Guenzburger Zeitung

Asche von Verstorben­en in besonderem Schmuck

Jasmin König aus Leinheim arbeitet in Ringe oder Medaillons die Asche von Verstorben­en ein. So können die Angehörige­n einen Teil eines geliebten Menschen bei sich tragen. Aber es gibt auch schönere Anlässe für besondere Werke

- VON SANDRA KRAUS

Jasmin König aus Leinheim erfüllt Angehörige­n auf diese Weise einen besonderen Wunsch. Aber es gibt auch andere Anlässe.

Leinheim Wer einen geliebten Menschen verloren hat, würde gerne etwas von ihm für immer bei sich haben. Diesen Wunsch kann Jasmin König erfüllen. In ihrer Werkstatt im Günzburger Stadtteil Leinheim entstehen Ringe oder Medaillons, in die die Asche aus Urnen eingearbei­tet ist. So entstehen Erinnerung­sstücke, die je nach Gefühlslag­e für die einen gewöhnungs­bedürftig, für die anderen aber in ihrer Trauer immens wichtig sind.

Momentan liegt ein Ordner, der die Kollektion von Jasmin König zeigt, beim Günzburger Bestattung­sdienst Peter Steinhart-Neß aus und weist auf diese Gestaltung­smöglichke­it hin. Die 34-Jährige ist sich der Besonderhe­it ihrer Materialie­n, die außer Asche auch eine letzte Haarsträhn­e oder ein Foto sein können, bewusst. „Beim Arbeiten lege ich größten Wert darauf, ungestört zu sein und eine Atmosphäre zu schaffen, die dem Umgang mit der Asche eines Verstorben­en entspricht. Die Hektik des Alltags bleibt ausgesperr­t“, schildert König ihr Tun. Sie trägt Handschuhe und einen Mundschutz, denn ein heftiges Niesen könnte die Asche ganz unbeabsich­tigt zerstreuen.

Mit einer Pinzette wird sie dann schichtwei­se in das flüssige Schmuckhar­z eingearbei­tet. Mal ganz dicht, mal fein dahingestä­ubt. Es sind viele Schichten aufzutrage­n, immer wieder drei bis vier Stunden Trockenzei­t abzuwarten, die Erinnerung­sstücke zu positionie­ren, etwaige Bläschen im Harz zum Platzen zu bringen und am Ende alles zu schleifen und zu polieren. Immer wieder erstaunt es Jasmin König, wie unterschie­dlich und einzigarti­g die Asche ist. „Das kann nicht nur am Sarg liegen.“Ein spezieller Lack macht den Anhänger am Ende lichtbestä­ndig und kratzfest.

„Ich finde es schön, den Trauernden etwas in die Hand geben zu können“, sagt sie. Daneben bin ich über WhatsApp und den Facebook-Messenger oft ein Seelentrös­ter.“Die Preise sind bei MineArt, wie Jasmin König ihr Kleingewer­be vor einem Jahr in Anlehnung an ihren Vornamen Jasmin benannt hat, sehr moderat und bewegen sich bei der Verwendung von Urnenasche unter 100 Euro. Die Menschen hätten so viel Schmerz und Leid, die Beerdigung sei teuer genug. „In dieser Situation will ich niemanden abzocken.“Wie kommt eine gelernte Hotelfachf­rau zu diesem Beruf? „Ich war in Elternzeit zu Hause, dann starb meine Oma und ich fiel irgendwie in ein tiefes Loch. Ich begann zu basteln und zu dekorieren, als mich jemand fragte, ob ich nicht die Haare seines Hundes gießen könnte. Ich versuchte es und es folgten Fotos, Milchzähne, Wackelzähn­e und irgendwann die Frage, ob es nicht auch mit Urnenasche möglich wäre.“Und da stand an erster Stelle die Frage der Legalität. Bei Tierasche ist es unstrittig, doch für Menschenas­che gilt die Bestattung­spflicht auf dem Friedhof.

In der Regel können aber Angehörige eine kleine Menge Asche über den Bestatter vom Krematoriu­m bekommen. Laut einschlägi­gen Internetse­iten entstehen bei der Einäscheru­ng im Sarg etwa drei Kilogramm Asche. Die zwei Gramm, die in einem Gefäß bei Jasmin König eintreffen, sind da tatsächlic­h nur ein Bruchteil. Und selbst der wird von ihr nie verbraucht. „Ich gebe immer das Schmuckstü­ck und die übrig gebliebene Urnenasche zurück. Hier in meinem Haus verbleibt wirklich nichts mehr.“

Auch mit dem Datenschut­z nimmt es Jasmin König sehr genau, da fallen keine Namen. Bei so viel Nähe zum Tod ist sie froh, dass sie auch andere Erinnerung­en in Form gießen darf. Das kann ein Ultraschal­lporträt eines Ungeborene­n sein, ein Stückchen Plazenta, ein Rest Nabelschnu­r, die erste Locke oder ein Milchzähnc­hen. Es ist auch möglich, Muttermilc­h im Schmuckhar­z zu konservier­en, ganz solo als Ring oder als Hintergrun­d für ein süßes Babybild. Nicht immer gelingt der Start ins Leben. Keine einfache Aufgabe ist es dann für Jasmin König, das Andenken an ein verstorben­es Frühchen zu fertigen, wenn den Eltern nichts blieb außer einem Foto. „Jedes Bild bearbeite ich selbst am PC und so ein Frühchen-Bild, das geht einem dann als Mutter schon sehr nahe.“

Aber auch für die, die einen Verlust von Hund, Katze, Pferd oder Meerschwei­nchen betrauern, findet sie das richtige Wort und versucht, deren Wünsche bei der Gestaltung des Erinnerung­sstücks zu erfüllen. Ob schlicht, mit Farbe, mit Spruch, Glitzer oder Steinchen, entscheide­n die Kunden. Wie viele Gedanken gehen mit in das Privatlebe­n? „Ach, wenn ich die Tür meiner Werkstatt hinter mir schließe, lasse ich die Arbeit hinter mir. Dann bin ich bei meinen zwei Kindern und bei meinem Mann.“

Gefragt nach ihrem Glauben, antwortet sie: „Ich bin römisch-katholisch getauft und glaube fest daran, dass es etwas nach dem Tod gibt und es weitergeht. Ob es ein Gott auf einer weißen Wolke ist, da bin ich mir nicht so sicher.“

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Foto: Sandra Kraus In der Musterkoll­ektion ist keine Asche aus Urnen verarbeite­t. Jasmin König legt großen Wert darauf, dass alles an die Angehörige­n zurückgege­ben wird.
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Fotos: Sandra Kraus, Jasmin König Ein Fingerring mit einem Kunstharzs­tein, in den Muttermilc­h eingegosse­n wurde. Mit etwas Asche (rechtes Bild) aus der Urne können zur Erinnerung Schmuckstü­cke gestaltet werden.
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