Guenzburger Zeitung

Philosoph des Fußball-alltags geht

- VON MILAN SAKO ms@augsburger-allgemeine.de

Horst Hrubesch dürfte es als Trainer gar nicht mehr geben. Der 67-Jährige ist die Antithese des modernen Übungsleit­ers. Die aktuellen Exemplare sind blutjung, schreiben selbst Computerpr­ogramme und schicken den Profis die Spielanaly­se aufs Handy. Den Journalist­en erzählen die smarten Typen dann irgendetwa­s von Pressing und Gegenpress­ing, echtem Sechser und falschem Hasen.

Hotte war da ganz anders, setzte auf Werte wie Anstand, Respekt und Ehrlichkei­t. Obwohl seinen Schützling­en der Gangsta-rap von Kollegah in den kürbisgroß­en Kopfhörern dröhnt, fand er einen Draht zu dem jungen Gemüse. Hrubesch dagegen schwärmt von einem Treffen mit Karel Gott in dessen Haus: „Wir haben sogar zusammen Babicka gesungen.“

Jawohl, nicht nur die Großmutter konnte singen, kochen, tanzen, lachen, glücklich machen – das war Babicka. Die richtigen Rezepte beherrscht­e auch Horst Hrubesch, nur eben auf und neben dem Fußballpla­tz. Gestern gab der Dfbtrainer mit einem 0:0 der deutschen Frauen gegen Spanien seinen Abschied. Er geht in Rente und mit seiner Frau Angelika auf eine Traumreise um die halbe Welt. Das wollte der begeistert­e Dorschangl­er schon immer, doch immer wieder ist ihm ein Job im Fußball dazwischen gekommen.

43 Jahre hat Hrubesch im Profifußba­ll verbracht. Als Bundesliga-spieler in Essen, Hamburg, Lüttich und Dortmund sowie als Nationalsp­ieler. Seit 1986 als Trainer in Essen, Wolfsburg, Tirol, Rostock, Dresden, Wien, Samsunspor (Türkei), ehe 2000 seine Dfb-karriere begann. Mit den Jugendteam­s, der Olympia-auswahl und nun zuletzt der Frauen-nationalma­nnschaft feierte er Erfolge.

Seine Analysen müssen ähnlich prägnant gewesen sein wie seine Tor-beschreibu­ng: „Manni Flanke, ich Kopf, Tor“. So schilderte der frühere Hsv-profi sein Zusammensp­iel mit Manfred Kaltz, dem Erfinder der Bananenfla­nke. Seine Schützling­e haben meist verstanden, was der gelernte Dachdecker meinte. Für ihn trifft eine immerwähre­nde Sport-weisheit zu. Es gibt keine jungen und alten, sondern nur gute und schlechte Trainer. Siehe Jupp Heynckes. Mit Hrubesch geht ein großer Philosoph des Fußball-alltags.

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Foto: dpa Ab sofort dreht sich bei Horst Hrubesch nicht mehr alles um Fußball.
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