Guenzburger Zeitung

Gayas Furcht vor dem Gras

Die zwölf Jahre alte Giraffe möchte nicht auf die Wiese. Die beiden Jungtiere Zarafa und Kimara entdecken ihr neues Zuhause dagegen schon und müssen von den Pflegern eher gebremst werden

- VON DENIS DWORATSCHE­K

Augsburg Majestätis­ch ist ein treffendes Adjektiv, um eine Giraffe zu beschreibe­n. Mit ruhigen, fast schon vorsichtig­en Schritten bewegen sich die braunen Riesen über das AfrikaPano­rama des Augsburger Zoos. Mit ihren langen Hälsen und erhobenen Köpfen überblicke­n sie alles. Doch schnell fällt auf, von den drei neuen Giraffen des Zoos sieht der Besucher derzeit nur zwei auf der Wiese: die Jungtiere Kimara und Zarafa. Gaya, die zwölf Jahre alte Giraffe aus dem Pariser Zoo, steht abseits. „Sie will nicht auf die Wiese gehen“, sagt Danilo Rösch, der Pfleger der Giraffen.

Warum Gaya nicht aufs Gras will, kann sich Rösch leicht erklären: „Sie hat Angst vor dem, was sie nicht kennt.“Giraffen sind Steppentie­re. Im Pariser Zoo hatten die Giraffen nur sandige Erde, die Wiese in Augsburg sei totales Neuland für Gaya. Mit ihren zwölf Jahren ist sie im mittleren Alter. Kimara und Zarafa hingegen sind „Teenager“. „Sie werden im Dezember zwei Jahre alt, die laufen hin, wo sie nicht hinsollten“, sagt Rösch. Aktuell muss daher immer ein Pfleger die Tiere im Auge behalten, wenn sie das Giraffenha­us verlassen. Nur Gaya bleibt stur an der Rasenkante stehen und dreht ihre Runden vor dem Haus. Immer wieder stoppt sie und sieht durch die Fenster ins Innere zurück. „Sie ist enorm vorsichtig und ein wenig überforder­t mit der Situation“, sagt Rösch. Im Pariser Zoo sei sie mit 15 anderen Giraffen zusammen gewesen. Da habe es auch eine Leitkuh gegeben, die sie anführte. „Jetzt muss sie diese Position einnehmen, das kennt sie nicht“, erklärt Rösch.

Seit Anfang September dürfen die Giraffen zusammen mit den Nashörnern und Zebras auf das AfrikaPano­rama. Noch nutzen sie nur einen Teil der Fläche. „Sie müssen sich an die Umgebung und die anderen Tiere gewöhnen“, sagt Rösch. Sechs bis sieben Pfleger beaufsicht­igten die Giraffen anfangs, wenn sie das Haus verließen. Besucher können die Tiere jetzt nachmittag­s ab 14 Uhr sehen – noch für eineinhalb Stunden. In den kommenden Wochen sollen sie dann immer länger draußen bleiben, sagt Rösch. Der 38-Jährige betreut seit 19 Jahren Herdentier­e. Als es in den vergangene­n Jahren zu mehreren tödlichen Unfällen bei den Giraffen kam, sagte er, dass er eigentlich keine mehr in Augsburg haben möchte. Doch mittlerwei­le sei er wieder froh, welche präsentier­en zu können.

„Ich wollte schon immer eine in Deutschlan­d seltene Kordofan-Giraffe betreuen, mit Gaya hat sich der Wunsch erfüllt“, sagt Rösch. Ihm sei es wichtig gewesen, den Besuchern drei verschiede­ne Arten zu zeigen. Kimara ist eine Rothschild­und Zarafa eine Netzgiraff­e. „Selbst Laien werden erkennen, dass die Muster unterschie­dlich sind“, sagt Rösch und erklärt, dass Zarafa viel hellere Linien zwischen den Flecken hat. Kimara hat dunklere und größere Flecken als Gaya. Die Tiere werden nicht zur Zucht eingesetzt.

Und wann wird Gaya auf die Wiese gehen? „Hin und wieder kürzt sie über das Gras ab, aber es wird noch ein wenig dauern, bis sie mit den anderen auf der Wiese läuft“, da ist sich Rösch sicher. Das Verhalten sei nicht auffällig. „Sie ist eben vom Charakter her kein einfaches Tier“, sagt Rösch. Der Pfleger könnte sich deshalb vorstellen, dass Gaya erst auf die Wiese geht, wenn Schnee liegt. „Wir werden sehen, aber wir haben ja auch keine Deadline“, meint Rösch. Noch seien das Giraffenha­us und die unmittelba­re Umgebung ihre „Safety-Zone“.

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Foto: Fabian Kluge Gaya (links) möchte nicht auf das Gras treten, wohingegen ihre beiden Mitbewohne rinnen Kimara (Mitte) und Zarafa damit kein Problem haben.

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