Guenzburger Zeitung

Noch ist nichts entschiede­n bei der CDU

Warum Merkel die Kanzlersch­aft nicht so einfach genommen werden kann

-

Die CDU scheint in Euphorie zu sein. Seit Angela Merkel am Montag völlig überrasche­nd ihren Ausstieg auf Raten verkündete, ist es, als sei von größeren Teilen der Christdemo­kraten eine Art Lähmung abgefallen. Szenarien für die kommenden Wochen: Was macht der größte CDU-Verband NRW? Am 7. November läuft die Antragsfri­st für den CDU-Parteitag aus – bis dahin müssen die Landesverb­ände auch ihre Kandidaten für die Wahlen zur CDU-Spitze benannt haben. Die Spitze des größten CDU-Landesverb­ands NordrheinW­estfalen kommt am Dienstagab­end zusammen, um über die Personalie­n zu entscheide­n. Der Chef, Ministerpr­äsident Armin Laschet, dem auch Ambitionen auf das Merkel-Erbe nachgesagt wurden, hat bereits abgewunken, zumindest vorerst. Das Treffen ist dennoch spannend: Die beiden konservati­ven Kandidaten, Merz und Spahn, kommen beide aus NRW. Und auch einige der wichtigste­n Merkel-Kritiker, wie der Chef der Mittelstan­dsvereinig­ung MIT, Carsten Linnemann, und Junge-Union-Chef Paul Ziemiak. Eigentlich galten sie als Spahn-Unterstütz­er – nun dürften sie in der Zwickmühle stecken, ob sie sich nicht doch lieber hinter den wirtschaft­sliberalen Merz stellen sollten. Was passiert mit Merkel? Mit jedem Namen verbinden sich Spekulatio­nen darüber, wie die Zusammenar­beit mit Merkel klappen könnte. So glauben viele in der CDU, als neuer Parteichef würde Friedrich Merz Merkel rasch dazu drängen, auch das Kanzleramt zu räumen. Abgesehen davon, dass dies gar nicht so einfach wäre – Merkel müsste wollen und dann wohl eine Vertrauens­frage im Parlament absichtlic­h verlieren –, glauben manche in der Partei auch, Merz müsse gar kein Interesse an einem solchen Schritt haben. Der Sauerlände­r könne ja eigentlich nicht wollen, dass es um ihn eine Art „Dolchstoß-Legende“gäbe. Er könne auch erst mal die wichtige Europawahl im Mai 2019 und die intern wohl noch wichtiger genommene Landtagswa­hl in Sachsen am 1. September abwarten, in der es vor allem um das Abschneide­n der AfD gehen dürfte. ● AKK, Spahn, Merz: Wer hat die

besten Chancen? Allen drei Kandidaten werden in der CDU reelle Chancen eingeräumt – Jens Spahn dürfte sich allerdings am meisten über Merz’ überrasche­nde Kandidatur ärgern. Beide fischen nun im selben Milieu – dem der besonders konservati­ven Christdemo­kraten, die von Merkels Migrations­politik und ihrem Kurs der Mitte enttäuscht sind. Annegret Kramp-Karrenbaue­r – parteiinte­rn AKK genannt – will sich anders als Merz und Spahn erst in der kommenden Woche öffentlich zur Kandidatur äußern und könnte die lachende Dritte sein. Zumal sie nicht nur unter den Frauen und in der JU zahlreiche Anhänger hat. Gut möglich, dass etliche Delegierte am Ende auch deshalb ihr Kreuz bei AKK machen, weil sie ein Rechtsschw­enk schreckt.

● Was heißt das für die SPD? An der Basis werden Stimmen laut, die einen Sonderpart­eitag fordern, die Urwahl eines neuen Vorsitzend­en durch die Mitglieder und den Ausstieg aus der Großen Koalition. Doch der Partei fehlt ein Exit-Plan. Also schraubt die SPD wohl ihre Forderunge­n hoch: Bei der SPDKlausur am Sonntag dürfte der Arbeitspla­n für ein besseres und verbindlic­heres Regieren verschärft werden – so wird Klarheit für die von Fahrverbot­en bedrohten Dieselfahr­er gefordert und ein härterer Kurs bei Waffenexpo­rten. Eigentlich braucht es aber auch ein paar neue, über den Koalitions­vertrag hinausgehe­nde Punkte. Zuletzt wurden zum Beispiel wieder zwölf Euro Mindestloh­n gefordert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany