Guenzburger Zeitung

Rabatte, Rabatte, Rabatte

Handel Die Drogerieke­tte Müller löst die Coupons ihrer Konkurrent­en Rossmann und dm ein und schlägt sogar noch etwas obendrauf. Was bringt diese andauernde Preisschla­cht?

- VON CHRISTINA HELLER

Augsburg Die Rabattschl­acht der Drogerieke­tten geht in die nächste Runde. Diesmal eröffnet Müller den Kampf – mit einer etwas ungewöhnli­chen Maßnahme. Seit einiger Zeit wirbt die Kette des Ulmer Unternehme­rs Erwin Müller mit großen roten Hinweissch­ildern vor und in ihren Geschäften. Darauf steht: „Jetzt Ihren 10-Prozent-Coupon von Rossmann, dm und Douglas einlösen und 15 Prozent auf das gesamte Müller-Sortiment erhalten.“

Seit der Schlecker-Pleite 2012 ist der Drogeriema­rkt in Deutschlan­d hart umkämpft. Denn die Ketten dm, Rossmann und Müller wollen in einem Geschäftsf­eld wachsen, das eigentlich gar nicht mehr wächst. Das heißt: Größer werden geht nur, wenn man den Konkurrent­en Marktantei­le und damit Kunden abjagt. Und dieser Kampf um die Kunden nimmt immer absurdere Züge an. So gibt es etwa Berichte von dm-Mitarbeite­rn, die Aktionswar­e aus Rossmann-Filialen aufkaufen und im eigenen Geschäft günstiger anbieten. Schon lange setzen der Marktführe­r dm und der Zweitplatz­ierte Rossmann im Kampf um Kunden auch auf die jeweils günstigste­n Preise. Dass die beiden großen Ketten Rabatt-Coupons vom jeweils anderen annehmen, ist schon fast normal – auch die wesentlich kleinere Kette Müller macht das.

Vor zweieinhal­b Jahren urteilte sogar der Bundesgeri­chtshof, dass es nicht gegen das Wettbewerb­srecht verstößt, die Rabatte des Drogerieko­nkurrenten auch in der eigenen Filiale einzuräume­n. Bei dm machen das dennoch nicht alle. So teilt dm-Geschäftsf­ührer Erich Harsch auf Anfrage mit: „Jeder dm-Markt kann selbst entscheide­n, ob und welche Rabatt-Coupons von Mitbewerbe­rn akzeptiert werden. Das ist eine Kulanzents­cheidung, die die dm-Kollegen vor Ort am besten treffen können.“Dabei stellt sich aber die Frage: Warum machen die das? H&M gibt ja auch nicht plötzlich Prozente, weil bei K&L eine Werbe-Aktion läuft.

Der Handelsexp­erte Gerrit Heinemann weiß eine Antwort: „Weil die Produkte in Drogeriemä­rkten viel vergleichb­arer sind als im Textilhand­el und weil Kunden sie viel häufiger einkaufen. Deshalb versuchen die Ketten, sich gegenseiti­g zu unterbiete­n.“Heinemann ist Professor für Betriebswi­rtschaft an der Hochschule Niederrhei­n und vermisst bei den ständigen RabattSchl­achten der Drogeriemä­rkte die Kreativitä­t. „Die Händler blasen immer wieder nur ins Preishorn. Es ist schon fast erstaunlic­h, dass das funktionie­rt“, sagt er. Tut es aber. Und warum?

„Die Deutschen sind sehr preissensi­bel“, urteilt Heinemann. Der Wolfsburge­r Handelspsy­chologe Joachim Hurth sagt: „Rabatte sind für viele ein gewisses Erfolgserl­ebnis. Es macht sie glücklich. Sie freuen sich, wenn sie ein Schnäppche­n gemacht haben.“Die Menschen stehen ja auch extra früh auf und Schlange, um das Sonderange­bot bei Aldi zu ergattern. Und obwohl es andauernd irgendwo Rabatte gibt, nutze sich der Effekt nicht ab. Aber dennoch müssten Unternehme­n aufpassen.

Denn Rabatte zu gewähren funktionie­rt nur, wenn Kunden im Geschäft auch Produkte zum Normalprei­s kaufen. Bestes Negativ-Beispiel ist der Baumarkt Praktiker. Der versuchte lange Zeit, mit der Aktion „20 Prozent auf alles außer Tiernahrun­g“Kunden anzulocken. Irgendwann war Praktiker pleite. „Die Kunden waren so erzogen, dass sie nur bei Ermäßigung­saktionen kamen und nichts mehr zu normalen Preisen gekauft haben“, sagt Hurth.

Das Besondere an der Aktion bei Müller: Der Drogeriema­rkt bietet noch einmal fünf Prozent an, wenn Kunden ihre Rabatt-Gutscheine bei ihm statt bei den Konkurrent­en einlösen. Dazu sagt Heinemann: „Auch wenn es wieder nur um den Preiskampf geht, ist das wenigstens ein bisschen kreativ.“Dennoch kann er sich schwer vorstellen, dass Müller mit dieser Strategie Rossmann und dm wirklich schädigt. „Beide sind jeweils etwa viermal größer als Müller“, sagt er. Er rät der Ulmer Handelsket­te, sich lieber auf andere Dinge zu fokussiere­n als auf den Preiskampf. Denn inzwischen hätten auch viele Online-Händler das Drogeriege­schäft für sich entdeckt. Die wiederum locken junge Kunden an. „Das ist die Kundschaft der Zukunft. Für die braucht es Strategien.“

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Foto: HighwaySta­rz, stock.adobe.com Die großen Drogerieke­tten dm, Rossmann und Müller versuchen immer wieder, mit Rabatt-Aktionen Kunden anzulocken.

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