Rochen auf Reisen: Vom Legoland nach Hannover
Das Fischweibchen Milka zieht vom Legoland-Aquarium nach Hannover um. Von dort kommen dafür zwei Männchen. Wie Günzburger Biologen die Tiere nun auf ihre neue Heimat vorbereiten
Fischweibchen Milka zieht um – dafür kommen zwei Männchen nach Günzburg. Wie Biologen sich hier um die Tiere kümmern.
Günzburg Ein kleiner Lastwagen steht am Hintereingang des Aquariums Atlantis im Legoland. Es schneit, der Freizeitpark ist im Winter menschenleer. Der Fahrer öffnet erst die rechte, dann die linke Hecktüre des Fahrzeugs. Im Laderaum steht ein Behälter, der einer riesigen Badewanne ähnelt. Die Atlantis-Biologen Uwe Keller und Silke Busch blicken von oben auf den weißen Deckel. Als der Fahrer ihn hebt, kommen zwei Rochen zum Vorschein. Die Tiere haben eine Fahrt von Hannover nach Günzburg hinter sich, mehr als 500 Kilometer.
Die beiden Männchen ziehen ins Legoland. Das Günzburger Weibchen „Milka“wohnt dafür künftig in Hannover, weil mit ihr dort Nachwuchs gezüchtet werden soll. Den Namen gaben ihr die Mitarbeiter wegen ihrer Art: Sie ist ein Kuh- „Lila Flecken hat sie aber nicht“, sagt die Biologin Busch. Seit 2008 lebte sie im Günzburger Aquarium, sie ist also mindestens zehn Jahre alt. Ihr tatsächliches Alter kennt man nicht, weil sie aus dem Meer stammt.
Die Hintertür des Gebäudes führt zur Quarantänestation. Wie Katzen regelmäßig zum Tierarzt gebracht werden, so müssen auch die beiden Rochen entwurmt werden, bevor sie in das große Aquarium dürfen, erklärt der technisch-biologische Leiter Keller. „Das dauert mindestens vier Wochen.“Diese Zeit verbringen die Tiere in einem provisorischen Becken, es misst etwa drei Meter im Durchmesser. Seine Kollegin schaltet ein Gerät an, aus dem ein Schlauch führt. „Das ist ein Biofilter. Darin sind viele Bakterien, die das Wasser aufbereiten.“
Eine Metalltreppe führt nach oben. Dort erblickt man die Wasseroberfläche des großen Aquari- das etwa 600 000 Liter fasst. In einem kleinen Nebenbecken schwimmt das Rochenweibchen. Es soll am Tag darauf nach Hannover gebracht werden. Als Busch ihre Hand über das Becken bewegt, taucht der Fisch mit seiner rechten Hälfte kurz auf – vermutlich erwartet das Tier, gefüttert zu werden.
Wenn sie die Becken putzen, schlüpfen die Mitarbeiter in einen Taucheranzug mit Sauerstoffflasche. Das Futter geben sie den Tieren aber vom Rand des Aquariums. Eine Seite gehört den Haien, die andere den Rochen. Die kleineren Fische bekommen von ihnen getrennt Futter, damit ihnen nichts passiert. „Normalerweise verstehen sie sich, aber beim Füttern muss man aufpassen. Die Tiere merken sich, wo sie hinmüssen“, sagt Busch. „Mit der Zeit lernt man Tiere kennen, auch Fische.“Auch sie hätten einen Charakter, wie ihn Hunde oder Katzen haben. Manche seien schüchnasenrochen. tern, andere nicht. „Tiere sollte man nicht zu sehr vermenschlichen.“Auch was die Menschen angeht, haben die Tiere ihre Vorlieben: „Unser Zackenbarsch Ocean lässt sich von mir zum Beispiel schlechter füttern als von meiner Kollegin.“
An der Metalltür der Quarantänestation hängt ein Warnzettel, der die Wirkung des KuhnasenrochenGifts beschreibt. „Man stirbt nicht, aber der Kreislauf bricht zusammen“, sagt Busch. Die Tiere tragen einen etwa zehn Zentimeter langen Stachel in der Nähe des Schwanzansatzes. Meist liegen sie im Sand vergraben. Tritt ein Badeurlauber in freier Natur auf das Tier, schnellt der Schwanz nach oben und treibt den Giftstachel ins Fleisch. Das würden sie aber nur machen, wenn sie meinen, dass sie angegriffen werden und sich verteidigen müssen. „Es ist immer noch ein Wildtier.“
Die Biologin geht durch eine Tür in den Besucherbereich. Regelmäums, ßig schwimmen Haie und Rochen über dem Glastunnel durchs Wasser. Beim Anblick von unten sind Männchen und Weibchen leicht zu unterschieden, sagt Busch. „Die Männchen haben ihre Begattungsorgane wie Menschen außen, allerdings heißen sie Clusper. Davon haben sie gleich zwei, weil einer kaputtgehen kann.“
Wenn die mehrwöchige Wurmkur vorüber ist, dürfen die beiden Neulinge ins große Becken. „Wahrscheinlich sausen sie dann mit den anderen sieben Rochen ein paar Runden durchs Aquarium“, sagt Busch. Es dauere nicht lang, bis sie Teil des Schwarms seien. Milka ist gut in Hannover angekommen, heißt es später vom Legoland. „Als sie ankam, kam gerade ein Blaupunktrochenbaby zur Welt.“
» Mehr Fotos vom Rochenumzug finden Sie unter guenzburger-zeitung.de/lokales.