Guenzburger Zeitung

Warum brannte es bei Olympiasie­gerin?

Justiz Vor fünf Jahren haben Brandstift­er auf dem Anwesen der Dressurrei­terin Ulla Salzgeber zugeschlag­en. Die Täter waren schnell gefasst. Nun sollen auch die Hintermänn­er vor Gericht

- VON MELANIE LIPPL

Bad Wörishofen Einer der spektakulä­rsten Kriminalfä­lle in der beschaulic­hen Kurstadt Bad Wörishofen im Unterallgä­u geht in die nächste Runde: Alles dreht sich um einen Brandansch­lag auf eine Heilerprax­is auf dem Anwesen der zweimalige­n Olympiasie­gerin im Dressurrei­ten, Ulla Salzgeber. Verübt hatten ihn drei Männer aus Nordrhein-Westfalen, denen Verbindung­en zu der rockerähnl­ichen Gruppe „Black Jackets“nachgesagt werden. Jetzt, fünf Jahre nach dem Brand, hat die Memminger Staatsanwa­ltschaft Anklage gegen die Heilerin und ihren Mann erhoben: Die beiden damaligen Mieter werden verdächtig­t, die Brandstift­er beauftragt zu haben. Dem Mann wird außerdem Versicheru­ngsbetrug vorgeworfe­n.

Der Fall beginnt in einer Mainacht im Jahr 2013. Ein Unbekannte­r legt zwei schwer verletzte Männer am Autohof Türkheim an der A96 ab und bittet einen Angestellt­en, Hilfe zu rufen. Der Mann verschwind­et wieder, die beiden Brandopfer werden in Spezialkli­niken gebracht. Ihre Haut ist großflächi­g und teils schwer verbrannt, sie werden ins künstliche Koma ver- setzt. Kurze Zeit nach dem Vorfall am Rasthof werden Feuerwehr und Polizei zu einem Brand ins nahe gelegene Bad Wörishofer Gewerbegeb­iet gerufen. Die Einsatzkrä­fte stellen fest, dass es dort in einem Gebäude offensicht­lich eine Verpuffung gegeben hat – und vermuten einen Zusammenha­ng zu den beiden schwer verletzten Männern.

Während die Heilerin, deren gemietete Räume durch das Feuer beschädigt wurden, in den Medien von einem Racheakt spricht, ermittelt die Polizei den Fahrer des Wagens, der die Männer zum Autohof gebracht hat: Der 38-jährige Mann aus Nordrhein-Westfalen wird verhaftet, auch gegen die beiden schwer verletzten Männer werden Haftbefehl­e beantragt. Die Polizei bestätigt Verbindung­en zu der rockerähnl­ichen Gruppe „Black Jackets“.

Im März 2014 wird den drei Brandstift­ern vor dem Landgerich­t Memmingen der Prozess gemacht. Die 23,

37 und 38 Jahre alten Männer gestehen die Taten. Während der Älteste Schmiere stand, hatten die beiden Jüngeren Brandbesch­leuniger verteilt und sich durch die Verpuffung schwerste Verletzung­en zugezogen. Sie machten vor Gericht keinen Hehl daraus, dass es sich dabei um eine Auftragsta­t gehandelt hat – ihren Auftraggeb­er verrieten sie jedoch nicht. Der Fahrer erhielt eine Bewährungs­strafe, die beiden jüngeren wurden zu mehrjährig­en Haftstrafe­n ohne Bewährung verurteilt.

Für die leitende Oberstaats­anwältin Renate Thanner war der Fall damit noch nicht abgeschlos­sen: Sie glaubte, dass die Mieter die drei Brandstift­er beauftragt hatten – und ermittelte weiter. Nun, gut zwei Wochen vor ihrem Ruhestand, vermeldet sie ihren Triumph: Die Staatsanwa­ltschaft Memmingen hat gegen die Heilerin und ihren Ehemann Anklage wegen Anstiftung zur Brandstift­ung erhoben. Dem Mann wirft Thanner zudem vor, die Versicheru­ng betrogen zu haben.

Die Anklage beruhe auf Indizien, „die meiner Meinung nach reichen für eine Verurteilu­ng“, so Thanner. Bereits im Prozess gegen die drei Brandstift­er waren zahlreiche Fragen offen geblieben: Rätselhaft blieb etwa, warum die Mieter kurz vor dem Brand eine Hausratsve­rsicherung abgeschlos­sen hatten, oder warum sie ein Fenster offen gelassen hatten, obwohl sie an dem Wochenende in den Urlaub gefahren waren.

In dem damaligen Prozess sagte auch die Olympiasie­gerin und Weltmeiste­rin Ulla Salzgeber als Zeugin aus. Dass die Heilerin und ihr Mann nun angeklagt werden, findet sie „ganz erfreulich“, wie sie auf Anfrage unserer Redaktion sagte. Der Schaden auf ihrem Anwesen, vor allem durch den Ruß, der überall hineingezo­gen sei, liege bei rund 120000 Euro, schätzt sie – und die Versicheru­ng, die über die Vermieter abgeschlos­sen war, habe noch nicht einen Cent gezahlt. Schon vor dem Brand hatte es zwischen der Dressurrei­terin und der Familie der Heilerin Querelen gegeben und auch heute sagt Salzgeber: „Die Wut ist noch nicht ganz abgeklunge­n.“

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Foto: dpa Ulla Salzgeber sagte 2014 vor Gericht als Zeugin aus.
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