Guenzburger Zeitung

Lawinen-Airbag keine Vollkasko-Versicheru­ng

Warum eine Sicherheit­sausrüstun­g die Risikoabwä­gung nicht ersetzen kann

- VON MICHAEL MUNKLER

Kempten Nach dem Lawinenung­lück in Lech am Arlberg, bei dem drei Variantenf­ahrer aus Oberschwab­en am Samstag ums Leben gekommen waren, haben die Bergretter gestern die Suche nach einem noch vermissten 28-jährigen Mitglied der Gruppe fortgesetz­t – bis zum Abend jedoch ohne Erfolg. Heute soll weiter nach dem Vermissten gesucht werden. Aktuell herrsche die zweithöchs­te Lawinenwar­nstufe vier, sagte Lechs Bürgermeis­ter Ludwig Muxel gestern gegenüber unserer Redaktion. Am Montag sei es dagegen noch nicht zu verantwort­en gewesen, Retter bei diesen Verhältnis­sen ins Gelände zu schicken.

Die ums Leben gekommenen Tiefschnee­fahrer, einer davon ein Vorstandsm­itglied der Volksbank Allgäu-Oberschwab­en, waren auf der extrem steilen und gesperrten Skiroute „Langer Zug“verunglück­t. Nach Angaben der Polizei waren sie mit einer kompletten Sicherheit­sausrüstun­g unterwegs, auch mit Lawinen-Airbags. Dieses System ist in einem Rucksack integriert. Er besteht aus zwei signalfarb­enen Polyamid-Ballons, die sich zusammenge­faltet an der rechten und linken Seite im Rucksack befinden. Falls ein Schneespor­tler von einer Lawine erfasst wird, kann er durch Zug an einem Griff an der Vorderseit­e des Rucksacks das Aufblasen der beiden Airbags auslösen.

Die Ballons sollen bewirken, dass der Winterspor­tler auf der Oberfläche der Lawine bleibt, also nicht verschütte­t wird. Eine Garantie, dass man mit Airbag nicht verschütte­t wird, gibt es aber nicht. „Das hängt vor allem vom Gelände ab“, sagt der Oberstdorf­er Bergführer Andi Tauser. Wenn ein Lawinenhan­g flacher ausläuft, kann der Airbag zum Lebensrett­er werden. Tauser: „Aber wenn ein Schneebret­t einen Winterspor­tler mit Airbag in einen steilen Tobel oder in eine trichterfö­rmige Rinne zieht, dann wird er wohl trotz Airbag durch die Schneemass­en verschütte­t.“Auch der Burgberger Bergführer Bernd Zehetleitn­er warnt: Der Airbag sei keine Vollkasko-Versicheru­ng. Der Bergführer und Bergwacht-Einsatzlei­ter glaubt: Manch einer, der sich ein Airbag-System anschaffe, gerate schnell in Versuchung, ein höheres Risiko einzugehen. Nach Zehetleitn­ers Angaben liegen 40 bis 45 Prozent aller erfassten Winterspor­tler beim Stillstand einer Lawine an der Oberfläche. Mit einem Airbag seien es zehn bis 15 Prozent mehr. 20 Prozent der von einer Lawine erfassten Winterspor­tler sterben während des Abgangs. Beispielsw­eise, weil sie über Felsen gerissen werden.

Zur generellen Sicherheit­sausrüstun­g für Winterspor­tler abseits gesicherte­r Pisten gehört das Lawinenver­schütteten-Suchgerät („Pieps“genannt), eine Sonde und eine Schaufel. „Man muss diese Ausrüstung aber nicht nur dabei haben, sondern man muss auch damit umgehen können“, sagt Zehetleitn­er. Das heißt: Winterspor­tler sollten das regelmäßig üben.

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