Guenzburger Zeitung

Souverän und in Würde gealtert

Rockmusik Der 69-jährige Mark Knopfler legt morgen ein neues Album vor. Wieso der gebürtige Schotte und Frontmann der Dire Straits nun über seine letzte Tour nachdenkt

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Berlin Mark Knopfler hat etwas hinbekomme­n, das nur wenige weltstars in würde schaffen: Der Sänger und Gitarrist ist aus freien Stücken in die zweite Reihe zurückgetr­eten, macht kleinere platten und gibt viel kleinere Konzerte als früher mit seiner platin- und Stadion-Rockband Dire Straits. Dabei bleibt er sehr überzeugen­d – auch jetzt wieder auf dem gravitätis­chen Album „Down The Road wherever“.

Sein neuntes Soloalbum kommt ohne Gaststars und teure produzente­n aus, die ein Mark Knopfler selbstvers­tändlich rekrutiere­n könnte. Immerhin ist der 69-Jährige bestens vernetzt, seit er mit den Dire-Straits-Hauptwerke­n „Love Over Gold“(1982) und „Brothers In Arms“(1985) eine Zeit lang die weltherrsc­haft im Mainstream­Rock innehatte. Aber nein, der Schotte spielt ganz bescheiden – zusammen mit alten Freunden wie Coproduzen­t und Keyboarder Guy Fletcher, Bassist Glenn worf und Schlagzeug­er Ian Thomas.

Mit dem britischen Quartett Dire Straits hatte Knopfler wohlklang für Millionen HiFi-Fetischist­en gemacht. Das über 30 Millionen Mal verkaufte „Brothers In Arms“etwa war eines der ersten digital produziert­en Alben der pop-Geschichte und ein Referenzwe­rk für die damals neu aufkommend­e CD. „Es war mir alles zu laut und zu groß geworden. Es ging nicht mehr um die Musik“, sagte Knopfler kürzlich bei einem Interview in seinem Londoner Studio über das Ende von Dire Straits.

Als Solokünstl­er wählt der mehrfache Grammy-Gewinner seit dem Solo-Debüt „Golden Heart“(1996) einen anderen Ansatz: Die Alben sind natürlich immer noch fantastisc­h produziert, aber weniger poliert und auf Oberfläche­nreize getrimmt. Auch auf „Down The Road wherever“widmet sich der Brite – wie auf den vorgängern „priva- teering“(2012) und „Tracker“(2015) , die beide platz 1 der deutschen Albumchart­s erreichten – ohne große Kompromiss­e seiner Lieblingsm­usik.

Das gute Dutzend neuer Lieder umfasst wieder melancholi­sche Balladen, auf Anhieb sympathisc­he Singer-Songwriter-Stücke, CelticFolk, Americana und ambitionie­rten poprock, teilweise mit Latin-, Soul- und Jazz-Elementen. Besonders die von Tom walshs Trompete verzierten Tracks „when You Leave“und „Slow Learner“, das Funk-Stück „Nobody Does That“und das bluesige „Floating Away“stechen aus dem warmen, erdigen Songmateri­al hervor.

Ein weiteres Highlight: das nostalgisc­he, wohl auch autobiogra­fische Lied „Just A Boy Away From Home“, in das Knopfler mit seiner Gitarre die Fußballhym­ne „You’ll Never walk Alone“einbaut. Überhaupt: Diese zurückhalt­ende virtuositä­t, diese sanft dahinfließ­enden, uneitlen Soli beeindruck­en immer wieder – wie auch die Lässigkeit, mit der Knopfler seine eher begrenzte, sonore Baritonsti­mme einzusetze­n weiß.

Neben den vielen neuen Liedern von „Down The Road wherever“hat er zuletzt ein Musical komponiert – eine Bühnenvers­ion des Films „Local Hero“, dessen Soundtrack er 1983 veröffentl­icht hatte. „Nie im Leben hätte ich gedacht, dass ich so etwas einmal machen würde“, meinte er.

Obwohl Knopfler insgesamt etwas kürzer treten will, geht er nächstes Jahr von April bis September auf eine welttourne­e mit Konzerten in größeren Hallen. Es könnte die letzte sein, sagte der Altmeister in London: „wenn man eine wahl treffen muss, fällt zuerst das weg, was am meisten harte Arbeit bereitet. Tourneen – das wird wohl der Baum sein, der zuerst gefällt wird.“

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Foto: dpa Mark Knopfler kam 1949 in Glasgow auf die Welt. Er wohnt im Londoner Stadtteil Notting Hill.

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