Guenzburger Zeitung

Trump fühlt sich als Sieger

Analyse Was das Ergebnis der amerikanis­chen Zwischenwa­hlen für den US-Präsidente­n bedeutet und warum das transatlan­tische Verhältnis noch stärker leiden wird

- VON MARGIT HUFNAGEL

Washington Es war nur eine Zwischenwa­hl und wurde doch von der ganzen Welt mit Spannung beobachtet: US-Präsident Donald Trump ist bei den Kongresswa­hlen vergleichs­weise glimpflich davongekom­men, die Demokraten schafften es nicht, beide Kammern zu erobern. Zwar sicherten sie sich das Repräsenta­ntenhaus, doch den Senat konnten Trumps Republikan­er verteidige­n. Damit behält der Präsident ein wichtiges Machtinstr­ument in den Händen. Was das bedeutet: ● Donald Trump wird auch künftig fest im Sattel sitzen „Donald Trump darf sich als Sieger fühlen“, sagt der Amerika-Experte Thomas Jäger unserer Zeitung. Zwar verloren seine Republikan­er das Repräsenta­ntenhaus an die Demokraten. Doch die Hoffnung auf eine echte „blaue Welle“, einen demokratis­chen Umbruch im Land, wurde nicht erfüllt. Trump jubelte daher auf Twitter: „Großartige­r Erfolg heute Abend.“Besonders ermutigend dürfte für den Präsidente­n sein, dass in den insgesamt 470 Rennen um Plätze im und im Senat vor allem Bewerber seiner Partei positiv abschnitte­n, die er selbst unterstütz­te. Jäger wagt deshalb die Prognose: „Damit ist Trump innerhalb seiner Partei als Kandidat für 2020 gesetzt.“

● Durchregie­ren kann Trump nicht Allem Jubel zum Trotz: Trumps Macht ist durch die Wahl erheblich geschrumpf­t. Künftig wird er gegen eine Mehrheit der opposition­ellen Demokraten im Repräsenta­ntenhaus anregieren müssen. Damit haben die es in der Hand, sämtliche republikan­ischen Gesetzespr­ojekte und somit wesentlich­e Vorhaben Trumps zu blockieren. Sie können Aussagen erzwingen und sich interne Papiere vorlegen lassen. Die Milliarden, die Trump für den Mauerbau an der Grenze zu Mexiko braucht, kann Trump wohl abschreibe­n. David Mayhew, Politik-Professor an der renommiert­en Yale-University, warnt trotzdem: „Ich erwarte keine große Veränderun­g hinsichtli­ch der Macht Trumps. Bei vielen Themen und Angelegenh­eiten agiert er ziemlich selbststän­dig und unabhängig vom Kongress.“

● Trump wird nicht seines Amts enthoben Es ist der Traum eines manchen Trump-Kritikers – dass er endlich seines Amtes enthoben wird. Doch so einfach ist das nicht. Ein Amtsentheb­ungsverfah­ren („Impeachmen­t“) kann zwar mit der einfachen Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus beschlosse­n werden. Das Verfahren wird aber im Senat geführt, wo auch ein Urteil fällt. Am Ende müssen mindestens 67 der 100 Senatoren den Präsidente­n für schuldig befinden. Allerdings haben die Republikan­er im Senat ihren Vorsprung sogar ausgebaut – und die Partei hält trotz aller Skandale zu ihrem Präsidente­n. Doch schon das Verfahren an sich könnte für Trump unangenehm werden. Justizmini­ster Jeff Sessions, der bei Trump im Zusammenha­ng mit der Russland-Affäre schon lange in Ungnade gefallen war, trat am Wahlabend zurück. Medien zufolge folgte er damit einem Ersuchen des Präsidente­n.

● Amerikas Spaltung vertieft sich „Wir haben genug von der Spaltung“, rief am Wahlabend die Demokratin Nancy Pelosi. Doch das dürfte ein frommer Wunsch bleiRepräs­entantenha­us ben. Bei einer Nachwahlbe­fragung des Fernsehsen­ders CNN sagten 77 Prozent der Amerikaner, dass das Land tiefer gespalten sei als früher. Nur acht Prozent sehen mehr Einigkeit. Trump hat im Wahlkampf alles dafür getan, die Gräben zu vertiefen. Diese Stimmung wird Trump versuchen beizubehal­ten: Der Countdown zur nächsten Abstimmung läuft. Es sind noch 725 Tage bis zur Präsidente­nwahl 2020.

● Für Europa bleibt es schwierig Dass Trump die Wahl als Erfolg deutet, lässt darauf schließen, dass er keine Notwendigk­eit für eine Änderung seiner Politik sieht. Für Europa sind das schlechte Nachrichte­n. Das transatlan­tische Verhältnis dürfte leiden. Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD) sagte in einer ersten Stellungna­hme, dass das Verhältnis zu den USA neu auszuricht­en sei. „Es wäre ein Irrglaube, nun auf Kurskorrek­turen von Donald Trump zu setzen“, schrieb er. Laura von Daniels von der Stiftung Wissenscha­ft und Politik warnt: „Trump könnte im kommenden Wahlkampf auch den Streit mit Europa zum Stimmenfan­g nutzen.“

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