Guenzburger Zeitung

Kehrtwende der Freien Wähler

Streit um Staatsbeau­ftragte

- VON ULI BACHMEIER

München Noch Anfang Oktober, wenige Tage vor der Landtagswa­hl, haben die Freien Wähler beim Bayerische­n Verfassung­sgerichtsh­of gegen die gestiegene Zahl der Beauftragt­en der Staatsregi­erung Klage eingereich­t. Jetzt regieren sie mit und akzeptiere­n offenbar nicht nur die acht Beauftragt­en, sondern beanspruch­en auch noch selbst, zwei dieser Posten zu besetzen.

Das wurde am Mittwoch im Landtag bekannt. Freie-WählerChef Hubert Aiwanger habe allerdings darauf bestanden, dass die acht neuen Beauftragt­en erst bestellt werden sollen, wenn es eine gesetzlich­e Grundlage gebe. Auch ihre Ausstattun­g soll, wie der Fraktionsc­hef der Freien, Florian Streibl, auf Anfrage unserer Redaktion sagte, deutlich reduziert werden. Unter der alten CSU-Staatsregi­erung erhielten die Landtagsab­geordneten, die zu Beauftragt­en ernannt wurden, nach Angaben der Staatskanz­lei zusätzlich „bis zu 3000 Euro“Aufwandsen­tschädigun­g und ein Büro mit maximal vier Mitarbeite­rn, „gegebenenf­alls inklusive Dienstwage­n und Fahrer“.

Dass Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) im Frühjahr 2018 die Zahl der Beauftragt­en von drei auf acht erhöht hatte, war von Anfang an kritisiert worden. SPD, Freie Wähler und Grüne warfen Söder damals vor, das Kabinett, in dem die

Grünen-Fraktionsc­hef zeigt sich entsetzt

Zahl der Mitglieder laut Verfassung auf 17 begrenzt ist, künstlich erweitert zu haben. Michael Piazolo, Generalsek­retär der Freien und jetzt auch Kultusmini­ster, nannte die Beauftragt­en sogar „Abhängige von Söders Gnaden“. Streibl sprach von Ignoranz der Regierungs­mehrheit und plädierte für mehr Kontrolle der Macht. Am Mittwoch sagte er: „Man sieht es mittlerwei­le differenzi­erter.“In der Fraktion sei die Angelegenh­eit „heftig diskutiert“worden. „Da haben wir auch weiterhin Bauchschme­rzen“, sagte Streibl, betonte aber, dass die Beauftragt­en „ja doch eine wichtige Arbeit leisten“. Aiwanger erklärte: „Die Klage hat ihr Ziel erreicht, die Thematik Beauftragt­e zu ordnen. Wann wir sie zurückzieh­en, ist nicht mehr so wichtig, wird aber erfolgen.“

Heftige Kritik kam von den Grünen. Fraktionsc­hef Ludwig Hartmann sagte: „Die Freien Wähler scheitern bei den Regierungs­beauftragt­en kläglich am ersten Prüfstein ihrer Redlichkei­t. Statt die CSU dazu zu drängen, die Luft aus dem künstlich aufgebläht­en Regierungs­apparat zu lassen, greifen sie selbst nach zwei der Posten.“Er sei entsetzt, so Hartmann, „wie schamlos und gierig sich die Freien Wähler jetzt den Staat zu eigen machen.“

Die Besetzung der Posten steht angeblich schon fest. Im Amt bleiben sollen die CSU-Abgeordnet­en Klaus Holetschek (Bürgerbeau­ftragter), Walter Nussel (Bürokratie­abbau), Ernst Weidenbusc­h (staatliche Beteiligun­gen) und Sylvia Stierstorf­er (Aussiedler/Vertrieben­e) sowie Ludwig Spaenle (Antisemiti­smus). Gudrun Brendel-Fischer (CSU) soll Integratio­nsbeauftra­gte werden. Von den Freien Wählern soll Peter Bauer Patientenu­nd Pflegebeau­ftragter werden, Eva Gottstein ist als Ehrenamtsb­eauftragte im Gespräch.

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