Wo es Rasern an den Kragen geht
In der zentralen Datenerfassungsstelle bei der Polizeiinspektion Krumbach werden Geschwindigkeitsverstöße im Bereich des ganzen Präsidiums Schwaben Süd/West erfasst. Auch wer zu wenig Abstand hält, landet hier
Krumbach Dass nach wie vor zu schnell gefahren wird, ist nichts Neues. Vor wenigen Tagen waren Beamte der Polizeiinspektion Krumbach am Ortseingang von Breitenthal – von Nattenhausen kommend – mit dem Handlasermessgerät vor Ort. Dort ist die Höchstgeschwindigkeit auf maximal 70 Kilometer pro Stunde begrenzt. Bei dem Messgerät ermittelt ein Messstrahl anhand der Weg-ZeitBerechnung die Geschwindigkeit des Fahrzeugs auf eine Entfernung von bis zu 1000 Metern.
Liegt ein Geschwindigkeitsverstoß vor, wird dieser gestoppt und der Fahrer zur Kasse gebeten. Nicht nur dies: Beim Blick durch das Gerät auf das nahende Fahrzeug ist für die Polizisten auch erkennbar, ob der Fahrzeuglenker den Sicherheitsgurt angelegt hat oder möglicherweise mit seinem Handy telefoniert. Dann könnte es um einiges teurer werden. Offensichtlich haben sich die Autofahrer am Montag im Großen und Ganzen an die Geschwindigkeitsbegrenzung gehalten. Polizeihauptmeister Marcus Praschivka spricht lediglich von zwei geringfügigen Verstößen.
Und wie funktioniert das mit den Blitzern am Straßenrand? Oder, wenn man von der zentralen Bußgeldstelle Post bekommt und sich selbst hinter dem Steuer seines Fahrzeugs auf dem Beweisfoto wiedererkennt? Am vergangenen Donnerstag wurde in der Krumbacher Karl-Mantel-Straße geblitzt, wo gerade einmal 20 Stundenkilometer erlaubt sind. Dieses Mal ist es ein silberner VW Caddy der Verkehrspolizei Neu-Ulm. Wird die im Messgerät vorher festgelegte Geschwindigkeit überschritten, löst eine Kamera aus. Ein bisschen Toleranz sei dabei schon drin, sagt der Messbeamte. Immerhin handle es sich bei 20 Stundenkilometern um etwas mehr als Schrittgeschwindigkeit. Das Ganze hört sich einfach an, ist es aber nicht. Nicht nur am Messgerät, auch an der Kamera müssen zunächst unter Berücksichtigung der Lichtverhältnisse die entsprechenden Einstellungen vorgenommen werden. Auf dem Foto, das entstehen soll, sollen Fahrzeug, Kennzeichen und natürlich auch der Fahrer deutlich erkennbar sein. Von einer Schaufensterscheibe spiegelndes Sonnenlicht kann ein Bild schnell unbrauchbar machen. Nach Ende der Messung werden die Daten der einzelnen Verstöße auf einen Datenträger geladen und anschließend an die zentrale Datenerfassung bei der Polizeiinspektion Krumbach weitergeleitet.
Alles, was im Bereich des Präsidiums Schwaben Süd/West gemessen wird, kommt so nach Krumbach. Ausgewertet wird von den drei Verkehrsdienststellen Kempten, Memmingen und Neu-Ulm. „Wir schauen uns jeden einzelnen Verstoß an“, erklärt Polizeihauptkommissar Michael Freisinger, der Leiter der zentralen Datenerfassung. Dabei wird geprüft, ob anhand des mit Tatort, Tatzeit, erlaubter und gefahrener Geschwindigkeit eingeblendeten Gesamtfotos ein eindeutig identifizierbares Fahrerbild sowie ein Bild des Kennzeichens angefertigt werden kann. Es bringe nichts, wenn ein satter Verstoß vorliege und der könne nicht bewiesen werden, fährt Freisinger fort. Das Bearbeitungsprogramm lässt auch ein Nachschärfen, Aufhellen und das Verändern der Kontraste zu, womit auch ein weniger scharfes Bild den Fahrer sehr schnell kenntlich machen kann. Kennzeichen und Bild werden in das System eingepflegt. Alles Weitere ist Sache der zentralen Bußgeldstelle: Über Nacht erfolgt automatisch Halterfeststellung, gleichzeitig werden die Anhörungsbögen ausgedruckt und bereits am nächsten Tag an die Fahrzeughalter verschickt.
Bei den Geschwindigkeitsverstößen sei Jung und Alt dabei, Tendenzen gebe es da keine, sagt Freisinger. Trotzdem sagen es die Zahlen klar aus: 2017 wurden im Bereich des Präsidiums Schwaben Süd/West bei der zentralen Datenerfassung in Krumbach rund 81000 Einzelfälle in einem Rahmen von rund 2,5 Millionen Euro ausgewertet. Parallelverstöße, die dabei zufällig zutage kommen, werden ebenfalls erfasst: nicht angelegter Sicherheitsgurt und wieder einmal das Handy am Ohr – manchmal bei weit mehr als den erlaubten 100 Stundenkilometern.
Apropos Handy und damit die Ablenkung, nicht auf die Straße zu schauen: Noch schlimmer sei es, wenn gleichzeitig eine Whatsapp getippt werde und sich vielleicht gerade noch der Ellenbogen am Lenkrad befinde. Jede Woche gebe es Unfälle – meist noch glimpflich in der Wiese endend, jedoch ohne irgendwelche Brems- oder Schleudereine spuren. Ein Zeichen, dass der Fahrer abgelenkt war und möglicherweise der Blick auf das geliebte Handy mit im Spiel gewesen ist. Allein das Aufnehmen eines solchen übrigens genügt, dass ein Verstoß erfüllt sein kann.
In Krumbach werden auch Abstandsverstöße erfasst. In diesem Fall sind es bewegte Bilder, beispielsweise von einer Brücke auf die Autobahn. Das System überwacht zunächst den Verkehr in einem Bereich von mehreren Hundert Metern und reagiert bei einem Abstandsverstoß automatisch. Die Sequenz, die Polizeihauptmeister Thomas Schmid gerade auswertet, wirkt erschreckend: Keine 20 Meter Abstand zum Vordermann bei einer Geschwindigkeit von 130 Stundenkilometern sind definitiv zu wenig – es winkt ein Fahrverbot. Erschreckend sind auch hier die Zahlen: 12000 Einzelvorgänge, knapp 2500 Fahrverbote und rund 1,5 Millionen Euro Bußgeld.
In der Karl-Mantel-Straße gab es am Donnerstag übrigens nur wenige Beanstandungen. „Ziel erreicht“, nennt dies Polizeihauptkommissar Michael Freisinger – ein gutes Beispiel für präventive Polizeiarbeit und damit ein perfektes Gegenbeispiel zu der immer wieder vorgeworfenen „Abzocke“.