Proteste gegen Heim-Aus
Gegen die geplante Schließung des Seniorenheims in Dinkelscherben protestieren rund 300 Menschen. Gemeinde will gegen die Entscheidung der Hospitalstiftung rechtlich vorgehen
Dinkelscherben Die Menschen vor dem Seniorenheim in Dinkelscherben sind stocksauer. Am Dienstagabend demonstrieren hier – zwischen Kirche und Heim – rund 300 Bürger. Immer wieder brüllt jemand aufgebracht aus der Menge, während die Protestführer über Lautsprecher von einem Transporter sprechen. „Unverschämtheit“, schreit eine Frau. Alle hier wollen die geplante Schließung der über 400 Jahre alten Einrichtung unbedingt verhindern.
Vorne auf der Ladefläche des Transporters steht auch der Dinkelscherber Bürgermeister Edgar Kalb. Er fordert die Hospitalstiftung erneut auf, ihr Vermögen offenzulegen. Eine gute Gelegenheit dazu wäre die Gemeinderatssitzung nach der Kundgebung gewesen, meint Kalb. Doch die Stiftungsmitglieder haben eine entsprechende Einladung abgelehnt. Begründung: „nicht zielführend“. Dass die notwendige Sanierung des Seniorenheims tatsächlich zu teuer ist, wollen viele Dinkelscherber nicht glauben.
Die Marktgemeinde will nun rechtlich gegen den Beschluss zur Heimschließung vorgehen. Das wurde in der nicht öffentlichen Sitzung nach der Demo einstimmig beschlossen. Außerdem soll künftig der Dinkelscherber Bürgermeister als Vertreter in dem Ausschuss sitzen, der das Heim-Aus beschlossen hat. „Damit ist sichergestellt, dass in Zukunft jede Korrespondenz übers Rathaus läuft“, sagt Kalb. Den Beschluss zur Schließung hält er für rechts- und satzungswidrig. Ziel sei nun „eine einstweilige Verfügung zum Stopp aller Verlagerungsaktivitäten“.
Das sieht auch der Dinkelscherber Josef Guggemoos so. Er ist einer der Initiatoren des Aktionsbündnis- ses gegen die Schließung des Heims. Bei der Kundgebung zitiert er aus der Satzung der Hospitalstiftung. Darin heißt es, dass der Zweck der Stiftung die „Betreuung und Pflege, Unterbringung und Versorgung alter, gebrechlicher oder der Hilfe bedürftiger Menschen“, ist. Daneben ist geregelt, dass die Stiftung zur Erfüllung dieser Aufgabe zwei Seniorenheime in Dinkelscherben und Zusmarshausen „errichtet, unterhält und betreibt“.
Auch zur finanziellen Situation der Stiftung äußert sich Guggemoos. In deren Satzung steht, dass sich ihr Grundstockvermögen auf rund 640000 Euro beläuft (Stand 2012). Das Jahrhunderte alte Hospitalgebäude hat demnach einen Versicherungswert von 389000 Euro. Die 1,8 Hektar Baugrund der Stiftung werden mit rund 18000 Euro bewertet. „Das ist natürlich viel zu wenig“, sagt Guggemoos. Tatsäch- lich sei der Wert und damit das Vermögen der Stiftung „um ein Vielfaches höher“. Außerdem zahle jeder Bewohner des Heims in Dinkelscherben eine sogenannte Investitionszulage. Die liege bei rund 300 Euro monatlich, das sind bei 75 Bewohnern rund 270 000 Euro im Jahr. Dabei werde seit Jahren kein Geld mehr für die Sanierung im Hospital ausgegeben, meint Guggemoos.
Zum Vermögen der Hospitalstiftung möchte sich deren Anwalt Guntram Baumann auf Nachfrage nicht äußern. Die Investitionszulage werde zum einen zur Tilgung von Zinsen, zum anderen für Reparaturen in der Einrichtung verwendet.
Die notwendigen Sanierungskosten sollen bei mindestens acht Millionen Euro liegen. Das könne sich die Hospitalstiftung nicht leisten. Auch wegen des teuren Neubaus des Seniorenheims St. Albert in Zusmarshausen. Denn: Durch den Neubau habe man ein hohes Darlehen zur Finanzierung aufnehmen müssen. Außerdem begründet die Hospitalstiftung das geplante HeimAus mit Personalnot. Mit der Schließung des Dinkelscherber Heims könnten Engpässe andernorts, zum Beispiel in Zusmarshausen, aufgefangen werden.
Neben verschiedenen Bürgern spricht bei der Kundgebung vor dem Heim auch der Arzt Dr. Bernhard Meurers, der viele der betroffenen Senioren als Patienten kennt. Für sie sei die Schließung auch aus medizinischer Sicht höchst problematisch. „Auch wenn ein Großteil der Bewohner nach Zusmarshausen kommt, können wir eine medizinische Versorgung von Dinkelscherben nicht gewährleisten“. Das ginge nur „ortsnah“. Deshalb sammelt auch Meurers Unterschriften für den Erhalt des Heims – 1000 seien bereits zusammengekommen.