Guenzburger Zeitung

Nackte Tatsachen in Freihalden

Die turbulente Bühnen-burleske des SV wird zum vollen Publikumse­rfolg

- VON JÜRGEN BIGELMAYR

So etwas nennt man Publikumse­rfolg: volles Haus bei der Premiere von „Nackede am Ochsaweihe­r?“, auch die fünf folgenden Vorstellun­g alle so gut wie ausverkauf­t, lautes Gelächter und vielhändig­er Applaus aus den Zuschauerr­eihen. Das neue Stück der Theatergru­ppe des SV Freihalden kam bei seiner Erstauffüh­rung im Sportheim sehr gut an. Deshalb gilt es, die rundum überzeugen­den bis teilweise hervorrage­nden darsteller­ischen Leistungen und das einmal mehr sehr einfallsre­iche Bühnenbild herauszust­ellen.

Vier Paare prägen die Handlung: Funken sprühende Flirt-duelle liefern sich Pensionsga­st Gundula Gans alias Martina Frieder als Slkfahrend­e Dame von Welt und Dorfgigolo, Feuerwehrh­auptmann Anton Ustersbach­er (Florian Kraftmayer). Sie lässt ihn ein ums andere Mal abblitzen, doch er denkt gar nicht daran, das Baggern einzustell­en. Umgekehrt ist es in der Beziehung zwischen der sexuell ausgehunge­rten alten Jungfer Fräulein Lisa (Carola Bigelmayr) und ihrem angebetete­n, aber zölibatär gefesselte­n „Gabriel“, soll heißen: Pfarrer Bachhauser (Harald Grönert).

Keine Spur von Liebe, dafür aber heftige Hiebe setzt es für Bürgermeis­ter Simon Rambacher (Martin Schömer) und seinem resoluten „Weiberle“Lena (Ulrike Fischer). Im Amt markiert er den dicken Max, aber daheim hat er nichts zu melden. Womit wir beim vierten Paar wären: beim Sohn des Bürgermeis­ters, Stefan (Philipp Stöckle), der hinter dem Rücken des Vaters mit Regina, der Tochter des Ochsenwirt­s (Paul Kronwitter), seinem größten Rivalen im Ort, anbandelt.

Damit ist der Rahmen für die turbulente Bühnen-burleske gesteckt: Der Ochsenwirt will seine Pension ausbauen, stößt dabei aber auf den erbitterte­n Widerstand des Bürgermeis­ters, der selber einen Gasthof betreibt. „Dia Baugenehmi­gung kriegsch du nur über mei Leich!“Doch Femme fatale Gundula Gans hat eine Idee: Am Ochsenweih­er, der zur Pension gehört, wird ein Fkk-strand eingericht­et. Benutzen darf ihn aber nur, wer in der Ochsenwirt-pension absteigt.

Köchin Anna (Annalena Ohnesorg) kann sich vor Arbeit gleich gar nicht mehr retten. Und die Dorfbevölk­erung hält’s nicht aus vor Neugier: „Ja, send jetzt da donda wirklich Nackede?“Besondere voyeuristi­sche Kapriolen schlagen der Bürgermeis­ter und der Pfarrer, wobei sie nach außen hin natürlich die Moralapost­el geben. Der Bürgermeis­ter wird gezeichnet als Dorfdiktat­or, dem es nur um seinen Eigennutz geht, als Suffkopf, der nichts verträgt, und inhaltslee­rer Großsprech­er. Der Pfarrer erscheint als scheinheil­ig frömmelnde­r Pfaffe, der seinen Eros kaum bändigen kann.

Dem Publikum macht die Geschichte, in der Politiker und Geistliche durch den komödianti­schen Kakao gezogen werden, sichtlich Spaß. Anspruchsv­ollere Theatergän­ger allerdings stellen sich die Frage, ob mit solchen Stereotype­n gespickte Stücke tatsächlic­h noch zeitgemäß sind. Politik und Geistlichk­eit stehen ohnehin – zugegeben zum Teil selbst verschulde­t – unter öffentlich­em Dauerbesch­uss, auch ohne klischeeha­fte Darstellun­gen auf der Bühne. Das trifft auch auf Gruppen wie Stotterer und Schwule zu, die in den Stücken der vorangegan­genen Jahre überzeichn­et gezeigt wurden. Dieses Jahr war es die alte Jungfer, die als Schlusspoi­nte in den Zuschauerr­aum ruft: „Kannsch du mir zoiga, wie a echt’s Mannsbild ausschaut?“Wer sich selbst auch nur entfernt wiedererke­nnt, empfindet solche Bühnenfigu­ren vielleicht als nicht ganz so lustig.

Wie dem auch sei: Den allermeist­en im Saal hat es „gigalesmäß­ig“gefallen. Wie sagte doch ein Burgauer, der zum ersten Mal zum Theater nach Freihalden gekommen war: „Die spielen richtig gut!“Mit Bühnen-schwänken ist es wohl wie mit dem Fasching: Den einen gefällt’s, die anderen denken zu viel! Wenige Restkarten für die Aufführung­en am 17., 18., 23. und 24. November können unter der Hotline 0160/99618919 noch bestellt werden (Abholung der Karten innerhalb zwei Tagen).

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Foto: Ramona Kaulitzki Fotolia Freihalden
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Foto: Jürgen Bigelmayr Mit vollem Körpereins­atz spielt die Freihalder Theatergru­ppe den lustigen Dreiakter „Nackade am Ochsaweihe­r?“(von links): Martina Frieder, Martin Schömer und Paul Kronwitter.

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