Die „Schweiz-Connection“der AfD
Hintergrund Fraktionschefin Alice Weidel erhielt 132 000 Euro für ihren Wahlkampf. Es ist nicht das erste Mal, dass Geld aus dem Nachbarland in die Kassen der Partei floss
Berlin Die Wahlplakate sahen aus, wie Wahlplakate der AfD schon seit Jahren aussehen: Weiße Schrift auf hellblauem Hintergrund. Dazu das Logo der AfD mit dem roten Pfeil darunter. Und Parolen wie „Islamisierung stoppen“oder „Endlich konsequent abschieben“in großen Lettern. Doch die Plakate, die im Landtagswahlkampf in Bayern an Laternenpfählen oder Plakatwänden hingen, waren gar keine Plakate der AfD, jedenfalls keine offiziellen. Lediglich der Hinweis „www.rechtundfreiheit.de“am linken unteren Eck deutete darauf hin, dass der Urheber ein anderer ist – der umstrittene „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“mit Sitz in Stuttgart-Degerloch, der auch die rechtskonservative Wochenzeitung Deutschland-Kurier herausgibt, die ebenfalls im bayerischen Wahlkampf kostenlos verteilt wurde.
Es war nicht das erste Mal, dass der Verein – angeblich auf eigene Rechnung und ohne Wissen wie Zustimmung der AfD – Wahlwerbung für die nationalkonservative Partei machte. Seit 2016 finanziert der Verein mit eigenem Geld Plakate, Anzeigen sowie Internetkampagnen und verteilt seine Zeitung in Millionenauflage. Doch möglicherweise war es das letzte Mal. Denn bei dem massiven Einsatz des Vereins könnte es sich um eine unerlaubte Parteienfinanzierung und somit um einen Verstoß gegen das Parteiengesetz handeln. Und das dürfte für die noch junge Partei am Ende sogar existenzbedrohend werden.
Nachdem am Wochenende bekannt geworden war, dass AfDFraktionschefin Alice Weidel im vergangenen Jahr eine illegale Wahlkampfspende aus der Schweiz in Höhe von 132 000 Euro in 18 Einzelspenden erhalten hatte, forderte unter anderem Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) oder der SPD-Haushaltsexperte Johannes Kahrs Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) auf, das gesamte Finanzgebaren der AfD genau zu untersuchen und die Finanzströme der AfD zu durchleuchten. Die Staatsanwaltschaft Konstanz ist bereits aktiv geworden (siehe eigenen Text auf dieser Seite).
Nach Schätzungen der unabhängigen Organisation „Lobbycontrol“hat allein der Stuttgarter AfD-Unterstützerverein „zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“die Partei mit Werbemaßnahmen in einem Umfang von mehr als zehn Millionen Euro unterstützt. Zwar beteuern AfD-Chef Jörg Meuthen und andere Spitzenfunktionäre der Partei auf Nachfrage immer wieder, mit dem Verein und seinem Vorsitzenden David Bendels nichts zu tun zu haben und auch nicht mit ihm zu kooperieren, weswegen die Wahlkampfhilfe auch nicht im offiziellen Rechenschaftsbericht der AfD auftaucht. „Wir haben mit diesem Verein für Rechtsstaatlichkeit nie zusammengearbeitet“, sagte Meuthen zuletzt im August, er habe „von sich aus“die Wahlkampfunterstützung vorgenommen. Doch eine Vielzahl von internen Mails, die mittlerweile von Medien veröffentlicht wurden, belegen, dass es sehr wohl enge Kontakte zwischen der AfD und dem Verein gab. Offenbar um das Schlimmste zu verhindern, forderte die AfD im bayerischen Landtagswahlkampf den Verein mit einer Unterlassungsklage auf, das Logo und das Corporate Design der AfD nicht mehr zu nutzen. Bekanntlich ohne Folgen – denn die Plakatkampagne
Was hat die AfD mit einem Stuttgarter Verein zu tun?
in Bayern wurde nicht vom Verein selber durchgeführt, sondern vom Deutschland-Kurier, dessen Chefredakteur ebenfalls David Bendels ist und in dessen Impressum zahlreiche AfD-Politiker als „Autoren“aufgeführt werden.
Zudem ermittelt die Bundestagsverwaltung längst in einem anderen Fall gegen die AfD und ihren Vorsitzenden Meuthen – es geht um zwei illegale Spenden der Schweizer PR-Firma Goal AG für Meuthen im baden-württembergischen Landtagswahlkampf in Höhe von rund 5300 Euro. Im August überwies die AfD diesen Betrag an die Bundeskasse, allerdings, wie ein Sprecher der Bundestagsverwaltung sagte, nur „rein vorsorglich“und „ohne Anerkennung einer rechtlichen Schuld“.
Die besondere Brisanz des Falles: Die Goal AG könne auch der bislang unbekannte Großfinanzier sein, der hinter den millionenschweren Werbekampagnen des Stuttgarter AfDUnterstützervereins steht. So würde sich der Kreis schließen. Der Bundesschatzmeister der Linken, Harald Wolf, spricht denn auch von der „Schweiz-Connection der AfD“. Es sei „höchste Zeit“, das zu untersuchen.