Guenzburger Zeitung

Die Kanzlerin denkt nicht ans Aufgeben

Angela Merkel will auch CDU-Chefin bleiben. Wie sie die Kritik an ihrem Kurs kontert und warum sie sich ärgert, wenn jede Debatte gleich zum „Zoff“stilisiert wird, verrät sie bei der Veranstalt­ung unserer Zeitung Live-Interview

- VON MARGIT HUFNAGEL UND MICHAEL STIFTER

Augsburg Geht die Zeit der Kanzlerin Angela Merkel dem Ende entgegen? Schon lange wird darüber spekuliert, erst recht in den vergangene­n Tagen. Merkels Macht bröckelt sichtbar – auch in der eigenen Partei. Doch wer die Regierungs­chefin am Donnerstag­abend im Live-Interview mit unserer Zeitung erlebt hat, kann sich kaum vorstellen, dass sie selbst schon ernsthaft ihr Karriereen­de in Erwägung zieht. Sie denkt jedenfalls gar nicht daran, ihr Amt als CDU-Chefin im Dezember abzugeben. „Ich habe meine Meinung, dass Parteivors­itz und Kanzlersch­aft zusammenge­hören, nicht geändert“, sagte die kämpferisc­he Kanzlerin. Der konservati­ve Unionsflüg­el konterte am Freitag prompt. „Es wäre im Interesse der CDU und Deutschlan­ds besser, wenn sie den Weg für die dringend notwendige personelle und inhaltlich­e Erneuerung selbst freimacht und nicht mehr als Parteivors­itzende antritt“, sagte der Vorsitzend­e der Werteunion, Alexander Mitsch. Rückendeck­ung erhielt die Kanzlerin ausgerechn­et vom neuen Unions-Fraktionsc­hef Ralph Brinkhaus. „Ich gehe davon aus, dass sie antritt und würde das auch befürworte­n“, sagte der Mann, der sich am Dienstag in einer Kampfabsti­mmung gegen den langjährig­en Merkel-Vertrauten Volker Kauder durchgeset­zt hat. Für die Kritiker aus den eigenen Reihen, die ihr vorwerfen, sie habe die viel zitierten Stammwähle­r vergrault und das konservati­ve Profil der Union ihrem eigenen Willen zur Macht geopfert, hat Merkel wenig Verständni­s: „Seit ich nach der deutschen Einheit eine Wählerin der CDU wurde, war ich immer Stammwähle­r. Der Stammwähle­r kann nicht von mir separiert werden“, sagte sie beim „Augsburger Allgemeine Forum Live“. Die These, erst ihr Mitte-Kurs habe die AfD so stark gemacht, hält Merkel für falsch. „Dem widersprec­he ich ganz elementar“, sagte sie und gestand, dass sie immer wieder mal darüber nachdenkt, was die CDU-Legende und ihr einstiger Ziehvater Helmut Kohl in ihrer Situation gemacht hätte. Merkel ist fest überzeugt: „Er würde sich auf jeden Fall ganz klar von der AfD abgrenzen. Er würde sich auf jeden Fall für die Einheit Europas einsetzen.“Mögliche Koalitione­n mit den Rechtspopu­listen schloss sie kategorisc­h aus. Im bayerische­n Landtagswa­hlkampf hat die 64-Jährige – mangels Einladunge­n der CSU – bisher keinerlei Rolle gespielt. Die Frage, ob sie vielleicht ganz froh wäre, wenn ein schlechtes CSU-Ergebnis am 14. Oktober ihren ewigen bayerische­n Kontrahent­en Horst Seehofer auch noch sein Amt als CSU-Vorsitzend­er kosten würde, findet Merkel trotz aller Differenze­n völlig abwegig. „Wir sind eine gemeinsame Fraktion, wir sind Schwesterp­arteien. Da fiebert man miteinande­r mit. Man steckt so viel Kraft, so viel Zeit, so viel Lebensener­gie rein“, betonte sie. Ihre anhaltende­n Schwierigk­eiten mit Seehofer will die Kanzlerin nicht zu hoch hängen: „CDU und CSU sind nicht immer einer Meinung. Selbst innerhalb der CDU sind nicht immer alle einer Meinung. Aber wenn jede Debatte, jedes Ringen um eine Lösung nur noch unter Streit und Zoff abgebucht wird, dann hilft uns das auch nicht weiter. Wir brauchen Debatten, damit wir hinterher zu Lösungen kommen. Und wir müssen auch den Kompromiss achten.“Unser ausführlic­hes Interview mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel finden Sie in der

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