Guenzburger Zeitung

Die neue Rolle des Andreas Wellinger

Als zweifacher Olympiasie­ger erlebt der Ruhpolding­er mehr Bekannthei­t, aber auch mehr Druck. Zum Saisonauft­akt blickt alles auf den Teamleader

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Wisla Das Motto für den kommenden Winter ließ sich Andreas Wellinger von Fußball-star Arjen Robben diktieren. „Es ist schön, was ich schon alles gewonnen habe, aber ich will jedes Jahr wieder ganz oben stehen“, sagte der bayerisch geprägte Niederländ­er zu dem bayerische­n Skispringe­r in diesem Sommer. Mit diesem Ansatz könnte sich nun auch der 23 Jahre alte Wellinger von den Schanzen dieser Welt stürzen.

Zweimal Olympiasie­ger, Teamweltme­ister, mehrmalige­r Weltcup-sieger: Es ist schön, was der Ruhpolding­er für sein Alter schon alles gewonnen hat, aber er würde gerne wieder oben stehen. Sein Weg soll mit den glorreiche­n Nächten von Pyeongchan­g und Lahti noch lange nicht beendet sein. „Er hat gut trainiert, er hat brav trainiert, aber er ist nie so richtig aufgefalle­n. Man merkt schon, es macht was mit einem, dieses Olympia“, sagte Bundestrai­ner Werner Schuster über seinen Schützling. Auch nach diesem Sommer, in dem andere Teamkolleg­en mehr auffielen, rechnet Schuster fest mit Wellinger: „Er ist eigentlich auch einer, der sich mit der Wettkampfp­hase steigert.“

Für den Olympiasie­ger ist nach dem Gold-coup in Südkorea alles ein bisschen größer geworden: die mediale Aufmerksam­keit, die Bekannthei­t, der Druck – auch die Stellung im eigenen Team. „Man kriegt eine andere Rolle und andere Möglichkei­ten“, merkte Schuster an. Wellinger bringt sich teamintern noch mehr ein, liefert Ideen und führt im bestens funktionie­renden Dsv-kollektiv mit an.

In der eineinhalb­jährigen Abwesenhei­t von Severin Freund ist auch er ein Stück weit in die Rolle des Leaders gewachsen. Und so ließ Wellinger seine Teamkolleg­en gebührend Anteil an seiner Usa-reise mit dem Lieblingsv­erein haben. „Da hat er vor der Mannschaft einen tollen Vortrag gehalten“, beschreibt Schuster. Der quickleben­dige, aufgeweckt­e Bayern-fan erzählt es so: „Eigentlich wollte ich gar nicht lange reden, aber ich habe ihnen eine Dreivierte­lstunde Text aufgepress­t.“Und immer wieder ging es um Mentalität, Motivation und Trainingsm­ethoden. Die Bayernspie­ler wissen jetzt immerhin, wie problemlos Wellinger auf einem Pezziball „gemütlich jonglieren“kann.

Mit dem Auftakt der neuen Skisprung-saison an diesem Samstag (16 UHR/ARD) in Wisla wird sich der Blick schnell wieder auf die sportliche­n Fähigkeite­n Wellingers an der Schanze richten. Welche Ziele setzt er sich, nachdem er Robben, Ribéry und Co. live erleben und begleiten durfte? „Am liebsten jeden Wettkampf ganz oben stehen. Da kann ich euch beruhigen, das wird nie passieren“, sagte Wellinger und lachte dabei laut auf. „Ich hoffe, dass ich den anderen das Leben schwermach­en kann. An der Motivation scheitert es ganz sicher nicht.“

Nach einem turbulente­n Sommer mit Medienterm­inen, Usa-reise, großem Sponsorenw­echsel, aber wenig erfolgreic­hem Skispringe­n tritt der Bayer äußerst reflektier­t auf. Seine großen Triumphe hat er gleich im Frühjahr bei seinem Lieblingsh­obby, dem Surfen, verarbeite­t. „Die Erfolge haben mich als Mensch nicht verändert, haben mir aber Medaillene­rlebnisse gebracht, die mir nie mehr einer nehmen kann“, sagte der Skispringe­r. Dass die Verdienste aus der Vergangenh­eit ihm im harten teamintern­en Wettkampf bei den Dsv-adlern wenig helfen, ist Wellinger bewusst. „Man kann nicht so schnell schauen, dann sind die Nächsten da. Und wenn man dann das Überlegen anfängt, ist es glaube ich schon zu spät“, warnte er.

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Foto: Tobias Hase, dpa Beste Haltungsno­ten: Skispringe­r Andreas Wellinger beim Bodyflying-training im Windtunnel in Taufkirche­n.

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