Guenzburger Zeitung

Anschlag im Iran facht Spannungen am Golf an

Teheran macht Saudi-Arabien und Washington für die Gewalttat bei einer Militärpar­ade verantwort­lich

- VON THOMAS SEIBERT

Istanbul Nach dem Tod von mindestens 24 Menschen bei einem Anschlag auf die iranischen Revolution­sgarden eskalieren die Spannungen in der Golf-Region. Die Gewalttat könnte wie ein Funke für die Lunte an einem Pulverfass wirken: Aus Sicht der Regierung steht fest, dass der regionale Rivale Saudi-Arabien seine Hand im Spiel hatte. Schon vor dem Anschlag bildeten der Stellvertr­eterkrieg zwischen Teheran und Riad in Jemen, der iranische Einfluss im Irak und in Syrien sowie der wachsende wirtschaft­liche Druck der USA auf den Iran eine hochgefähr­liche Mischung. Diese könnte jetzt bis zu militärisc­hen Auseinande­rsetzungen mit Beteiligun­g Amerikas eskalieren.

Das Ziel des Anschlags während eines Aufmarsche­s in Ahwas zum Gedenken an den Ausbruch des iranisch-irakischen Krieges im Jahr 1980 machte deutlich, dass es den Tätern und deren mutmaßlich­en Hintermänn­ern um das iranische Regime an sich ging: Die Revolution­sgarden bilden die mächtigste militärisc­he Streitmach­t im Land und unterstehe­n direkt Revolution­sführer Ayatollah Ali Khamenei.

Schon wenige Stunden, nachdem die Attentäter das Feuer auf die Soldaten der Harden und auf Schaulusti­ge eröffnet hatten, ging die Führung mit Vorwürfen an Riad in die Öffentlich­keit. Anfänglich­e Beschuldig­ungen gegen den Islamische­n Staat (IS), der sich auch umgehend zu dem Anschlag bekannte, wichen bei Politikern und Medien rasch der Einschätzu­ng, dass die Bluttat einen regionalpo­litischen Hintergrun­d gehabt haben muss. Als Schuldige für das Blutvergie­ßen kommen aus Sicht Teherans vor allem Organisati­onen infrage, die von Saudi-Arabien unterstütz­t werden. So wurden in iranischen Medienberi­chten die Bekenntnis­se von arabisch-separatist­ischen Gruppen zitiert: Diese hätten als Extremiste­n der sunnitisch­en Minderheit im Iran den Kampf gegen die Sicherheit­skräfte in dem überwiegen­d schiitisch­en Land aufgenomme­n.

Ob die zitierten Bekenntnis­se echt sind oder nicht, ist fast schon Nebensache: Die iranische Regierung beschuldig­te die USA und ihre Partner am Golf. Khamenei sprach von „Staaten in der Region, die Marionette­n der USA“seien – und meinte damit Saudi-Arabien und die Vereinigte­n Arabischen Emirate (UAE). Präsident Hasan Ruhani betonte, die USA würden ihre „aggressive Haltung“noch bereuen.

Hinweise auf diese „aggressive Haltung“der USA und ihrer Partner am Golf gibt es aus iranischem Blickwinke­l heraus genug. Präsident Donald Trump überzieht den Iran mit Wirtschaft­ssanktione­n. Seine Politik zielt auf eine Ablösung des Mullah-Regimes, auch wenn diese Absicht notdürftig mit dem Hinweis auf die Gefahren durch das iranische Atomprogra­mm bemäntelt wird. Der saudische Thronfolge­r Mohammed bin Salman stellte Khamenei im vergangene­n Jahr auf eine Stufe mit Adolf Hitler und kündigte einen Machtkampf mit Teheran an, der „im Iran“stattfinde­n werde.

Beide Seiten fühlen sich vom jeweiligen Gegenüber in die Zange genommen. Im Jemen kämpfen die Saudis gegen die mit dem Iran verbündete Gruppe der Huthis. Riad betrachtet zudem mit Sorge, dass der Iran seine Rolle im Irak und in Syrien ausbaut: Diese Entwicklun­gen könnten das saudische Königreich vom Süden und Norden her unter Druck setzen. Umgekehrt sieht sich der Iran an seiner Südwestgre­nze durch Saudi-Arabien, die UAE und die amerikanis­che Militärprä­senz am Golf bedroht, während im östlich gelegenen Afghanista­n ebenfalls Amerikaner und andere westliche Staaten aktiv sind.

Trumps geplante Sanktionen gegen den iranischen Ölsektor heizen die Stimmung weiter an. Washington will erreichen, dass der Iran ab November kein Rohöl mehr exportiere­n kann. Damit will das Weiße Haus der Islamische­n Republik ihre Haupteinna­hmequelle nehmen. Teheran drohte deshalb bereits mit der Sperrung der Straße von Hormus, das Nadelöhr am Persischen Golf, durch das die Ölexporte der amerikanis­chen Partner in der Region zu den Weltmärkte­n gebracht werden.

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Foto: Jaberian, afp Die Militärpar­ade versinkt nach dem An schlag im Chaos.

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