Gehaltvolle Mittagspause: Protest bei Wanzl
300 Beschäftigte der Metallwarenfabrik machen deutlich, was sie von den Plänen ihrer Geschäftsleitung halten. Was die Mitarbeiter zu sagen haben
300 Mitarbeiter der Metallwarenfabrik machen in Leipheim deutlich, was sie von den Plänen der Geschäftsleitung halten.
Leipheim Die jeweiligen Forderungen beider Seiten liegen weit auseinander. Bei einer knapp zweistündigen Protestkundgebung machten rund 300 Beschäftigte der Leipheimer Metallwarenfabrik Wanzl am Donnerstagmittag deutlich, was sie von den Vorstellungen ihrer Geschäftsleitung halten: „Nichts.“Was die Unternehmensführung der Belegschaft in den kommenden Jahren finanziell und bei den Arbeitszeiten abverlangen wolle, sei nicht akzeptabel und schieße weit über das vertretbare Maß hinaus, betonten Sprecher der IG Metall und der Belegschaft.
Dass ein Unternehmen in Zeiten des vielfachen Wandels auf die Kosten achten müsse, sei eine akzeptierte Selbstverständlichkeit. Was die Geschäftsleitung von Wanzl auf dem Rücken der Belegschaft plane, sei allerdings nicht hinnehmbar, erklärte Günter Frey, der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Neu-Ulm/ Günzburg.
Die für die Metallbranche vereinbarten Lohnerhöhungen für 2016 und 2018 seien von Wanzl „ohne Not“nicht vollzogen worden. Frey: „Schon das ist ein Verlust von 6,3 Prozent.“Damit nicht genug. Nun fordere die Geschäftsleitung drei zusätzliche und unbezahlte Arbeitsstunden pro Woche, was aufs Jahr gesehen fast einem Monat unentgeltlicher Arbeit entspreche. Hinzu komme das Verlangen, bei Bedarf auch am Samstag verpflichtend arbeiten zu müssen – bislang geschieht das auf freiwilliger Basis. Zusammen mit der gewünschten Absenkung von Fixprämien summiere sich das alles auf „einen Arbeitnehmerbeitrag“von etwa zehn Millionen Euro pro Jahr, was einem Lohnverzicht von rund 17 Prozent des Jahreseinkommens entspreche. Frey: „Das ist eines Weltmarktführers nicht würdig.“
Gewerkschaftssekretärin Sabrina Balkheimer erinnerte an jüngste Erfolgsmeldungen von Wanzl, die auch in unserer Zeitung veröffentlicht worden sind. „Wanzl rollt und rollt“, hätten die Schlagzeilen gelautet. Jetzt heiße es, das Unternehmen stehe vor großen Herausforderungen, die nur über erhebliche Zugeständnisse der Belegschaft bewältigt werden könnten.
Deutliche Worte fand Jürgen Kienle, Mitglied der Tarifkommission, die zusammen mit der IG Metall seit Anfang des Jahres mit Wanzl einen Haustarifvertrag aushandeln will. „Ein halbes Jahr lang hat man uns nicht mit dem Arsch angeschaut. Jetzt pressiert es plötzlich.“Immer häufiger höre er von Kollegen: „Ich suche mir einen neuen Job.“Andere gingen zumindest in die innere Kündigung. Das könne für ein Unternehmen wie Wanzl nicht die Lösung sein.
Bei den bisherigen vier Tarifgesprächen habe die Geschäftsleitung angeboten, als Gegenleistung zu den Arbeitnehmerverzichten jährlich 15 Millionen Euro in die Wanzl-Standorte Leipheim und Kirchheim zu investieren. „Daran haben wir ein großes Interesse“, versicherte Günter Frey. Auf sieben Jahre gerechnet wären das um die 100 Millionen. Man sei kompromissbereit, der Verzicht, den man der Belegschaft aufbürden wolle, gehe aber selbst bei dieser Größenordnung „entschieden zu weit“. Im Anschluss an die Versammlung wurden die Forderungen der Belegschaft auf Karten an die Geschäftsleitung übergeben.
IG Metall, Betriebsrat und Tarifkommission verlangen von Wanzl, die bislang versagten Lohnerhöhungen von 2016 und 2018 nachzuholen, eine Übernahmeregelung für die Auszubildenden zu unterzeichnen und wieder eine Altersteilzeitregelung einzuführen. Ein Belegschaftsmitglied führte bei der Kundgebung einen Rollator mit sich. Auf einem Schild stand: „Lieber eine gerechte Altersteilzeit als ein Geschäftswagen.“
Bereits am Mittwoch hatten in Kirchheim vor dem Wanzl-Werk etwa 200 Mitarbeiter protestiert. „Die Stimmung ist hier seit Monaten auf dem Tiefpunkt“, betonte Betriebsrat Martin Wegele in seiner Ansprache.
„Das ist eines Weltmarktführers nicht würdig.“
Günter Frei, IG Metall Neu-Ulm/Günzburg