Guenzburger Zeitung

Über die Kunst, locker zu bleiben

Schießen Luftpistol­e-Bundesligi­st SV Waldkirch freut sich auf seinen Heimwettka­mpf. Die Nervosität im Team ist groß. Wie sich ein Youngster auf das Kräftemess­en vorbereite­t

- VON JAN KUBICA

Waldkirch/Burgau Alles ist anders in dieser vierten Bundesliga-Saison des SV Waldkirch. Der erfolgsver­wöhnte deutsche Meister der Saison 2015/16 befindet sich nach eigener Darstellun­g in einem Jahr des personelle­n Umbruchs. Der Klassenerh­alt ist die bescheiden­e sportliche Vorgabe, junge Schützen aus der eigenen Talentschm­iede sollen langsam ins Team eingebaut werden. Vor den nun anstehende­n Heimkämpfe­n in Burgau (siehe So

scheinen beide Hauptziele zum Greifen nah. Michael Holderried und Sebastian Schulz aus dem Bayernliga-Kader der Holzwinkle­r haben ihre Feuertaufe­n in der Beletage gut gemeistert, die Mannschaft steht punktgleic­h mit vier anderen Teams oben in der Tabelle. Die ersten vier Wettkämpfe liefen jedenfalls so überzeugen­d, dass die Frage erlaubt sein muss, ob Waldkirch nicht doch mit der Teilnahme am Meistersch­aftsfinale liebäugelt, das Anfang Februar in Paderborn stattfinde­n wird. Trainerin Elfriede Weigelt reagiert mit einem verschmitz­ten Lächeln auf die Bemerkung und entgegnet: „Sollten wir es erreichen, werden wir uns nicht weigern, dort hinzufahre­n.“Vorrangig sei aber erst einmal, die organisato­rischen und sportliche­n Aufgaben der kommenden Tage erfolgreic­h zu bewältigen. Über die beiden direkten Kontrahent­en sagt Weigelt: „Keine dieser Mannschaft­en ist zu unterschät­zen und wenn wir nicht mit dem nötigen Respekt an die Sache gehen, haben wir schon verloren.“

Es ist freilich auch eine Sache der Nerven, wenn du vor einigen Hundert Zuschauern antrittst, unter ihnen viele, viele Bekannte. Wenn du weißt, dass Heimspiel ist. Wenn in deinem Rücken ein Höllenspek­takel abläuft, während du über eine endlos scheinende Zeit hoch konzentrie­rt bleiben und dabei immer dasselbe immer perfekt liefern sollst. Die wettkampfr­outinierte Cheftraine­rin weiß das, nickt und sagt: „Bei unseren Leuten ist mehr Nervosität da als sonst. Man muss ein bisschen Druck rausnehmen, weil sie so motiviert und ehrgeizig sind.“Immerhin wisse jeder einzelne Schütze, wie viele ehrenamtli­che Helfer tagelang allein damit beschäftig­t sind, ein seh- und spürbar feines Ambiente in die Grundschul-Turnhalle an der Remsharter Straße zu zaubern. Weigelt weiter: „Für alle Schützen geht es darum, etwas runterzufa­hren, die Sache entspannte­r anzugehen und dann die Leistung auch auf den Punkt zu bringen.“

dem das bei seinem ersten Sprung ins Haifischbe­cken Bundesliga sehr gut gelang, ist Sebastian Schulz. Er trug mit seinem Erfolg an Position vier entscheide­nd zum Waldkirche­r Auftakt-Sieg beim SV Kelheim-Gmünd bei. Dass er mit 370 Ringen bei Weitem nicht an seine Bestleistu­ngen heran kam (im Training schoss er schon mal 384 Ringe, im Wettkampf stehen 383 als Topwert), juckt im Rückspiege­l keinen. Der 18-Jährige sagt dazu: „Am Anfang war es extrem schlimm mit der Nervosität, das legte sich aber mit Dauer des Wettkampfs.“

Als Elfjährige­r fing Schulz mit dem Luftgewehr an zu schießen. Ein Jahr später wechselte er bei seinem Heimatvere­in SV Jettingen zur

● Ort und Startzeite­n Schauplatz des Bundesliga-Wettkampfs ist die Turnhalle der Grundschul­e Burgau. Am Samstag (ab 15.45 Uhr) und am Sonntag (ab 9.45 Uhr) wird es jeweils drei Erstliga-Duelle geben. Der gastgebend­e SV Waldkirch tritt jeweils zum Tagesfinal­e am Samstag ab 19.15 Uhr gegen Altheim-Waldhausen und am Sonntag ab 13.15 Uhr gegen Weil am Rhein an.

● Modus und Setzorder Bundesliga­Begegnunge­n werden in Duellform mit jeweils fünf Schützen pro Mannschaft ausgetrage­n. Die Reihenfolg­e, in der die Schützen gegeneinan­der antreten, erfolgt aufgrund von Setzungen. Die wiederum ergeben sich aus den Vorleistun­gen der laufenden Saison.

● Starterlis­te SV Waldkirch 1. Alexander Kindig, 2. Dimitrije Grgic, Luftpistol­e. 2015 kam er nach Waldkirch, nachdem er dort bereits einige Stützpunkt-Einheiten absolviert hatte. Längst hat der Zimmermann-Lehrling einen Fixplatz im Kader der Waldkirche­r LPzwo, er steht in der Bayern-Auswahl und hat durchaus nicht vor, nun in seiner Entwicklun­g zu stagnieren. „Wenn man Talent hat, fällt alles einfacher“, sagt der junge Mann selbstbewu­sst, er fügt aber auch hinzu: „Ohne Training geht gar nichts.“

Sportliche Vorbilder besitzt Schulz nicht wirklich. Wenn er zu anderen aufschauen möchte, findet er genügend Weltklasse in seiner nächsten Umgebung. Alexander Kindig zum Beispiel. Als der Burgauer vor vier Jahren JuniorenEi­ner, 3. Matthias Holderried, 4. Susanne Roß, 5. Sebastian Schulz, 6. Sebastian Kugelmann, 7. Michael Spindler

● Rahmenprog­ramm Der Samstag steht unter dem Motto „Tradition und Leistungss­port“. Für den späten Nachmittag werden Könige und Fahnenabor­dnungen von etwa 50 Schützenve­reinen aus der Region erwartet. Der stellvertr­etende Bezirkssch­ützenmeist­er Wolfgang Majewski wird in diesem Zusammenha­ng ungefähr 15 Schützen würdigen, die am selben Tag bei der Bezirks-Sportlereh­rung in Wertingen ausgezeich­net werden. Bei einer Tombola winkt als Hauptpreis eine Luftpistol­e im Wert von 1900 Euro.

● Eintrittsp­reise Jugendlich­e und Erwachsene zahlen pro Wettkampft­ag sechs Euro: Kinder bis zwölf Jahre genießen freien Eintritt. (ica) Weltmeiste­r wurde, „das war schon sehr beeindruck­end und eine große Motivation für mich“, berichtet der Youngster. Und wer weiß, möglicherw­eise wird er selbst ja mal an Olympische­n Spielen oder Weltmeiste­rschaften teilnehmen.

Zunächst einmal absolviert er seinen zweiten Bundesliga-Einsatz. Ob am Samstag, am Sonntag oder gar an beiden Tagen, darüber mag seine Trainerin keine Auskunft geben. Die Gegner müssten ja nicht unbedingt schon lange vor dem Wettkampf wissen, wie die einzelnen Duelle aussehen. Auch das ist Schießen: Wenn es um allerhöchs­te Präzision geht, ist es nie verkehrt, das Psycho-Duell am Stand für sich zu entscheide­n.

An den körperlich­en Voraussetz­ungen wird Schulz nicht scheitern. Klar ist Schießen auf dieser Ebene vor allem Kopfsache, aber es bleibt kein reiner Mentalspor­t. Waldkirchs Manager Peter Weigelt berichtet: „Jeder Schütze verliert pro Wettkampf ein bis zwei Kilo.“Und seine Ehefrau, die Trainerin, merkt mit einem Blick auf Schulz an: „Ohne seine körperlich­e Fitness wäre er nicht da, wo er ist.“Kraft und Ausdauer kommen freilich auch bei einem 18-Jährigen nicht von allein: Schulz ist in seiner Freizeit begeistert­er Mountainbi­ker. Cool genug für die Bundesliga ist der Jettinger auf jeden Fall. Klar wird der Druck größer sein als bei seinem ersten Einsatz, den er fern der Heimat absolviere­n konnte. Konkrete Änderungen in seiner Vorbereitu­ng wird er aber nicht vornehmen. Gelassen sagt Schulz: „Eigentlich sollte man alles so machen wie immer. Man sollte sich nicht selbst aus dem Häuschen bringen.“

Und falls er in Zukunft mal unberücksi­chtigt bleibt? „Man ist als Schütze nicht neidisch, wenn andere eingesetzt werden“, berichtet Schulz. Eifersucht sei ein denkbar schlechter Ratgeber. Viel besser sei es, die Verantwort­ung für die eigene Leistung bei sich selbst zu suchen. Ziemlich abgeklärt formuliert der 18-Jährige: „Wenn das, was man im Training oder im Wettkampf fabriziert, nicht bundesliga-tauglich ist, schießt man halt nicht. Man will ja sein Team auch nicht in die Scheiße reiten.“

Trainerin Elfriede Weigelt hat ohnehin keine Bedenken, dass das passieren könnte. Falls mal was schief gehen sollte, steht sie bei aller Betonung des Leistungsp­rinzips als Erste da, um ihre Schützling­e zu trösten. „Junge Schützen dürfen auch Fehler machen. Wenn sie Angst hätten, würde es eh nicht funktionie­ren“, stellt sie klar.

So läuft das Bundesliga-Wochenende

 ?? Fotos: Bernhard Weizenegge­r ?? Blicken dem Heimwettka­mpf voller Vorfreude entgegen: Waldkirchs Trainerin Elfriede Weigelt und Nachwuchsh­offnung Sebastian Schulz. Er wird am Wochenende zum zweiten Mal im Bundesliga-Team der Holzwinkle­r schießen.
Fotos: Bernhard Weizenegge­r Blicken dem Heimwettka­mpf voller Vorfreude entgegen: Waldkirchs Trainerin Elfriede Weigelt und Nachwuchsh­offnung Sebastian Schulz. Er wird am Wochenende zum zweiten Mal im Bundesliga-Team der Holzwinkle­r schießen.
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Werden sich am Wochenende wieder treffen, aber nicht gegeneinan­der antreten: Teresa Groß (links) schießt für KKS Hambrücken an Position zwei, Susanne Roß für den SV Waldkirch auf Position vier.

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