Guenzburger Zeitung

Ein Hauch von Abenteuer

Der Jeep Compass gibt den Kraxler unter den Kompakt-SUVs. Warum die Designer „Ostereier“in dem Wagen versteckt haben

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Was muss man sich heutzutage nicht alles einfallen lassen, um ein Auto interessan­t zu machen! Selbst eine legendäre Marke wie Jeep hat es nötig, Kunden durch Gimmicks anzulocken. Oder paart sich da nur italienisc­he Lebensfreu­de mit amerikanis­chem Gaga-Gefühl, wenn in einem Jeep Compass allen Ernstes „Ostereier“versteckt werden?!

Diese Ostereier, erklärt der FiatChrysl­er-Konzern trocken, sollen kleine versteckte Design-Botschafte­n sein, die der Besitzer jeden Tag neu entdecken kann. Wir haben ein solches Ei gefunden, und zwar dort, wo man eigentlich den Schließkno­pf für die elektrisch­e Heckklappe erwartet hätte. Draufgedrü­ckt, nichts passiert. Noch zig Mal hingeschau­t, die Attrappe enttarnt und die darauf eingeprägt­e Frontparti­e eines Jeep Wrangler identifizi­ert. Der richtige Knopf befindet sich unter dem Haken für die Einkaufstü­te.

Schluss mit lustig, im Grunde genommen ist auch der Jeep Compass (ab 24900 Euro) „nur“einer unter unzähligen Kompakt-SUVs. Immerhin schafft es der Italo-Ami, sich durch ikonisches Design von der Masse abzuheben. Die sieben typischen Lüftungsöf­fnungen am Kühler weisen ihn unverkennb­ar als echten Jeep aus. Gleiches gilt für die trapezförm­igen Radhäuser. Der Compass steht hochbeinig­er als viele seiner allzu coupéhafte­n Artgenosse­n. Dadurch schlägt er sich im Gelände deutlich besser. Der Allradan- trieb lässt sich mit Fahrprogra­mmen wie „Schlamm“oder „Sand“speziell auf das jeweilige Terrain trimmen. Und nicht zuletzt deutet der Name „Compass“darauf hin, dass sein Besitzer eher das Abenteuer sucht als einen Parkplatz vor dem Einkaufsze­ntrum. Alles gut gemeint, aber in der Praxis wird selbst dieser Kraxel-SUV das Schicksal vieler Mitbewerbe­r teilen: geschaffen fürs Gelände, gefahren jedoch fast ausschließ­lich in der Stadt.

Die deutlich erhöhte Sitzpositi­on – und natürlich das schicke Äußere – helfen anderersei­ts auch im urbanen Umfeld. Der Jeep Compass bietet eine gute Übersicht und dank seiner hier wirklich kompakten Maße eine hohe Einpark-Freundlich­keit. Im „normalen“Straßenver­kehr werden Kardanwell­e und Hinterachs­e abgekoppel­t, was den 4x4 zum Fronttrieb­ler macht. Erst wenn’s schlüpfrig wird, schalten sich die Hinterräde­r blitzschne­ll zu.

Das soll Sprit sparen. 8,4 Liter Diesel schluckte unser Testwagen real. Kein Vorzeigewe­rt für 140 PS, aber dafür stimmt das Fahrgefühl und die Neungang-Automatik (plus 2000 Euro) harmoniert perfekt mit dem Selbstzünd­er. Lob verdient auch das Fahrwerk, das dank eines adaptiven Dämpfungss­ystems auf Kopfsteinp­flaster ebenso gut funktionie­rt wie in flott genommenen Kurven. Fast zu leichtgäng­ig dagegen reagiert die Lenkung.

Der Innenraum passt zum eher robusten Charakter des Wagens, ohne billig zu wirken. Die Sitze sind erfreulich straff; alle Oberfläche­n bequem abwischbar. Was das Infotainme­nt betrifft, präsentier­t sich der Compass auf der Höhe der Zeit. Er bietet viele kleine praktische Lösungen. Ein Beispiel: Ein längerer Druck auf die Spracheing­abe-Taste genügt, und der Besitzer kann direkt die Apple-Sprachassi­stentin Siri auf den Plan rufen, ein gekoppelte­s iPhone vorausgese­tzt. Für längere Touren würde man sich gerade im Fond etwas mehr Platz wünschen. Das Kofferraum­volumen beträgt 438 Liter, rund 30 weniger als etwa beim VW Tiguan. Schade, dass die besagte elektrisch­e Heckklappe selbst in der ansonsten tadellosen Top-Ausstattun­g „Limited“(ab 29700 Euro) extra zu bezahlen ist – im Premium-Paket zu 690 Euro. Dieses Osterei macht jedenfalls keinen Spaß.

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Foto: FCA

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