Die Heimat als Thema bleibt auch nach 70 Jahren aktuell
In der Reihe „Abgestaubt und ausgestellt“ist die erste Ausgabe der Günzburger Zeitung von 1948 zu sehen
Günzburg Geschichten und Geschichte – beides hat die Günzburger Zeitung in den vergangenen 70 Jahren geschrieben. Anlass genug für den Historischen Verein und Museumsleiter Raphael Gerhardt, die zweite Ausstellung in der neuen Reihe „Abgestaubt und ausgestellt“im Rokokosaal des Günzburger Museums der Heimatzeitung für den nördlichen Landkreis zu widmen.
Wie hat sich die Presselandschaft in Schwaben kurz nach Ende des Krieges entwickelt, wie sah die Zeitung damals aus, worüber wurde in der ersten Ausgabe der Günzburger Zeitung vom 15. September 1948 berichtet? Antworten gibt in knapper und dennoch lehrreicher Form, in Wort und Bild, diese aktuelle Ausstellung. Wie sieht die Medienlandschaft heute aus? Darüber sprach bei der Vernissage am Dienstagabend Raphael Gerhardt mit Rebekka Jakob, der stellvertretenden Redaktionsleiterin der GZ.
Die erste Ausgabe der Günzburger Zeitung, zu sehen in einer Vitrine im Rokokosaal, ist reichlich vergilbt. Kein Wunder nach 70 Jahren. Verblichen sind auch die Themen, die Mitte September 1948 im überregionalen Teil der Zeitung eine Rolle spielten. Lebt Hitler noch, die Auswirkungen der Währungsreform, die Blockade Berlins durch die Sowjets oder die Frage, was mit Italiens Kolonien geschehen soll.
Schon vertrauter wirken die ersten Berichte im notgedrungen knappen Lokalteil der seinerzeitigen GZ. In Günzburg und Ichenhausen ging es um die Ansiedlung von Gewerbe, behandelt wurde die Wohnungsnot, im Sportteil wurde über Handball (und Boxen) berichtet. In den beiden Günzburger Kinos war Seichtes zu sehen – eine willkommene Abwechslung in den harten Jahren nach dem Krieg. Die Streifen liefen unter der Rubrik Heimatfilm.
Stichwort Heimat: Curt Frenzel, Gründer, Verleger und Chefredakteur der damaligen Schwäbischen Landeszeitung, der heutigen Augsburger Allgemeinen, hatte seine verschiedenen Lokalausgaben, darunter die Günzburger Zeitung, bewusst als „Heimatblatt“herausgegeben. Der Begriff Heimat hat auch heute wieder Konjunktur. Wie offenbar stets in Zeiten des tief greifenden Wandels und einem damit verbundenen Gefühl der Unsicherheit. Um 1900, so rief Museumsleiter Gerhardt in Erinnerung, hatten die Folgen der Industrialisierung und der Globalisierung zu einem nachhaltigen Heimatdiskurs geführt. Die Zeiten waren plötzlich schnelllebig, unsicher und wenig kalkulierbar – wie heutzutage.
Was ist Heimat? Antworten gibt es viele. „Heimat ist da, wo man sich aufregt“, zitierte Gerhardt eine der vielen Definitionen. Das gilt auch für eine Heimatzeitung. Besser, die Leser regen sich notfalls auf. „Das zeigt, dass sie sich mit der Zeitung beschäftigen“, erklärte Rebekka Jakob. Der Reiz des Lokaljournalismus liege darin, über jene Menschen zu schreiben, denen man tagtäglich begegnet. Das bedeutet einerseits Nähe. Andererseits sei Distanz vonnöten, etwa im Umgang mit der Politik. Es ist ein Spagat.
Haben Zeitungen in gedruckter Form noch eine Zukunftschance? Rebekka Jakob zeigte sich zuversichtlich. Gerade wegen aller digitalen Kanäle, die auch die Günzburger Zeitung im Angebot hat – Internet, Facebook, E-Paper, Nachrichten aufs Handy oder Newsletter. Die stellvertretende Redaktionsleiterin der GZ: „Wir sind gut aufgestellt.“
In den vergangenen gut 20 Jahren waren die Zeitungsverlage einem radikalen technischen Wandel unterworfen. Digital statt analog, noch mehr noch schneller. Bei allen Veränderungen: Bleiben wird der Journalismus. Als „wichtiger Bestandteil des Alltags“, wie Oberbürgermeister Gerhard Jauernig erklärte, als eine Grundlage der Meinungsbildung sowie als „wohlwollend bis fair-kritischer“Begleiter und Chronist des Geschehens in Stadt und Kreis Günzburg.
Stefan Baisch, der Vorsitzende des Historischen Vereins, dankte der Günzburger Zeitung für jenen Raum, den sie über die Jahre dem Günzburger Museum und den geschichtlichen Themen zur Verfügung stelle. Gewissermaßen ein Dankeschön dafür ist die aktuelle Ausstellung im Heimatmuseum. Die Ausstellung „Abgestaubt und ausgestellt – 70 Jahre Günzburger Zeitung“ist bis 23. Dezember bei freiem Eintritt zu sehen. Geöffnet ist das Günzburger Museum in der Rathausgasse 2 jeweils samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr.