Pure Entschlossenheit und ein toller Endspurt
Günzburg kann auch glanzlos gewinnen. Raphael Groß und Patrick Bieber ragen heraus. Zum Abschluss der englischen Woche gelingt in Lohr über 60 Minuten, was im Derby nur eine Halbzeit lang klappte
Lohr Dem spannenden Männerspiel mit positivem Ausgang folgte viel Pfiff im Bus. Jedenfalls feierten die Bayernliga-Handballer des VfL Günzburg ihren dem Spielverlauf nach zu deutlichen 29:21-Erfolg in der gut besuchten Spessarttorhalle zu Lohr ausgelassen. Zu Recht, denn solche Spiele müssen erst einmal gewonnen werden. Vor allem, wenn man zwei Tage vorher in eigener Halle eine schmerzliche DerbyNiederlage eingesteckt hatte. Entsprechend zufrieden bemerkte der Günzburger Cheftrainer Stephan Hofmeister nach drei Spielen in acht Tagen: „Insgesamt hat der VfL in der englischen Woche fünf starke Halbzeiten gespielt.“
Feine bayerische Handball-Kunst wurde in Lohr nicht feilgeboten. Dafür war die Begegnung an Spannung kaum zu überbieten und sowohl für Zuschauer als auch für die Spieler nervenaufreibend. Die Voraussetzungen hatten auch nichts anderes erwarten lassen. Der TSV, der übrigens viele Jahre zum Inventar der dritten Liga gehörte, steht in der Bayernliga-Tabelle mit dem Rücken zur Wand. Noch keinen Punkt hat das Team geholt, Aufstiegstrainer Bernd Becker ist zurückgetreten. Dazu die Schwaben, das schwere Friedberg-Spiel vom Donnerstag noch in den Knochen, nur 8:8 Punkte in den Büchern. Und natürlich wussten die Mainfranken um die körperlichen Nöte der Günzburger. Das stimuliert einen Abstiegskandidaten zusätzlich.
Und so wurde von Beginn an gekämpft und gerungen, selbst die VfL-Fans wirkten nach dem Spiel verausgabt. Auch sie hatten alles gegeben. Ein erneut eiskalt werfender Jonas Lehr erzielte per Siebenmeter das 1:0 für seine Farben. Die Vorteile lagen im ersten Spielviertel dennoch bei den Gastgebern. Sie führten zumeist. Vor beiden Torräumen war Abwehrbeton angemischt und dahinter standen starke Torhüter. Patrick Bieber war es in dieser Si- zu verdanken, dass die Lohrer nicht deutlich führten. Tore blieben Mangelware. Die nächste VfL-Führung erzielte Manuel Scholz zum 5:4, da lief schon die 17. Minute. Der TSV-Angriff war in dieser Phase komplett still gelegt, beim 8:5 schienen die Schwaben auf der beliebten Siegerstraße. Manche Spieler-Mama dachte schon an Party mit Prosecco während der Rückfahrt. Das war zu früh gefreut, im- merhin ging es in die Pause mit einem aus VfL-Perspektive erfreulichen Zwei-Tore-Vorsprung.
In der zweiten Halbzeit änderte sich nichts. Jeder Millimeter Hallenboden war Gegenstand eines zähen Stellungskampfes, in dem Bieber immer wieder zum entschlossenen Retter wurde. Günzburg führte mit eisernem Siegeswille knapp, ohne Glanz, aber bereit, alles zu geben. Beim 17:17 glichen die Maintuation franken trotzdem aus. Das Publikum kam.
Dann lief die 48. Minute. Überzahl für die Gäste. Der Augenblick der Spielentscheidung nahte. Manuel Scholz, Daniel Jäger und Michael Jahn, der sehr stark deckte, erzielten drei Treffer, Lohr in der gleichen Zeit nur einen. Günzburg lag wieder vorn, 20:18. TSV-Übergangstrainer Christian Rath nahm eine Auszeit. Und ausgerechnet danach ging alles den Main hinunter, floss alles Richtung Donau. Raphael Groß erzwang die Wende. Zuerst traf er entschlossen aus dem Rückraum. Dann trafen er und Axel Leix die richtigen Entscheidungen. Es folgte ein großartiger Endspurt. Tore gelangen plötzlich am Fließband.
VfL Günzburg Bieber, Mendle; Knittl, M. Jahn (2), S. Jahn, Buck, Leix (1), Hermann (4), Groß (5), Jensen (2), Lehr (5/3), Jäger (4), Scholz (6)