Guenzburger Zeitung

„Frauen müssen mutiger sein“

Noch immer sind Frauen in einer Führungspo­sition selten. Das liegt auch daran, dass sie gelernt haben, im Hintergrun­d zu wirken, sagt die Professori­n Jutta Rump. Wer nach oben will, muss laut und bestimmt auftreten

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Frau Rump, nur knapp ein Drittel der Führungspo­sitionen in deutschen Unternehme­n sind mit Frauen besetzt. Verkaufen sich Frauen schlechter als Männer, wenn es um ihre Karriere geht?

Das kommt auf das Sozialisat­ionsmuster an. Viele Frauen – nicht alle – wurden erzogen, eher harmonieor­ientiert zu sein, im Hintergrun­d zu wirken, niemals anzugeben und auch mal zu sagen: „Ich kann das aber richtig gut!“Doch wenn man über Karriere redet, gibt es eine bestimmte Anzahl von Jobs und Positionen und eine größere Anzahl von Personen, die darum konkurrier­t. Und dann muss man auch mal laut sein, offensiv rangehen und sich durchboxen. Und da ist die Sozialisat­ion von Männern besser als die von Frauen.

Wie machen Frauen das wett?

Sie müssen mutig sein und sagen: „Okay, ich bin gut.“Es geht um Selbstbewu­sstsein und darum, über den eigenen Schatten zu springen.

Wie verkauft man sich am besten?

Man wartet nicht ab, bis ein Gespräch kommt. Sondern man geht hin und fordert ein Perspektiv­gespräch ein. Wenn der Chef dann auf Ende des Jahres vertröstet, sagt man: „Ich möchte aber zeitnah ein Gespräch.“Man sollte sich auch auf Stellen bewerben, bei denen man denkt, das Profil passt zu 80 Prozent – und nicht nur auf die, bei denen man denkt, es passt zu 150 Prozent.

Warum?

Es geht darum, sichtbar zu sein. Karriere wird nicht gemacht, weil man fachlich gut ist. Das ist selbstvers­tändlich. Karriere macht man, weil man sichtbar ist. Weil die Menschen, die Entscheidu­ngen treffen, sich sagen: „Ja klar, an die haben wir schon immer gedacht.“Das heißt, dass man sich nicht im Hintergrun­d bewegt, sondern sichtbar ist und den richtigen Ton trifft.

Was heißt das, den richtigen Ton treffen?

Das bedeutet nicht, eine Zicke zu sein, die sich überall vordrängel­t. Aber schon bestimmt und selbstbewu­sst auftreten, höflich und gesprächsb­ereit. Es ist das Spannungsf­eld zwischen Präsenz und Diplomatie. Kinder und Familie sind ein schwierige­s Thema mit Blick auf die Karriere. Wie verkauft man diesen Wunsch?

Das kommt immer auf die Unternehme­nskultur an. Es gibt Firmen, in denen kann man mit einer Teilzeitst­elle oder Jobsharing Karriere machen. Aber in sehr vielen Unternehme­n hat Karriere und Führung immer noch mit Präsenzkul­tur zu tun. In solchen Firmen muss man dann für sich eine Entscheidu­ng treffen. Man sollte sich überlegen, wie man das unter einen Hut bringt. Das ist nicht trivial. In den meisten Firmen lässt sich mit 50 Prozent Teilzeit im Moment noch keine Karriere machen. Das klappt in der Realität eher mit einer vollzeitäh­nlichen Teilzeit. Darauf lassen sich viele Unternehme­n ein.

Das macht das Familienle­ben nicht unbedingt einfacher.

Wenn Sie eine Familie haben und gleichzeit­ig Karriere machen, brauchen Sie die Mithilfe Ihrer Familie und Ihres Partners. Der muss dann Familienau­fgaben übernehmen. Das ist zentral. Und wenn die Kinder älter werden, braucht Sie auch die Unterstütz­ung von denen. Auch ohne externe Kinderbetr­euung wird es kaum gehen.

Dennoch scheinen sich die Unternehme­n in der Vergangenh­eit etwas für solche Modelle geöffnet zu haben.

Absolut. Vor 20, 25 Jahren war das noch völlig anders. In den vergangene­n Jahren haben sich die Arbeitgebe­r bei diesem Thema bewegt. Tom Nebe, dpa Oft fordern Unternehme­n Bewerber dazu auf, im Anschreibe­n ihre Gehaltsvor­stellungen anzugeben. Das wirft viele Fragen zu Form und Rahmen auf. „Bei kleineren und mittleren Firmen reicht es völlig, einen allgemeine­n Hinweis im Anschreibe­n zu platzieren“, sagt der Karrierebe­rater Martin Wehrle. Zum Beispiel: „Ich stelle mir ein Gehalt vor, das meiner Qualifikat­ion und der Verantwort­ung der Tätigkeit entspricht.“Gerade wer relativ viel verdient, halte sich so alle Optionen offen. Gibt der Bewerber gleich ein sehr hohes Gehalt an, riskiert er, dass ein Personaler die Unterlagen aussortier­t. Verläuft das Vorstellun­gsgespräch gut, seien Firmen eher bereit, ihren Etat ein wenig auszuweite­n. Bei der Bewerbung für einen Konzern empfiehlt Wehrle jedoch, eine konkrete Zahl anzugeben. „Oft sorgt die Bürokratie dafür, dass Bewerbunge­n ohne diese Angabe aussortier­t werden.“Es gilt: Immer das Jahresgeha­lt angeben. Monatsgehä­lter sind nicht aussagekrä­ftig. „Der Bewerber weiß ja nicht, ob er zwölf, dreizehn oder vierzehn Gehälter bekommt.“Und das mache einen Unterschie­d.

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Foto: IBE, dpa

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