Nackte Tatsachen in Freihalden
Die turbulente Bühnen-burleske des SV wird zum vollen Publikumserfolg
So etwas nennt man Publikumserfolg: volles Haus bei der Premiere von „Nackede am Ochsaweiher?“, auch die fünf folgenden Vorstellung alle so gut wie ausverkauft, lautes Gelächter und vielhändiger Applaus aus den Zuschauerreihen. Das neue Stück der Theatergruppe des SV Freihalden kam bei seiner Erstaufführung im Sportheim sehr gut an. Deshalb gilt es, die rundum überzeugenden bis teilweise hervorragenden darstellerischen Leistungen und das einmal mehr sehr einfallsreiche Bühnenbild herauszustellen.
Vier Paare prägen die Handlung: Funken sprühende Flirt-duelle liefern sich Pensionsgast Gundula Gans alias Martina Frieder als Slkfahrende Dame von Welt und Dorfgigolo, Feuerwehrhauptmann Anton Ustersbacher (Florian Kraftmayer). Sie lässt ihn ein ums andere Mal abblitzen, doch er denkt gar nicht daran, das Baggern einzustellen. Umgekehrt ist es in der Beziehung zwischen der sexuell ausgehungerten alten Jungfer Fräulein Lisa (Carola Bigelmayr) und ihrem angebeteten, aber zölibatär gefesselten „Gabriel“, soll heißen: Pfarrer Bachhauser (Harald Grönert).
Keine Spur von Liebe, dafür aber heftige Hiebe setzt es für Bürgermeister Simon Rambacher (Martin Schömer) und seinem resoluten „Weiberle“Lena (Ulrike Fischer). Im Amt markiert er den dicken Max, aber daheim hat er nichts zu melden. Womit wir beim vierten Paar wären: beim Sohn des Bürgermeisters, Stefan (Philipp Stöckle), der hinter dem Rücken des Vaters mit Regina, der Tochter des Ochsenwirts (Paul Kronwitter), seinem größten Rivalen im Ort, anbandelt.
Damit ist der Rahmen für die turbulente Bühnen-burleske gesteckt: Der Ochsenwirt will seine Pension ausbauen, stößt dabei aber auf den erbitterten Widerstand des Bürgermeisters, der selber einen Gasthof betreibt. „Dia Baugenehmigung kriegsch du nur über mei Leich!“Doch Femme fatale Gundula Gans hat eine Idee: Am Ochsenweiher, der zur Pension gehört, wird ein Fkk-strand eingerichtet. Benutzen darf ihn aber nur, wer in der Ochsenwirt-pension absteigt.
Köchin Anna (Annalena Ohnesorg) kann sich vor Arbeit gleich gar nicht mehr retten. Und die Dorfbevölkerung hält’s nicht aus vor Neugier: „Ja, send jetzt da donda wirklich Nackede?“Besondere voyeuristische Kapriolen schlagen der Bürgermeister und der Pfarrer, wobei sie nach außen hin natürlich die Moralapostel geben. Der Bürgermeister wird gezeichnet als Dorfdiktator, dem es nur um seinen Eigennutz geht, als Suffkopf, der nichts verträgt, und inhaltsleerer Großsprecher. Der Pfarrer erscheint als scheinheilig frömmelnder Pfaffe, der seinen Eros kaum bändigen kann.
Dem Publikum macht die Geschichte, in der Politiker und Geistliche durch den komödiantischen Kakao gezogen werden, sichtlich Spaß. Anspruchsvollere Theatergänger allerdings stellen sich die Frage, ob mit solchen Stereotypen gespickte Stücke tatsächlich noch zeitgemäß sind. Politik und Geistlichkeit stehen ohnehin – zugegeben zum Teil selbst verschuldet – unter öffentlichem Dauerbeschuss, auch ohne klischeehafte Darstellungen auf der Bühne. Das trifft auch auf Gruppen wie Stotterer und Schwule zu, die in den Stücken der vorangegangenen Jahre überzeichnet gezeigt wurden. Dieses Jahr war es die alte Jungfer, die als Schlusspointe in den Zuschauerraum ruft: „Kannsch du mir zoiga, wie a echt’s Mannsbild ausschaut?“Wer sich selbst auch nur entfernt wiedererkennt, empfindet solche Bühnenfiguren vielleicht als nicht ganz so lustig.
Wie dem auch sei: Den allermeisten im Saal hat es „gigalesmäßig“gefallen. Wie sagte doch ein Burgauer, der zum ersten Mal zum Theater nach Freihalden gekommen war: „Die spielen richtig gut!“Mit Bühnen-schwänken ist es wohl wie mit dem Fasching: Den einen gefällt’s, die anderen denken zu viel! Wenige Restkarten für die Aufführungen am 17., 18., 23. und 24. November können unter der Hotline 0160/99618919 noch bestellt werden (Abholung der Karten innerhalb zwei Tagen).