Der Arbeitsplatz als Zufluchtsort
Sprachforscher behaupten, das Wort „Arbeit“habe im Mittelalter „Mühe“und „Plage“bedeutet. Das hat sich gründlich geändert: Soeben berichtet das Statistische Bundesamt, dass sich gegenwärtig rund 5 Millionen Landsleute nach mehr Arbeit sehnen.
Jetzt sind die Volksbeschauer gefragt. Sie müssen erklären, weshalb die Arbeit ihre Schrecken verloren hat. Natürlich ist bekannt, dass viele Minijobber mehr Zeit in Werkhallen und Büros verbringen möchten, um ihre Einkünfte aufzubessern. Aber zugleich stellt sich die Frage: Sind Mühe und Plage heute ins private Wohnzimmer umgezogen? Findet der Mensch am Arbeitsplatz mehr Sinn und Erfüllung als in den häuslichen vier Wänden?
„Mit dem Eigenheim fängt das Elend an“, titelte kürzlich der
Spiegel. Und die FAZ nannte das eigene Häuschen einen „Beziehungskiller“. Demnach ist zu vermuten, dass viele Hausbesitzer nicht ihr Heim, sondern ihren Arbeitsplatz als erstrebenswerten Aufenthalt empfinden.
Wenn sich das eigene Heim in einen Kriegsschauplatz verwandelt hat, jagt Friedensliebe die Streithähne in die lockende Arbeitswelt. Der Theaterdichter Joseph Alois Gleich hat davon schon 1822 eine Ahnung gehabt. In seiner Posse „Der Eheteufel auf Reisen“lässt er die Hausmeisterfrau Susanne sagen: „Ja, ich habe schon oft von ihm fortgehen wollen, denn Sie müssen wissen, ich kann viel schöne Arbeiten – wer weiß, was geschieht, wenn er mir’s einmal zu toll macht.“