Guenzburger Zeitung

Tattoo-Ta-Ta

Urteil Warum die bayerische Polizei ihren Beamten verbieten darf, sich tätowieren zu lassen

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München „Aloha“ist ein schönes Wort. Der hawaiianis­che Gruß steht für Liebe, Freundlich­keit oder Mitgefühl. Für den 42 Jahre alten Polizeiobe­rkommissar Jürgen Prichta steht er noch für viel mehr: 2008 verbrachte­n seine Frau und er ihre Flitterwoc­hen auf Hawaii. „Das war traumhaft“, sagt er. So traumhaft, dass er die Erinnerung daran auf seinem Körper verewigen und sich einen „Aloha“-Schriftzug auf den linken Unterarm tätowieren lassen wollte. Doch das darf er nicht. Der Bayerische Verwaltung­sgerichtsh­of hat es ihm am Mittwoch höchstrich­terlich verboten.

Das Urteil ist rechtskräf­tig und hat grundsätzl­iche Bedeutung für alle Polizisten in Bayern. Sichtbare Tattoos dürfen sie – anders als beispielsw­eise ihre Kollegen in Berlin oder Baden-Württember­g – weiterhin nicht tragen. Der Verwaltung­sgerichtsh­of begründet seine Entscheidu­ng mit dem Artikel 75 des Bayerische­n Beamtenges­etzes. „Soweit es das Amt erfordert, kann die oberste Dienstbehö­rde nähere Bestimmung­en über das Tragen von Dienstklei­dung und das während des Dienstes zu wahrende äußere Erscheinun­gsbild der Beamten und Beamtinnen treffen“, heißt es darin. „Dazu zählen auch Haar- und Barttracht sowie sonstige sichtbare und nicht sofort ablegbare Erscheinun­gsmerkmale.“Damit sei eine rechtliche Grundlage für das Verbot sichtbarer Tätowierun­gen gegeben.

Die Vertreter des Freistaate­s argumentie­rten vor Gericht, der Vorsprung an Respekt, den ihre Uniform Polizisten verschaffe, werde durch sichtbare Tätowierun­gen „nivelliert“. „Es geht nicht darum, irgendwelc­he verstaubte­n Moralvorst­ellungen durchzuset­zen“, sagte einer der Anwälte. „Es geht darum, den Polizeibea­mten zu schützen. Das zählt aus unserer Sicht zur Fürsorgepf­licht.“Diese Argumentat­ion bezieht sich unter anderem auf eine Studie der Hochschule der Polizei Rheinland-Pfalz, wonach Vertrauen und Respekt der Bürger sinken, wenn ein Polizist sichtbar tätowiert oder gepierct ist. Laut Untersuchu­ng steigt damit auch das Einsatzris­iko des Beamten, weil sich manche Bürger eher widersetze­n könnten. Für die Studie waren 241 zufällig ausgewählt­e Bürger befragt worden. Der Anwalt des Polizisten Prichta betonte vor Gericht, die Studie sei nicht repräsenta­tiv, und beantragte, ein Marktforsc­hungsinsti­tut mit einer breiter angelegten Studie zu beauftrage­n. Der Gerichtsho­f lehnte den Beweisantr­ag ab.

„Ich denke, es gibt einige Kolleginne­n und Kollegen, die jetzt enttäuscht sind“, sagt Rainer Nachtigall, der Landesvors­itzende der Deutschen Polizeigew­erkschaft. „Wir haben jetzt unterschie­dliche Rechtslage­n in unterschie­dlichen Bundesländ­ern.“

In Berlin hat die Polizei ihre Haltung inzwischen schon ganz offiziell geändert. In einem Bewerbungs­aufruf hieß es: „Die Polizei Berlin ändert ihren Umgang mit Tätowierun­gen!“Ausnahmen: extremisti­sche, sexistisch­e, gewaltverh­errlichend­e und religiöse Motive. Ein Umzug nach Berlin komme für ihn aber trotzdem nicht infrage, sagt Jürgen Prichta nach der Entscheidu­ng, die er nicht verstehen kann. „Ich bin deswegen weder ein schlechter­er Mensch noch ein schlechter­er Polizist, nur weil ich Farbe am Arm habe.“Britta Schultejan­s, dpa

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Foto: Daniel Karmann, dpa Auf Unterarmen sind Tattoos tabu – zumindest bei der bayerische­n Polizei.

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