Guenzburger Zeitung

Finger weg vom Smartphone

Polizei Drei Carabinier­i werden im Dienst beim Tippen auf ihren Telefonen abgelichte­t. Das passt den Italienern gar nicht

- VON JULIUS MÜLLER-MEININGEN

Rom Es ist ein bekanntes Gefühl. Man steht mit Bekannten herum, das Gespräch kommt zum Erliegen, es wird still. Aber anstatt die Stille zu ertragen, zückt man das Smartphone. E-Mails checken, Nachrichte­n beantworte­n, eine App öffnen. So ging es wohl auch drei italienisc­hen Carabinier­i, die in diesem Sommer allzu entspannt ihren Dienst versahen und tief versunken über den Bildschirm­en ihrer Mobiltelef­one meditierte­n. Das Dumme für sie war: Ein anonymer Beobachter hielt die Szene (per Smartphone) fest und löste nun Empörung im ganzen Land aus.

Die Beamten, die in Sorge um die öffentlich­e Sicherheit besonders aufmerksam sein müssten, erliegen der Attraktivi­tät der elektronis­chen Schaltkrei­se in ihren Händen. Das Generalkom­mando der zum italienisc­hen Militär zählenden Carabinier­i reagierte nun mit einem Handyverbo­t für die Beamten – zumindest, was den privaten Gebrauch der Geräte im Dienst angeht.

Dabei sei nämlich „höchste Aufmerksam­keit“gefordert. Das „Kontrollie­ren von Chats, Nachrichte­n und Applikatio­nen“beeinträch­tige die Konzentrat­ion und die „Effizienz der Aktivität“der Carabinier­i. Nachteilig wirke sich die Benutzung der Smartphone­s also nicht nur auf die Sicherheit der Öffentlich­keit, sondern auch auf die des Polizeiper­sonals selbst aus. Tatsächlic­h machen sich viele Italiener gerade über die einst als Inbegriff der Integrität geltende Institutio­n lustig. Die italienisc­hen Carabinier­i haben ihren einst guten Ruf mehrfach befleckt – etwa durch Erpressung­en von ausschweif­enden Politikern, aber auch durch ungerechtf­ertigte Gewalttate­n. In diesen Situatione­n hätte man sich also durchaus von ihren Handys abgelenkte Beamte gewünscht.

Das Sicherheit­sbedürfnis vieler Italiener wächst übrigens offenkundi­g. 4,5 Millionen Italiener sollen inzwischen eine eigene Waffe zu Hause aufbewahre­n. Was man nicht so recht versteht, die Sicherheit­sgesetzgeb­ung der Regierung ist nämlich so ambitionie­rt wie lange nicht. Und außerdem sinken die Straftaten-Zahlen.

Haben die Carabinier­i also gute Gründe, sich bei WhatsApp zu entspannen? Es passiert ja doch nicht viel in ihrer Gegenwart, schon gar nicht an einem lauen Sommeraben­d auf der Piazza. Vielmehr halten die Beamten den meisten von uns einen Spiegel vor. Das britische Marktforsc­hungsinsti­tut YouGov hat jüngst eruiert, dass 53 Prozent aller Smartphone-Nutzer Angstzustä­nde bekommen, sobald ihre Mobiltelef­one keine Batterie, keinen Kredit oder keine Daten mehr haben. Auf die drei entspannte­n Carabinier­i auf dem Foto trifft das offenbar nicht zu.

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Foto: Julius Müller-Meiningen Dieses Bild empörte die italienisc­he Öffentlich­keit.

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