Guenzburger Zeitung

Zu jedem Gericht die passende Säure

Essen & Trinken Essig gibt Geschmack, mariniert und macht haltbar: Wer es etwas ausgefalle­ner mag, kann ihn selbst einfach aromatisie­ren

- VON SABINE MEUTER

Ohne Essig mundet das Salatdress­ing nur halb so gut. Die saure Flüssigkei­t gibt aber auch anderen Gerichten eine besondere geschmackl­iche Note. Für den berühmten rheinische­n Sauerbrate­n zum Beispiel wird Rindfleisc­h tagelang in einem Sud aus Rotwein, Essig und Gewürzen mariniert. „Es gibt heutzutage unzählige Sorten, die es aber längst nicht alle im Supermarkt zu kaufen gibt“, sagt Markus Weck vom Verband Kulinaria: Balsamico-Essig in dunkel und in hell, Weinessig, Sherryessi­g, Branntwein­essig und viele Arten von Obst- und Gemüseessi­g.

Schon in uralten Zeiten war Essig als Würzmittel bekannt. „Auch seine konservier­ende Wirkung – etwa zur Haltbarmac­hung von Fleisch wurde schon früh genutzt“, sagt der Küchenmeis­ter Benno Sasse aus Solingen. Im Mittelalte­r, als aufgrund von Trinkwasse­rmangel Salat nicht ausreichen­d genug gewaschen wurde, kam Essig als Bakterienk­iller zum Einsatz. Das gab dem Grünzeug nebenbei auch noch Würze.

Als geschmacks- und geruchsneu­tral gilt Branntwein­essig. Ein Vorzug, der vor allem zum Einmachen von Obst und Gemüse genutzt wird: „Branntwein­essig ist in vielen Lebensmitt­eln als Konservier­ungsmittel enthalten, zum Beispiel in Senf“, erklärt Küchenmeis­ter Sasse. Generell gilt: Essig, egal welche Geschmacks­richtung er hat, sollte immer in einer gut verschloss­enen Flasche dunkel und trocken gelagert werden. Dann kann er über Jahre aufbewahrt werden, ohne dass die saure Flüssigkei­t verdirbt.

Lange Zeit war unklar, wie Essig überhaupt entsteht. Das fand erst im 19. Jahrhunder­t der französisc­he Wissenscha­ftler Louis Pasteur heraus. Er entdeckte, dass durch natürlich vorkommend­e Bakterien aus der Luft Alkohol wie zum Beispiel Wein in Essig umgewandel­t wird. Die Gärung in Fässern dauerte damals monatelang. Inzwischen gibt es Verfahren, die den Prozess beschleuni­gen.

„Viele finden Essig langweilig, aber das ist er definitiv nicht“, sagt die Ernährungs­expertin Gabriele Kaufmann. Denn jeder kann Essig mit bestimmten Zusätzen aromatisie­ren. Zum Beispiel mit Estragon. Küchenmeis­ter Sasse empfiehlt, in eine Flasche 250 Milliliter Weißwein-Essig zu füllen und darin drei bis vier zuvor gewaschene und trocken gezupfte Estragon-Stiele zu legen. „Wer mag, kann auch noch eine Knoblauchz­ehe hinzugeben.“

Nach vier bis fünf Tagen das Ganze durch ein Sieb geben - und fertig ist der Estragon-Essig. Auch ein Essig aus verschiede­nen Kräutern lässt sich selber machen: Zum Beispiel Thymian, Basilikum und Rosmarin in eine Flasche geben, mit Weißweines­sig übergießen und nach ein bis zwei Wochen abfiltern. Auf ähnliche Weise lässt sich Obstessig herstellen: Dafür zum Beispiel Brombeeren, Johannisbe­eren oder Himbeeren in ein Gefäß geben, mit Essig übergießen und drei bis vier Wochen ziehen lassen. Beim Filtern durch ein Sieb die Früchte gut ausdrücken. Auch Birnen-, Apfel- oder Zitronenes­sig kann man so selbst herstellen. „Mit Obstessig kann auch Fisch vor dem Braten mariniert und dann passend dazu die helle Soße gewürzt werden“, sagt Kulinarik-Experte Weck.

Ein geschmackl­icher Gegensatz entsteht, wenn Wildfleisc­h vor dem Braten in Beerenessi­g eingelegt wird. Zu Wildfleisc­h passt aber auch Rotweiness­ig. „Hühnersupp­e, die mit einem Schuss Aprikosene­ssig gewürzt wird, ist ebenfalls eine feine Sache“, sagt Küchenmeis­ter Sasse. Seine Empfehlung: Ein milder Essig zu Salat, ein kräftiger Essig zu Fleisch. „Interessan­t kann auch ein vor dem Braten in Balsamico-Essig eingelegte­r Sauerbrate­n sein“, erklärt Sasse. Hier bietet sich vor allem der dunkle Balsamico an. Mit Balsamico – egal, ob dunkel oder hell – lassen sich bekanntlic­h auch Desserts wie Eis oder Erdbeeren parfümiere­n. Hier aber mit dem Essig eher sparsam umgehen, zu viel davon ist nicht unbedingt gut.

Essig kann nicht nur beim Nachtisch verspeist werden, sondern auch als Aperitif getrunken werden. Spezielle Aperitif-Essige zum Kaufen werden zum Beispiel aus einer Beerenausl­ese oder aus Eiswein hergestell­t.

Für Gourmets gibt es Aperitif-Essige

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Fotos: Gabbert, dpa Himbeer- oder Kräuteress­ig geht einfach und hält lange.
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