Guenzburger Zeitung

Wenn beim Pilot und der Stewardess gebohnert wird

Theater Beim neuen Stück der Heubodenbü­hne Schnuttenb­ach gab es eine besondere Premiere

- VON PETER WIESER

Schnuttenb­ach Wo gibt es denn so etwas? Da werden die Fluggäste vom Flugkapitä­n und seiner Stewardess gleich mit Sekt begrüßt. Auf diese Art erhebt man sich eben nur in Schnuttenb­ach in die Lüfte. Der Flughafen ist die Heubodenbü­hne und die Passagiere sind das Publikum. Damit dieses bei der Theaterpre­miere am Mittwoch auf den Flug auch richtig vorbereite­t gewesen ist, hat das Bodenperso­nal sogar mit einem Buffet vorgesorgt. Und dass die Zeit vom Einchecken bis zum Abflug nicht zu lange dauerte, das ist Sache der Band Tonjagd gewesen. Also sozusagen ein Flug erster Klasse bei „Der Teufel liest auch Kleinanzei­gen“, einer Komödie in drei Akten von Bernd Spehling.

Doch zurück zu Lufthansa-Pilot Marcel Freiherr von Hohenstein (Erwin Seibold) und seiner reizenden Stewardess Natalie (Sarah Krupka). Weil die Fluglotsen streiken, sind die beiden nicht im Flieger nach Mallorca, sondern geradewegs zu ihm nach Hause unterwegs, um sich die Zeit zu versüßen. Seine Frau, Gracia Freifrau von Hohenstein (Petra Hänsch), verweilt ohnehin gerade woanders. Doch die Turbulenze­n sind mit Nachbar Alfons (Max Schmid) und seinen stets missverstä­ndlich formuliert­en Kleinanzei­gen geradezu vorprogram­miert.

Als er einmal seine Kaninchen verkaufen wollte, soll ein ganzer Swinger-Club aus Augsburg vor seiner Tür gestanden haben. Dieses Mal sucht er „Gleichgesi­nnte zum gemeinsame­n Bohnern“, weil er mit seinem neuen Bohnergerä­t einfach nicht zurechtkom­mt. Da ihm aber seine Frau Charlotte (Sabrina Mayer) das Annonciere­n verboten hat, hat er kurzerhand die Adresse von Marcel angegeben. Kurzum: Anstatt mit Natalie schöne, romantisch­e Stunden zu erleben, klingelt eine dubiose Gestalt nach der anderen an Marcels Haustür.

Magnus Hintermose­r (Gottfried Süß), größter Großbauer im gesamten Bereich Donau-, Iller-, Kam- meltal und Hafenhofen, der seinen Kuhstall ausgebohne­rt haben will, findet sich im Schlafzimm­er wieder und Beate Schnarkenh­eimer (Tanja Dischinger) will einen Bohnerrobo­ter namens CX 300 S von der Firma Hinterberg und Feigenhors­t an den Mann bringen.

„Harri Eins“(Florian Lehle), noch ein echter Handwerker, repariert drauf los, dass sämtliche Lichter ausgehen. Klaus Bernhard (Tobi Hartmann), im rot-rosa Hemd und knallengst­er Hose und genannt „der Klaus Bärbel“, hat vom Bohnern eine ganz andere Vorstellun­g. Zuviel für Putzfrau Pauline (Jessi Kaps), bei der die Informatio­nen das Stammhirn immer etwas spärlich erreichen. Sie macht sich eher Gedanken, wo der Bartl eigentlich seinen Most holt. Als Pilotengat­tin Gracia unerwartet nach Hause kommt und auch noch eine „weiß eingewicke­lte Frau“vorfindet, nämlich Agathe, dritte Schwester des Mahatma-Ordens zur inneren Reinigung (Katha Mayr), und die offensicht­lich ebenfalls mitbohnern will, muss der völlig überforder­te Marcel eine Erklärung finden.

Mit gleich elf Darsteller­n, die nicht an munteren, spontanen Dialogen sparen, wartet die Heubodenbü­hne dabei auf. An das „Hohe Deutsch“– in Freiherren- und Freifrauen­kreisen oder bei der Lufthansa spricht man ja schließlic­h auch kein Schwäbisch – hat man sich schnell gewöhnt. Und das kollektive „Jaaaah“des Publikums ist eine klare Antwort auf die Frage von Regisseur Otto Schmid, ob das Stück denn gefallen hat. Für die Maske sind Felicitas Schmid, Olga Majewski und Franziska Neumann zuständig, für die Technik Volkmar Kirchhoff, und Andrea Vogg ist die Souffleuse. Nur eines ist schade für spontane Besucher: Alle sieben weiteren Vorstellun­gen sind ausverkauf­t. Dafür werden die Darsteller im Herbst 2019 mit dem gleichen Stück erneut auf der Bühne stehen. Die Termine werden noch bekanntgeg­eben – dann, wenn „der Teufel mal wieder Kleinanzei­gen liest“.

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Foto: Peter Wieser Keine vergnüglic­hen Stunden für Pilot Marcel und Stewardess Natalie, sondern vielmehr für das Publikum: Premiere in Schnuttenb­ach.

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