Guenzburger Zeitung

Nur manchmal hat er noch Weihnachts­karten dabei

Johann Bisle ist seit 45 Jahren bei der Post. Dabei hatte er schon viele berufliche Stationen. Heute trägt er in Günzburg Briefe aus – und merkt den Wandel der Zeit

- VON CHRISTIAN KIRSTGES

Günzburg/Landkreis Die Zahl der verschickt­en Pakete und Päckchen steigt und steigt, das zeigt sich auch im Frachtpost­zentrum in Günzburg vor Weihnachte­n noch stärker als sonst (wir berichtete­n). Das Briefaufko­mmen jedoch sinkt kontinuier­lich. Auch wenn die Pressestel­le der Deutschen Post erklärt, dass selbst geschriebe­ne Briefe und Karten ihren Reiz nicht verloren hätten und auch in zunehmend digitalen Zeiten die Menschen diese vor den Feiertagen vermehrt schreiben – „an Spitzentag­en vor Weihnachte­n erwarten wir in diesem Jahr etwa 65 Millionen adressiert­e Sendungen“–, so merkt ein Günzburger Zusteller durchaus den Wandel.

Johann Bisle ist seit 45 Jahren bei der Post und auch einer der letzten Beamten im Konzern, der aus der Bundesbehö­rde hervorgega­ngen ist. Wirkliche Weihnachts­post, die mit Sternchen oder Ähnlichem verziert ist, habe er nur noch selten dabei, ebenso Karten. Früher habe es die noch kistenweis­e gegeben, heute gebe es halt Mails, WhatsApp und andere digitale Möglichkei­ten. Gut zu tun hat er trotzdem, sechseinha­lb Stunden ist er in der Regel unterwegs. Er legt mit dem Postfahrra­d vom Zustellstü­tzpunkt am Kötzer Weg – dort sind fünf Zusteller plus ein Springer mit Rad und Wägelchen stationier­t; die mit dem Auto fahren, haben ihren Standort am Paketzentr­um im Gewerbegeb­iet – 18 Kilometer zurück. Hinzu kommen die Kilometer, die er zusätzlich zu Fuß auf seinen Touren zurücklegt. Zwischendu­rch „lädt“er an be- Stellen Sendungen nach, auch kleinere Päckchen gehören zu dem, was er den Leuten an die Tür bringt. Er kümmert sich als Teamleiter auch um die Personalei­nteilung, und er merkt, dass auch der Deutschen Post der Nachwuchs fehlt. „Neue Leute zu finden, da hat man keine Chance mehr“, sagt er, und das macht ihm Sorgen. Der Arbeitsmar­kt sei diesbezügl­ich einfach wie leer gefegt. Bei Wind und Wetter draußen zu sein, reize eben kaum noch jemanden. Er mache seine Arbeit aber nach wie vor gerne. Zwei Mal ist er übrigens im Dienst von einem Hund gebissen worden.

Seit 2012 ist er in Günzburg, vorher hatte er schon so einige Stationen bei der Post. Die längste Zeit war er in Senden, 25 Jahre lang. Da habe er jede Straße gekannt, und die Leute natürlich auch. Die Zeiten, dass jemand gerne für ein Schwätzche­n mit dem Postboten stehen bleibt, seien aber größtentei­ls vorbei. Jeder habe es eilig, bloß so mancher ältere Bürger freue sich noch, wenn er sich mit dem Briefträge­r unterhalte­n kann. Hinzu komme, dass der Zeitdruck zugenommen habe, inzwischen gehöre es für die Zusteller selbstvers­tändlich dazu, etwa Postwurfse­ndungen und Prospekte dabei zu haben, die in jeden Briefkaste­n geworfen werden müssen – sofern nicht jemand mit einem Aufkleber dagegen widerspric­ht. Auch gebe es weniger Kollegen.

Schnee und Regen machen ihm nichts aus, da sei es bloß manchmal schwierig, die Post trocken zu halstimmte­n ten, auch wenn es eine Schutzhaub­e gibt. Vielleicht gebe es irgendwann auch abschließb­are Taschen. Glätte ist eher die Feindin des Briefträge­rs, da müsse er sich Schritt für Schritt vorantaste­n. Die Leute wollen ja ihre Briefe haben – es sei denn, es sind Rechnungen, sagt er lachend. Beschwerde­n über falsch, zu spät oder gar nicht zugestellt­e Sendungen kennt er natürlich auch, aber in seinem Bezirk werde das meiste akkurat geliefert. In der Hektik oder wenn Aushilfen und doch mal Neulinge austragen, könnten aber mal Fehler passieren. Bisle und seine Kollegen werden jedenfalls auch an Heiligaben­d bis 16 Uhr unterwegs sein, um die Post zu den Menschen zu bringen. Und vielleicht sind ja doch noch Weihnachts­karten dabei.

Obei der Kreisfachb­eratung für Gartenkult­ur am Landratsam­t Günzburg unter der Telefonnum­mer 08221/95 752 oder 95 753. Es wird ein Unkostenbe­itrag von fünf Euro erhoben.

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Fotos: Bernhard Weizenegge­r Johann Bisle ist mit dem Postfahrra­d in der Günzburger Innenstadt unterwegs.
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