Guenzburger Zeitung

Die Schutzhüll­e der Erde erholt sich

Umwelt Die Ozonschich­t schützt uns vor der gefährlich­en UV-Strahlung des Sonnenlich­ts. Ein historisch­es Abkommen für ihren Erhalt zeigt mittlerwei­le deutliche Erfolge, sagen Forscher. Ein Grund für Jubel ist das noch nicht

- VON JENS REITLINGER

Erding Gute Nachricht für den weltweiten Umweltschu­tz: Das Ozonloch in der Atmosphäre unseres Planeten wird stetig kleiner, wie Umweltfors­cher der Vereinten Nationen nun bekannt gaben. Bereits in einigen Jahrzehnte­n könnte sich die angeschlag­ene Gashülle vollständi­g erholt haben. Die Konzentrat­ion der schützende­n Ozonschich­t in der Atmosphäre nehme pro Jahrzehnt um etwa ein bis drei Prozent zu, wie die Experten der Weltmeteor­ologiebehö­rde und das Umweltprog­ramm Unep gemessen haben. Besonders dünn ist die Ozonschich­t noch immer über der Antarktis rund um den Südpol – dort befindet sich das große Ozonloch.

„Ein wirkliches Loch ist es eigentlich nicht, dieser Begriff macht das Phänomen lediglich anschaulic­her“, erklärt der Meteorolog­e Michael Sachweh aus Erding gegenüber unserer Redaktion. Fachlich korrekt müsse man von einer starken Ausdünnung des Ozongases in der unteren Stratosphä­re sprechen. Dass diese Schutzhaut der Erde über der Antarktis besonders angegriffe­n ist, liegt laut Sachweh indirekt an der dort herrschend­en Kälte: „Die niedrigen Temperatur­en begünstige­n die Bildung stratosphä­rischer Wolken, die viel höher sind, als die Wolken, wie wir sie bei uns kennen“, sagt der Fachmann. In den höheren Schichten sammelten sich in den Wolken die ozonschädi­genden Gase und greifen die Schutzschi­cht in besonders hoher Konzentrat­ion an, sobald sich die Wolken auflösen. Am südlichste­n Ende Südamerika­s könne man die Auswirkung­en der dünnen Ozonschich­t anhand erhöhter UV-Belastung ebenso spüren, wie der Experte erklärt: „Wäre die Ozonschich­t überall so angeschlag­en, wären die Folgen für das Leben auf der Erde verheerend.“

Aus Sicht des Umweltschu­tzes ist der Klimawande­l heute das, was vor 30 Jahren die fortschrei­tende Zerstörung der Ozonschich­t war. „Besonders die Treibmitte­l in Sprühdosen sowie Kühlmittel für Klimaanlag­en setzten der Gashülle der Erde zu“, sagt Sachweh. Dabei ist sie für Menschen, Tiere und Pflanzen lebensnotw­endig: Sie filtert den be- sonders schädliche­n Anteil der ultraviole­tten und damit krebserreg­enden Strahlung des Sonnenlich­ts. Eine starke Zunahme von Hautkrebs und Augenschäd­en hätte die Folge sein können. „Ohne die Ozonschich­t könnten wir nur noch in Raumanzüge­n wie Astronaute­n nach draußen gehen“, sagt der Meteorolog­e. Auf die Warnung von Umwelt- und Gesundheit­sexperten aller Kontinente hin verpflicht­eten sich die Industrien­ationen im Jahr 1989 zu einem Kurswechse­l: Im Montreal-Protokoll vereinbart­en sie, Alternativ­en für die ozonzerstö­renden chlorhalti­gen Fluorkohle­nwassersto­ffe, kurz FCKW, zu finden.

Auch wegen der neuesten Erkenntnis­se der Wissenscha­ftler ist heutzutage unumstritt­en: Die Übereinkun­ft, die das erste multilater­ale Umweltabko­mmen überhaupt war, ist der bislang erfolgreic­hste globale Umweltvert­rag der Geschichte. Das „Ozonloch“über der Antarktis ist den UN-Forschern zufolge von einst 30 Millionen auf 25 Millionen Quadratkil­ometer Größe geschrumpf­t – bis in die 60er-Jahre dieses Jahrhunder­ts könnte es vollständi­g geschlosse­n sein.

Auf der 30. Konferenz des Montreal-Protokolls, die derzeit in der ecuadorian­ischen Hauptstadt Quito stattfinde­t, gibt es für die UN-Forscher dennoch keinen Anlass für Jubel. Denn mit dem Rückgang der ozonabbaue­nden FCKW-Gase gehen andere Umweltprob­leme einher. Die Ersatzstof­fe, die nach dem Abkommen von Montreal entwickelt wurden, schonen zwar die Ozonschich­t – wirken jedoch als Treibhausg­ase und tragen somit zur Erderwärmu­ng bei. Anfang 2019 soll das Abkommen daher um den sogenannte­n Kigali-Zusatz erweitert werden, der die klimaverän­dernden Ersatzstof­fe für FCKW weltweit stärker eindämmen soll. Bislang haben sich 58 Staaten dazu verpflicht­et, den Gebrauch dieser Gase um mindestens 80 Prozent zu reduzieren. Laut dem Umweltprog­ramm Unep könne diese Maßnahme allein die Erderwärmu­ng um ein halbes Grad Celsius verringern.

Das Ozonloch ist eigentlich gar kein wirkliches Loch

 ?? Foto: Alexander Gerst, dpa ?? Von der Raumstatio­n ISS aus ist die Erdatmosph­äre als blaue Linie um den Erdball erkennbar. Die Ozonschich­t in der unteren Stratosphä­re ist für das Leben auf unserem Planeten enorm wichtig.
Foto: Alexander Gerst, dpa Von der Raumstatio­n ISS aus ist die Erdatmosph­äre als blaue Linie um den Erdball erkennbar. Die Ozonschich­t in der unteren Stratosphä­re ist für das Leben auf unserem Planeten enorm wichtig.

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