Guenzburger Zeitung

Rochen auf Reisen: Vom Legoland nach Hannover

Das Fischweibc­hen Milka zieht vom Legoland-Aquarium nach Hannover um. Von dort kommen dafür zwei Männchen. Wie Günzburger Biologen die Tiere nun auf ihre neue Heimat vorbereite­n

- VON PHILIPP WEHRMANN (TEXT) UND BERNHARD WEIZENEGGE­R (FOTOS)

Fischweibc­hen Milka zieht um – dafür kommen zwei Männchen nach Günzburg. Wie Biologen sich hier um die Tiere kümmern.

Günzburg Ein kleiner Lastwagen steht am Hintereing­ang des Aquariums Atlantis im Legoland. Es schneit, der Freizeitpa­rk ist im Winter menschenle­er. Der Fahrer öffnet erst die rechte, dann die linke Hecktüre des Fahrzeugs. Im Laderaum steht ein Behälter, der einer riesigen Badewanne ähnelt. Die Atlantis-Biologen Uwe Keller und Silke Busch blicken von oben auf den weißen Deckel. Als der Fahrer ihn hebt, kommen zwei Rochen zum Vorschein. Die Tiere haben eine Fahrt von Hannover nach Günzburg hinter sich, mehr als 500 Kilometer.

Die beiden Männchen ziehen ins Legoland. Das Günzburger Weibchen „Milka“wohnt dafür künftig in Hannover, weil mit ihr dort Nachwuchs gezüchtet werden soll. Den Namen gaben ihr die Mitarbeite­r wegen ihrer Art: Sie ist ein Kuh- „Lila Flecken hat sie aber nicht“, sagt die Biologin Busch. Seit 2008 lebte sie im Günzburger Aquarium, sie ist also mindestens zehn Jahre alt. Ihr tatsächlic­hes Alter kennt man nicht, weil sie aus dem Meer stammt.

Die Hintertür des Gebäudes führt zur Quarantäne­station. Wie Katzen regelmäßig zum Tierarzt gebracht werden, so müssen auch die beiden Rochen entwurmt werden, bevor sie in das große Aquarium dürfen, erklärt der technisch-biologisch­e Leiter Keller. „Das dauert mindestens vier Wochen.“Diese Zeit verbringen die Tiere in einem provisoris­chen Becken, es misst etwa drei Meter im Durchmesse­r. Seine Kollegin schaltet ein Gerät an, aus dem ein Schlauch führt. „Das ist ein Biofilter. Darin sind viele Bakterien, die das Wasser aufbereite­n.“

Eine Metalltrep­pe führt nach oben. Dort erblickt man die Wasserober­fläche des großen Aquari- das etwa 600 000 Liter fasst. In einem kleinen Nebenbecke­n schwimmt das Rochenweib­chen. Es soll am Tag darauf nach Hannover gebracht werden. Als Busch ihre Hand über das Becken bewegt, taucht der Fisch mit seiner rechten Hälfte kurz auf – vermutlich erwartet das Tier, gefüttert zu werden.

Wenn sie die Becken putzen, schlüpfen die Mitarbeite­r in einen Taucheranz­ug mit Sauerstoff­flasche. Das Futter geben sie den Tieren aber vom Rand des Aquariums. Eine Seite gehört den Haien, die andere den Rochen. Die kleineren Fische bekommen von ihnen getrennt Futter, damit ihnen nichts passiert. „Normalerwe­ise verstehen sie sich, aber beim Füttern muss man aufpassen. Die Tiere merken sich, wo sie hinmüssen“, sagt Busch. „Mit der Zeit lernt man Tiere kennen, auch Fische.“Auch sie hätten einen Charakter, wie ihn Hunde oder Katzen haben. Manche seien schüchnase­nrochen. tern, andere nicht. „Tiere sollte man nicht zu sehr vermenschl­ichen.“Auch was die Menschen angeht, haben die Tiere ihre Vorlieben: „Unser Zackenbars­ch Ocean lässt sich von mir zum Beispiel schlechter füttern als von meiner Kollegin.“

An der Metalltür der Quarantäne­station hängt ein Warnzettel, der die Wirkung des Kuhnasenro­chenGifts beschreibt. „Man stirbt nicht, aber der Kreislauf bricht zusammen“, sagt Busch. Die Tiere tragen einen etwa zehn Zentimeter langen Stachel in der Nähe des Schwanzans­atzes. Meist liegen sie im Sand vergraben. Tritt ein Badeurlaub­er in freier Natur auf das Tier, schnellt der Schwanz nach oben und treibt den Giftstache­l ins Fleisch. Das würden sie aber nur machen, wenn sie meinen, dass sie angegriffe­n werden und sich verteidige­n müssen. „Es ist immer noch ein Wildtier.“

Die Biologin geht durch eine Tür in den Besucherbe­reich. Regelmäums, ßig schwimmen Haie und Rochen über dem Glastunnel durchs Wasser. Beim Anblick von unten sind Männchen und Weibchen leicht zu unterschie­den, sagt Busch. „Die Männchen haben ihre Begattungs­organe wie Menschen außen, allerdings heißen sie Clusper. Davon haben sie gleich zwei, weil einer kaputtgehe­n kann.“

Wenn die mehrwöchig­e Wurmkur vorüber ist, dürfen die beiden Neulinge ins große Becken. „Wahrschein­lich sausen sie dann mit den anderen sieben Rochen ein paar Runden durchs Aquarium“, sagt Busch. Es dauere nicht lang, bis sie Teil des Schwarms seien. Milka ist gut in Hannover angekommen, heißt es später vom Legoland. „Als sie ankam, kam gerade ein Blaupunktr­ochenbaby zur Welt.“

» Mehr Fotos vom Rochenumzu­g finden Sie unter guenzburge­r-zeitung.de/lokales.

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Die beiden neuen Kuhnasenro­chen werden vom technisch-biologisch­en Aquariumsl­eiter Uwe Keller und seiner Stellvertr­eterin Silke Busch in ihr Übergangsb­ecken gebracht. Im oberen rechten Bild ist Milka zu sehen, die mittlerwei­le mit einem speziellen Lastwagen (rechtes unten) nach Hannover gebracht wurde.
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