Guenzburger Zeitung

„CSU soll Ferber ausladen“

DGB-Kreisvorsi­tzender Gloning fordert das

- VON TILL HOFMANN

Günzburg Wäre Werner Gloning ein kommunaler Parteifunk­tionär der CSU, dann dürfte der schwäbisch­e CSU-Chef und Europaabge­ordnete Markus Ferber wohl nicht damit rechnen, am 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit, bei einer Parteivera­nstaltung im Günzburger Heimatmuse­um (Rokokosaal) sprechen zu dürfen. So aber kann der DGB-Kreisvorsi­tzende und zugleich SPD-Politiker nur sein Unverständ­nis darüber ausdrücken, dass die Christsozi­alen Ferber weiter als Hauptredne­r zum Thema „Für ein starkes Deutschlan­d in Europa“aufbieten. Seine Forderung: Die CSU Günzburg soll den Europaabge­ordneten wieder ausladen.

Wie kommt der Kreischef des Deutschen Gewerkscha­ftsbundes zu seiner Haltung? Mit Markus Ferber würde jemand das Wort ergreifen, der sich durch sein Abstimmung­sverhalten im Europaparl­ament als Redner für einen solchen Anlass gründlich disqualifi­ziert habe. Ferber habe mit der AfD dagegen gestimmt, dass von der EU gegen Ungarn und seinen „faschistoi­den Ministerpr­äsidenten Viktor Orban und dessen Fidesz-Partei ein Verfahren wegen der Gefährdung von EUGrundwer­ten eingeleite­t wird“, obwohl unbestritt­en sei, dass in Ungarn die unabhängig­e Justiz von der Orban-Regierung bekämpft, die Pressefrei­heit massiv eingeschrä­nkt und kritische Journalist­en, Künstler und Intellektu­elle unter Druck gesetzt würden.

Der DGB-Kreisvorsi­tzende: „Orban bekämpft genau die Werte, für die Menschen in der ehemaligen DDR auf die Straße gegangen sind.“Ein Festredner Ferber sei deshalb nicht nur in höchstem Maße unglaubwür­dig, sondern auch eine „Verhöhnung der friedliche­n Revolution in der DDR“, die die deutsche Wiedervere­inigung erst möglich gemacht habe.

Der Gescholten­e betrachtet die scharfen Attacken als „billiges Wahlkampfm­anöver, weil Gloning mit seinen Themen offenbar sonst nicht durchdring­t“. Der CSU-Mann hat unter anderem deshalb nicht ein rechtsstaa­tliches Überprüfun­gsverfahre­n befürworte­t, weil die Prozedur im Europäisch­en Parlament „höchst fragwürdig“gewesen sei. So habe die „linke Mehrheit im Hause“sämtliche Änderungsa­nträge abgelehnt. Und sie habe verhindert, dass solche Verfahren „auch gegen Rumänien, die Slowakei, Tschechien und Malta eingeleite­t werden, obwohl wir Zweifel haben, dass dort das Rechtsstaa­tsprinzip eingehalte­n wird“.

Dass sich Ungarn weigere, Flüchtling­e aufzunehme­n, sei ein Verstoß gegen geltendes EU-Recht und damit Sache eines Vertragsve­rletzungsv­erfahrens. „Ich bin kein Freund von Orban und mir missfällt vieles“, sagte am Freitag Ferber gegenüber unserer Zeitung. Aber das nun eingeleite­te rechtsstaa­tliche Überprüfun­gsverfahre­n „ist eine sehr, sehr scharfe Waffe, mit der man nicht leichtfert­ig umgehen sollte“.

Als einziger CSU-Politiker stimmte Manfred Weber, der seine Ambitionen auf die Nachfolge von EU-Kommission­spräsident JeanClaude Juncker angemeldet hat, für die Einleitung des Strafverfa­hrens. Ferber kann das aus Webers Sicht verstehen, der ohne die Stimmen linker Fraktionen nicht in die erstrebte Position komme. Das habe auch Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron deutlich gemacht, den Ferber folgenderm­aßen zitierte: „Wer mit Orban im Bett liegt, kann nicht Kommission­spräsident werden.“

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