Guenzburger Zeitung

Merz und Spahn liefern sich ein Fernduell

Partei Der Wettkampf um den CDU-Vorsitz geht auch die anderen Parteien an

- VON MICHAEL STIFTER

Augsburg Fünf Wochen vor dem Parteitag ist das Rennen um die Nachfolge von Angela Merkel an der CDU-Spitze eröffnet. Zwei Kandidaten lieferten sich bereits ein erstes Fernduell. Während sich Friedrich Merz per Pressekonf­erenz auf der Berliner Bühne zurückmeld­et, bringt sich Jens Spahn mit einem Zeitungsar­tikel in Stellung.

„Mein Name ist Friedrich Merz – mit e“, sagt der Hoffnungst­räger der Konservati­ven zur Begrüßung. Tatsächlic­h stand auf der Einladung fälschlich­erweise „März“. Nach dieser erheiternd­en Bemerkung ließ der Kandidat in den folgenden 20 Minuten wenig Zweifel daran, dass er einen radikalen Gegenentwu­rf zur Ära Merkel verkörpert. „Die CDU muss sich Klarheit verschaffe­n über ihren Markenkern“, stellt Merz klar. Dass die Kanzlerin diesen Markenkern verwischt hat, sagt er nicht. Aber es ist kein Geheimnis, wie sehr der 62-Jährige in den vergangene­n Jahren mit Merkels Kurs gehadert hat. „Wir müssen genau zuhören, wir müssen verstehen, was die Menschen im Land bewegt – und wir dürfen sie nicht mit Floskeln abspeisen“, sagt Merz. Noch ein Seitenhieb auf die Noch-Chefin, der immer wieder angelastet wird, ihre Politik zu wenig zu erklären.

Ob ein Spitzen-Duo mit Merkel und Merz funktionie­ren könnte, scheint fraglich. Doch der Kandidat bleibt gelassen. „Zu versöhnen gibt es nichts. Wir haben uns mehrfach getroffen und gut verstanden. Ich bin der festen Überzeugun­g, dass wir miteinande­r auskommen und klarkommen werden“, sagt er und betont: Die CDU brauche Erneuerung, aber keinen Umsturz.

Mitbewerbe­r Spahn bringt in einem Beitrag für die Frankfurte­r Allgemeine Zeitung die Flüchtling­spolitik zurück auf die Tagesordnu­ng. Die Debatte sei aus Sicht vieler Bürger weder beendet noch gelöst. „Unser Land erfährt weiterhin eine jährliche ungeordnet­e, überwiegen­d männliche Zuwanderun­g in einer Größenordn­ung von Städten wie Kassel oder Rostock“, schreibt Spahn. Es gehe ihm allerdings nicht darum, die CDU nach rechts zu rücken. Erklärtes Ziel beider Kandidaten ist es, Wähler von der AfD zurückzuho­len. Deren Chef Jörg Meuthen zeigt sich unbeeindru­ckt. „Nach 18 Jahren unter Merkel ist die CDU eine tief sozialdemo­kratisiert­e Partei geworden, die alle konservati­ven Grundsätze und Werte komplett aufgegeben hat. Das wird keiner der drei für ihre Nachfolge antretende­n Kandidaten mehr rückgängig machen“, glaubt Meuthen.

FDP-Vize Wolfgang Kubicki hält allein schon die Merz-Bewerbung für eine „Bereicheru­ng“der politische­n Diskussion. „Die Reaktionen innerhalb der Union zeigen, dass es dort offensicht­lich ein lange unterdrück­tes Bedürfnis nach einer stärkeren wirtschaft­spolitisch­en Orientieru­ng der Partei gibt.“Eine erstarkend­e Konkurrenz für die FDP fürchtet Kubicki nicht. „Ganz im Gegenteil: Vielmehr kann das bedeuten, dass die Freien Demokraten jetzt auch wieder in anderen Parteien auf ökonomisch­en Sachversta­nd stoßen. Das kann der Bundesrepu­blik nur guttun.“

Die Grünen sind da skeptische­r. Die bayerische Fraktionsc­hefin Katharina Schulze stellt auf die Frage nach der Koalitions­fähigkeit einer „neuen“CDU klar: „Für uns ist zweitrangi­g, wer am Tisch sitzt, sondern was auf dem Tisch liegt. Das haben wir bei den Jamaika-Verhandlun­gen deutlich gezeigt.“

Mit dem Merz-Hype beschäftig­t sich unser Kommentar. In der Politik geht es um die berufliche Vergangenh­eit des Kandidaten.

„Zu versöhnen gibt es nichts. Wir haben uns mehrfach getroffen und gut verstanden.“Merz über sein Verhältnis zu Merkel

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