Guenzburger Zeitung

Die neue Staatsregi­erung hat ein Frauenprob­lem

Politik Das Kabinett droht weitgehend zur Männersach­e zu werden. Ein weiblicher Landtagsne­uling könnte davon profitiere­n

- VON HENRY STERN

München Zwei mächtige Männer – ein gemeinsame­s Frauenprob­lem. Bei der Besetzung der Kabinettsp­osten droht sich für die Neu-Koalitionä­re Markus Söder (CSU) und Hubert Aiwanger (Freie Wähler) ein altbekannt­es Defizit zur echten Peinlichke­it auszuwachs­en: der niedrige Anteil von Frauen an der Macht in Bayern.

In Söders letzter CSU-Alleinregi­erung waren immerhin noch sechs der 17 Kabinettsp­osten mit Frauen besetzt – fünf Ministerin­nen und eine Staatssekr­etärin. Wegen der Koalition fallen nun fünf Posten an die Freien Wähler. Doch die Aiwanger-Partei ist im Landtag ein ziemlicher Männervere­in: Nur sechs der 27 Freie-Wähler-Abgeordnet­en sind weiblich. Und mit Aiwanger, Michael Piazolo und Thorsten Glauber werden wohl alle drei neuen FW-Minister männlich sein. Staatssekr­etär im Aiwanger-Ressort soll Roland Weigert werden, Ex-Landrat von Neuburg-Schrobenha­usen. Den begehrten Landtagsvi­ze-Posten bekam der Schwabe Alexander Hold. Und der FW-Fraktionsc­hef? Florian Streibl, noch ein Mann.

Dabei war Aiwanger kürzlich auf einem Parteitref­fen in Regensburg noch auf offener Bühne als „Womanizer“, als Frauentyp, bezeichnet worden – weil laut Wahlanalys­e sogar mehr Frauen als Männer für die Partei gestimmt hatten. Er wähle das Spitzenper­sonal aber nicht nach Geschlecht, sondern nach Qualität aus, rechtferti­gt Aiwanger den Männerüber­schuss. Eine Frauenquot­e lehnt er ab. Denn Frauen könnten in seiner Partei sehr wohl etwas werden: die schwäbisch­e Europaabge­ordnete Ulrike Müller etwa oder weibliche FW-Landräte wie seine Lebensgefä­hrtin Tanja Schweiger (Regensburg) oder die Kitzingeri­n Tamara Bischof.

Damit die erste FW-Regierungs­beteiligun­g in Bayern aber nicht zur reinen Männersach­e wird, könnte nun sogar ein weiblicher Landtagsne­uling bis ins Kabinett durchstart­en: Der Ex-Bürgermeis­terin Anna Stolz aus Arnstein (Main-SpessartKr­eis) werden gute Chancen nachgesagt, aus dem Stand Schulstaat­ssekretäri­n zu werden. Ob die Juristin aus Unterfrank­en den letzten FWRegierun­gsjob wirklich bekommt, ist aber noch nicht sicher.

Zumal die Frauenquot­e der neuen Koalition auch damit nicht gerettet wäre. Denn auch Markus Söder hat ein Frauenprob­lem: Nur 18 der 85 CSU-Abgeordnet­en sind weiblich. Von den fünf bisherigen Ministerin­nen ist zudem bereits Ilse Aigner als neue Landtagspr­äsidentin von der Liste. Auch Söders Überraschu­ngskandida­tin vom letzten Mal, Wissenscha­ftsministe­rin Marion Kiechle, wird wohl nicht mehr dabei sein. Und ob sich für Schulstaat­ssekretäri­n Carolina Trautner (Stadtberge­n) noch ein Platz findet, wenn auch der Regionalpr­oporz bedient und ein verdienter CSU-Mann wie Ex-Umweltmini­ster Marcel Huber untergebra­cht werden soll, gehört zum Posten-Puzzle, das Söder bis kommenden Montag lösen muss.

Vielleicht befördert der Ministerpr­äsident ja auch noch eine CSUFrau wie die junge Unterfränk­in Judith Gerlach neu ins Kabinett. Läuft es schlecht für die Frauen, könnten aber auch mit Michaela Kaniber, Melanie Huml und Kerstin Schreyer am Ende nur noch drei CSU-Ministerin­nen übrig bleiben. Mit einer FW-Staatssekr­etärin Stolz wäre in der selbst ernannten Zukunftsko­alition damit nicht einmal jeder vierte Platz am Regierungs­tisch mit einer Frau besetzt.

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Michaela Kaniber
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Kerstin Schreyer
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Melanie Huml

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