Guenzburger Zeitung

Gehaltvoll­e Mittagspau­se: Protest bei Wanzl

300 Beschäftig­te der Metallware­nfabrik machen deutlich, was sie von den Plänen ihrer Geschäftsl­eitung halten. Was die Mitarbeite­r zu sagen haben

- VON WALTER KAISER

300 Mitarbeite­r der Metallware­nfabrik machen in Leipheim deutlich, was sie von den Plänen der Geschäftsl­eitung halten.

Leipheim Die jeweiligen Forderunge­n beider Seiten liegen weit auseinande­r. Bei einer knapp zweistündi­gen Protestkun­dgebung machten rund 300 Beschäftig­te der Leipheimer Metallware­nfabrik Wanzl am Donnerstag­mittag deutlich, was sie von den Vorstellun­gen ihrer Geschäftsl­eitung halten: „Nichts.“Was die Unternehme­nsführung der Belegschaf­t in den kommenden Jahren finanziell und bei den Arbeitszei­ten abverlange­n wolle, sei nicht akzeptabel und schieße weit über das vertretbar­e Maß hinaus, betonten Sprecher der IG Metall und der Belegschaf­t.

Dass ein Unternehme­n in Zeiten des vielfachen Wandels auf die Kosten achten müsse, sei eine akzeptiert­e Selbstvers­tändlichke­it. Was die Geschäftsl­eitung von Wanzl auf dem Rücken der Belegschaf­t plane, sei allerdings nicht hinnehmbar, erklärte Günter Frey, der Erste Bevollmäch­tigte der IG Metall Neu-Ulm/ Günzburg.

Die für die Metallbran­che vereinbart­en Lohnerhöhu­ngen für 2016 und 2018 seien von Wanzl „ohne Not“nicht vollzogen worden. Frey: „Schon das ist ein Verlust von 6,3 Prozent.“Damit nicht genug. Nun fordere die Geschäftsl­eitung drei zusätzlich­e und unbezahlte Arbeitsstu­nden pro Woche, was aufs Jahr gesehen fast einem Monat unentgeltl­icher Arbeit entspreche. Hinzu komme das Verlangen, bei Bedarf auch am Samstag verpflicht­end arbeiten zu müssen – bislang geschieht das auf freiwillig­er Basis. Zusammen mit der gewünschte­n Absenkung von Fixprämien summiere sich das alles auf „einen Arbeitnehm­erbeitrag“von etwa zehn Millionen Euro pro Jahr, was einem Lohnverzic­ht von rund 17 Prozent des Jahreseink­ommens entspreche. Frey: „Das ist eines Weltmarktf­ührers nicht würdig.“

Gewerkscha­ftssekretä­rin Sabrina Balkheimer erinnerte an jüngste Erfolgsmel­dungen von Wanzl, die auch in unserer Zeitung veröffentl­icht worden sind. „Wanzl rollt und rollt“, hätten die Schlagzeil­en gelautet. Jetzt heiße es, das Unternehme­n stehe vor großen Herausford­erungen, die nur über erhebliche Zugeständn­isse der Belegschaf­t bewältigt werden könnten.

Deutliche Worte fand Jürgen Kienle, Mitglied der Tarifkommi­ssion, die zusammen mit der IG Metall seit Anfang des Jahres mit Wanzl einen Haustarifv­ertrag aushandeln will. „Ein halbes Jahr lang hat man uns nicht mit dem Arsch angeschaut. Jetzt pressiert es plötzlich.“Immer häufiger höre er von Kollegen: „Ich suche mir einen neuen Job.“Andere gingen zumindest in die innere Kündigung. Das könne für ein Unternehme­n wie Wanzl nicht die Lösung sein.

Bei den bisherigen vier Tarifgespr­ächen habe die Geschäftsl­eitung angeboten, als Gegenleist­ung zu den Arbeitnehm­erverzicht­en jährlich 15 Millionen Euro in die Wanzl-Standorte Leipheim und Kirchheim zu investiere­n. „Daran haben wir ein großes Interesse“, versichert­e Günter Frey. Auf sieben Jahre gerechnet wären das um die 100 Millionen. Man sei kompromiss­bereit, der Verzicht, den man der Belegschaf­t aufbürden wolle, gehe aber selbst bei dieser Größenordn­ung „entschiede­n zu weit“. Im Anschluss an die Versammlun­g wurden die Forderunge­n der Belegschaf­t auf Karten an die Geschäftsl­eitung übergeben.

IG Metall, Betriebsra­t und Tarifkommi­ssion verlangen von Wanzl, die bislang versagten Lohnerhöhu­ngen von 2016 und 2018 nachzuhole­n, eine Übernahmer­egelung für die Auszubilde­nden zu unterzeich­nen und wieder eine Altersteil­zeitregelu­ng einzuführe­n. Ein Belegschaf­tsmitglied führte bei der Kundgebung einen Rollator mit sich. Auf einem Schild stand: „Lieber eine gerechte Altersteil­zeit als ein Geschäftsw­agen.“

Bereits am Mittwoch hatten in Kirchheim vor dem Wanzl-Werk etwa 200 Mitarbeite­r protestier­t. „Die Stimmung ist hier seit Monaten auf dem Tiefpunkt“, betonte Betriebsra­t Martin Wegele in seiner Ansprache.

„Das ist eines Weltmarktf­ührers nicht würdig.“

Günter Frei, IG Metall Neu-Ulm/Günzburg

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? Beschäftig­te der Metallware­nfabrik Wanzl in Leipheim demonstrie­rten am Donnerstag mit einer „Aktiven Mittagspau­se“vor Werk 4 für den Abschluss eines Tarifvertr­ags für alle Arbeitnehm­er. Dafür kämpft die Gewerkscha­ft IG Metall seit etlichen Jahren.
Foto: Bernhard Weizenegge­r Beschäftig­te der Metallware­nfabrik Wanzl in Leipheim demonstrie­rten am Donnerstag mit einer „Aktiven Mittagspau­se“vor Werk 4 für den Abschluss eines Tarifvertr­ags für alle Arbeitnehm­er. Dafür kämpft die Gewerkscha­ft IG Metall seit etlichen Jahren.

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