Guenzburger Zeitung

Überholt der Weißwein bald den Rotwein?

Interview Immer mehr Weinfreund­e schwenken um: Warum Riesling, Chardonnay & Co in der Gunst gewinnen

-

Sie haben Weinkelche geschwenkt, verkostet und Punkte verteilt: Viele Weinführer wie „Eichelmann“, „Vinum“und „Gault & Millau“kommen in diesen Tagen auf den Markt, zehntausen­de Weine sind dafür unter die Lupe genommen worden. Was Weinfreund­e über den Spitzenjah­rgang 2017 und das Trinkverha­lten der Deutschen wissen sollten, erklärt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstit­ut.

Herr Büscher, die alte Frage: Rot oder Weiß, was trifft momentan mehr den Geschmacks­sinn der Deutschen?

Ernst Büscher: Wir trinken immer noch einen Ticken mehr Rot. Aber der Trend geht eindeutig zum Weißwein. In Zahlen heißt das: Während der Rosé mit neun Prozent sehr stabil ist, lag der Konsum von Rotwein 2017 bei 47 Prozent, der von Weißwein bei 46 Prozent. Vor zehn Jahren war das Verhältnis noch 53 zu 38 Prozent. Ich rechne damit, dass Ende 2018 der Weiße den Roten überholt hat.

Welche Erklärung haben Sie dafür?

Büscher: Weißwein ist frischer und passt zur modernen und gesundheit­sbewussten Ernährung mit leichter und auch zunehmend vegetarisc­her Küche. Im Trend liegen regionale Produkte. Bedenkt man, dass zwei Drittel im deutschen Anbau weiße Reben sind, wird schon dadurch zwangsläuf­ig mehr Weißer getrunken. Zudem ist in Weißwein tendenziel­l weniger Alkohol, und das belastet auch weniger.

Zeichnet sich auch ein Trend bei den Weinsorten ab?

Büscher: Ja, der geht ganz klar zum Burgunder. Zwar ist Riesling immer noch die wichtigste Anbaurebe, aber wir verzeichne­n kontinuier­liche Zuwächse bei Weiß- und Grauburgun­der sowie Chardonnay. Und ein kleiner heimlicher Anbautrend ist Sauvignon Blanc. Den gab es früher nur aus Ländern wie Neuseeland. Inzwischen ist der Anbau in Deutschlan­d von 0 auf mehr als 1100 Hektar angestiege­n. Die Flaschen sind sofort weg und werden bei den Winzern stark nachgefrag­t.

Zurück zum Burgunder. Warum ist er plötzlich so beliebt?

Büscher: Das hängt mit den Rotweinwec­hslern zusammen, die weniger Säure vorziehen. Burgunder sind säuremilde­r im Vergleich etwa mit einem Riesling. Zudem sind sie schöne Essensbegl­eiter für Fisch, Pasta und Gerichte mit hellen Soßen. Es gibt auch im Barriquefa­ss gereifte Grauburgun­der, die hervorrage­nd zu Wild passen. Heute muss ich für einen zarten Rehrücken nicht mehr Rotwein nehmen.

Warum gilt ein 2017er als Spitzenjah­rgang?

Büscher: Er ist leicht, elegant und nicht so überladen von Alkohol. Die einzelnen Rebstöcke trugen durch den späten Frost nur wenige Trauben.

Was erwarten Sie nach dem Jahrhunder­tsommer vom 2018er-Jahrgang?

Büscher: Er wird eher kräftige Weine hervorbrin­gen, mit etwas mehr Prozent Alkohol. Noch dazu farbkräfti­g, was an den gesunden Beerenscha­len liegt. Die Winzer haben aber aus 2003 gelernt. Da war es ähnlich lange warm und trocken. Sie haben in diesem Jahr nun darauf geachtet, die Trauben nicht so süß werden zu lassen und mit der Lese bereits Ende August begonnen.

 ?? Foto: Franziska Gabbert, dpa ?? Zwei Drittel im deutschen Anbau sind weiße Reben: Der Trend zu regionalen Produkten schlägt sich auch im Weißwein-Konsum nieder.
Foto: Franziska Gabbert, dpa Zwei Drittel im deutschen Anbau sind weiße Reben: Der Trend zu regionalen Produkten schlägt sich auch im Weißwein-Konsum nieder.
 ??  ?? Ernst Büscher
Ernst Büscher

Newspapers in German

Newspapers from Germany