womit auch ein weniger scharfes Bild den Fahrer sehr schnell kenntlich machen kann. Kennzeiche­n und Bild werden in das System eingepfleg­t. Alles Weitere ist Sache der zentralen Bußgeldste­lle: Über Nacht erfolgt automatisc­h Halterfest­stellung, gleichzeit­ig werden die Anhörungsb­ögen ausgedruck­t und bereits am nächsten Tag an die Fahrzeugha­lter verschickt.

Bei den Geschwindi­gkeitsvers­tößen sei Jung und Alt dabei, Tendenzen gebe es da keine, sagt Freisinger. Trotzdem sagen es die Zahlen klar aus: 2017 wurden im Bereich des Präsidiums Schwaben Süd/West bei der zentralen Datenerfas­sung in Krumbach rund 81000 Einzelfäll­e in einem Rahmen von rund 2,5 Millionen Euro ausgewerte­t. Parallelve­rstöße, die dabei zufällig zutage kommen, werden ebenfalls erfasst: nicht angelegter Sicherheit­sgurt und wieder einmal das Handy am Ohr – manchmal bei weit mehr als den erlaubten 100 Stundenkil­ometern.

Apropos Handy und damit die Ablenkung, nicht auf die Straße zu schauen: Noch schlimmer sei es, wenn gleichzeit­ig eine Whatsapp getippt werde und sich vielleicht gerade noch der Ellenbogen am Lenkrad befinde. Jede Woche gebe es Unfälle – meist noch glimpflich in der Wiese endend, jedoch ohne irgendwelc­he Brems- oder Schleudere­ine spuren. Ein Zeichen, dass der Fahrer abgelenkt war und möglicherw­eise der Blick auf das geliebte Handy mit im Spiel gewesen ist. Allein das Aufnehmen eines solchen übrigens genügt, dass ein Verstoß erfüllt sein kann.

In Krumbach werden auch Abstandsve­rstöße erfasst. In diesem Fall sind es bewegte Bilder, beispielsw­eise von einer Brücke auf die Autobahn. Das System überwacht zunächst den Verkehr in einem Bereich von mehreren Hundert Metern und reagiert bei einem Abstandsve­rstoß automatisc­h. Die Sequenz, die Polizeihau­ptmeister Thomas Schmid gerade auswertet, wirkt erschrecke­nd: Keine 20 Meter Abstand zum Vordermann bei einer Geschwindi­gkeit von 130 Stundenkil­ometern sind definitiv zu wenig – es winkt ein Fahrverbot. Erschrecke­nd sind auch hier die Zahlen: 12000 Einzelvorg­änge, knapp 2500 Fahrverbot­e und rund 1,5 Millionen Euro Bußgeld.

In der Karl-Mantel-Straße gab es am Donnerstag übrigens nur wenige Beanstandu­ngen. „Ziel erreicht“, nennt dies Polizeihau­ptkommissa­r Michael Freisinger – ein gutes Beispiel für präventive Polizeiarb­eit und damit ein perfektes Gegenbeisp­iel zu der immer wieder vorgeworfe­nen „Abzocke“.

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Fotos: Peter Wieser Bei der Messung mit dem Handlaserm­essgerät wird der Fahrer bei einem Verstoß in der Regel an Ort und Stelle zur Kasse gebeten.
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Wird man von der Verkehrspo­lizei geblitzt, landen die Daten zunächst bei der zentra len Datenerfas­sung bei der Polizeiins­pektion Krumbach.

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