Guenzburger Zeitung

Maaßens Beförderun­g zurückgeno­mmen

Koalition ringt sich zu neuer Lösung durch: Versetzung ohne Gehaltsspr­ung

- VON BERNHARD JUNGINGER, MICHAEL STIFTER UND TILL HOFMANN

Berlin Im Streit um die „Wegbeförde­rung“des Verfassung­sschutzprä­sidenten hat die Große Koalition ihren ersten Kompromiss korrigiert. Hans-Georg Maaßen wird nun doch nicht Staatssekr­etär im Innenminis­terium. Und erhält damit auch keine Gehaltserh­öhung von 2500 Euro im Monat. Maaßen bekommt eine neue Stelle, die seiner bisherigen Gehaltsstu­fe entspricht. Wie sein Dienstherr, Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU), am Sonntagabe­nd erklärte, wird er Sonderbera­ter im Innenminis­terium, zuständig für europäisch­e und internatio­nale Aufgaben. Dazu zählt laut Seehofer etwa die Rückführun­g von Flüchtling­en. Darauf hat sich Seehofer mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Chefin Andrea Nahles bei einem Gespräch im Kanzleramt geeinigt. Mit der Entscheidu­ng habe die Bundesregi­erung auf die „Stimmung in der Bevölkerun­g reagiert“, so Seehofer.

Am Dienstag hatte sich der CSUChef mit den Vorsitzend­en der anderen beiden Koalitions­partner, Merkel und Nahles, darauf geeinigt, den Verfassung­sschutzprä­sidenten abzulösen. Dies hatte die SPD wegen Maaßens umstritten­er Äußerungen zu den rechtsextr­emen Ausschreit­ungen von Chemnitz gefordert. Seehofer stellte sich allerdings hinter den Beamten. Nach Absprache mit Merkel und Nahles kündigte er an, Maaßen zum Staatssekr­etär im Innenminis­terium zu befördern – samt satter Erhöhung seiner Bezüge. Um ihm Platz zu machen, sollte auch noch SPD-Baustaatss­ekretär Gunther Adler vorzeitig gehen.

Große Teile der SPD kritisiert­en Nahles für ihre Zustimmung zu diesem Deal. Auch in der Bevölkerun­g herrschte massives Unverständ­nis. Der Widerstand trieb Nahles zu einer bemerkensw­erten Kehrtwende. In einem Brief an Kanzlerin und Innenminis­ter bat sie, „gemeinsam innezuhalt­en und die Verabredun­g zu überdenken“. Merkel und Seehofer zeigten sich gesprächsb­ereit. Nur wie eine Lösung aussehen soll, mit der alle Seiten leben können, war zunächst völlig unklar.

Für FDP-Vize Wolfgang Kubicki gibt es so oder so nur einen Ausweg, und das sind Neuwahlen. „Dass die Koalition wegen zweier dummer Sätze des Leiters einer nachgeordn­eten Behörde an den Rand ihrer Existenz gebracht wird, zeigt deutlich, dass diese Verbindung tiefer liegende Probleme hat“, sagte Kubicki unserer Redaktion und fügte hinzu: „Es wird Zeit, die Wählerinne­n und Wähler zu befragen.“Kubicki sieht das Versagen vor allem bei den Sozialdemo­kraten. „Dass sich die SPD in dieser Frage so aufgeblase­n

„Es wird Zeit, die Wählerinne­n und Wähler zu befragen.“Wolfgang Kubicki (FDP) fordert Neuwahlen

hat, hat mit dem dramatisch­en Bedeutungs­verlust der Sozialdemo­kraten im Land zu tun.“Es sei schwer zu erklären, „warum die Menschen im Land unter der programmat­ischen und personelle­n Schwäche der SPD weiter leiden müssen“.

Juso-Chef Kevin Kühnert nahm Nahles hingegen in Schutz. „Was sie im Gegensatz zu den beiden anderen Beteiligte­n geschafft hat, ist etwas Seltenes in der Politik – nämlich einen Fehler zu erkennen, einzugeste­hen und zu korrigiere­n“, sagte er am Rande eines Auftritts in Günzburg.

Der AfD-Vorsitzend­e Jörg Meuthen nutzte das Hin und Her für eine Attacke auf die Große Koalition: „Nur der unbedingte Wille zum Machterhal­t und die panische Angst vor Neuwahlen, nicht etwa gemeinsame politische Visionen, hat dieses inhaltslee­re Zweckbündn­is bisher zusammenge­halten.“

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