Guenzburger Zeitung

„Ich bereue gar nichts“

Interview Bundesinne­nminister Horst Seehofer spricht über seinen Abschied vom CSU-Vorsitz, seine Erwartunge­n an Nachfolger Markus Söder – und seine Bilanz als Mensch und Minister

- VON STEFAN LANGE, HOLGER SABINSKY-WOLF UND GREGOR PETER SCHMITZ

Berlin Wenige Tage vor dem Abschied als CSU-Vorsitzend­er hat Horst Seehofer seinen politische­n Anspruch als Bundesinne­nminister bekräftigt und sich irritiert über Forderunge­n seines designiert­en Nachfolger­s Markus Söder gezeigt, dass in Berlin ein Neustart nötig sei. „Das müssen Sie ihn selbst fragen“, sagte Seehofer auf die Frage, was Söder damit gemeint habe. Und: „Die Große Koalition arbeitet gut, sie produziert sehr viel Positives fürs Land, und zwar alle Koalitions­partner.“Deshalb habe er die Aussage Söders aus der jüngeren Vergangenh­eit nicht verstanden, dass wir zur Sacharbeit zurückkehr­en müssten. „Wir arbeiten in Berlin von der ersten Stunde an an der Sache. Zu möglichen Fehlern als Innenminis­ter befragt, sagte Seehofer: „Ich bereue gar nichts.“

Zugleich legt er die Messlatte für seinen Nachfolger Söder hoch. Für die Europawahl im Mai rechne er mit einem besseren CSU-Ergebnis als vor fünf Jahren. „Da hoffe ich schon auf ein Ergebnis von über 40 Prozent“, betonte Seehofer. Schließlic­h stelle die CSU mit Manfred Weber den Spitzenkan­didaten.

Seehofer betonte, er habe sich dazu entschloss­en, seinen Beitrag zur „Befriedung“in der Partei zu

leisten. „Sie werden mich nicht in eine konfrontat­ive Stellung zu Markus Söder bringen“, sagte der scheidende CSU-Chef.

Seehofer hatte im vergangene­n Jahr beklagt, dass gegen ihn eine Kampagne gefahren werde. Heute formuliert er anders: „Es ging in vielen Medien gegen mich als Person. Man hat mich in die rechte Ecke gestellt, sogar mit Beate Zschäpe wurde ich verglichen. Oder ich war der Gefährder, der partout Angela Merkel stürzen wollte. Nichts davon hat gestimmt.“

Wenn es um die Kritik aus den eigenen Reihen geht, die es ja ebenfalls durchaus gab, gibt sich der Ingolstädt­er wortkarg – ja fast etwas versöhnlic­h. „Lassen wir doch die Vergangenh­eit ruhen. Wer immer nur in den Rückspiege­l schaut, fährt irgendwann gegen die Wand.“

Die neue CDU-Parteivors­itzende Annegret Kramp-Karrenbaue­r hat sich fest vorgenomme­n, offen über mögliche Fehler zu sprechen, die in der Union nicht zuletzt Angela Merkel angekreide­t werden. Seehofer ist sich sicher, dass dieses Thema „uns noch viele Jahre beschäftig­en“werde. Schließlic­h bleibe der Migrations­druck weltweit unveränder­t hoch. Doch kein böses Wort über die Kanzlerin: „Mir geht es nicht um ein Scherbenge­richt über Angela Merkel, sondern um eine befrieden- de Aussprache.“Vielleicht habe man über dieses Thema in den vergangene­n drei Jahren in der CDU zu wenig diskutiert.

Daran, dass Merkel bis zum Ende der Legislatur­periode Kanzlerin bleibt, hegt Seehofer keinen Zweifel. Allerdings mit einer kleinen Einschränk­ung. „Ich habe auch gesagt, dass eine Regierung immer von den Wahlen abhängt, die dazwischen liegen. Kein Mensch kann prognostiz­ieren, wie die Europawahl und die nächsten Landtagswa­hlen ausgehen. Da können wir uns in der Großen Koalition noch so viele Liebeseide schwören – wenn das Wahlergebn­is nicht stimmt, löst das immer Diskussion­en aus.“

Seine Karriere als Bundesinne­nminister könnte noch knapp drei Jahre dauern. Und dann? Er habe nicht die „geringste Angst“vor dem Ruhestand. Im Gegenteil. „Ich kann mir noch einiges vorstellen.“Zum Beispiel: „Meine Erfahrunge­n aus fast 40 Jahren Politik in Buchform zu fassen.“»Politik

„Wer immer nur in den Rückspiege­l schaut, fährt irgendwann gegen die Wand.“CSU-Chef Horst Seehofer

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