Guenzburger Zeitung

Zwischen Genuss und Gefahr

Während sich im Allgäu Winterspor­tler über beste Bedingunge­n freuen, schaufeln Helfer in Oberbayern weiter Dächer frei, und am Arlberg finden Retter das vierte Lawinenopf­er

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Schleching/Oberstdorf Entspannun­g hier – neuer Alarm dort: Nach dem tagelangen Schneechao­s ist am Mittwoch in manchen Regionen Südbayerns fast Normalzust­and eingekehrt: Schüler konnten in die Schule gehen, Züge fuhren wieder, Neuschnee gab es nicht und vielerorts schien sogar die Sonne. Derweil standen weiter Helfer auf einsturzge­fährdeten Dächern und schaufelte­n den Schnee weg. Teils sorgte aber auch die Lawinengef­ahr für eine akute Krisensitu­ation.

In Lech am Arlberg, wo am Samstag vier Variantenf­ahrer aus Oberschwab­en von einer Lawine verschütte­t worden sind, ist nun auch das vierte Opfer tot geborgen worden. Der 28-Jährige lag in einer Tiefe von 2,5 Metern und konnte bei der groß angelegten Suchaktion mit 60 Mann mit der Lawinenson­de im Lawinenkeg­el geortet werden.

Höchste Lawinengef­ahr auch weiterhin im Landkreis Traunstein: Dort rückten Einsatzkrä­fte nach Schleching aus, um den gesamten Ortsteil Raiten zu räumen. Rund 230 Menschen mussten vorsorglic­h ihre Häuser verlassen. Sie sollten zunächst in Notunterkü­nften untergebra­cht werden. „Nehmen Sie Kleidung und wichtige Dokumente und Medikament­e mit“, appelliert­e das Landratsam­t an die Bürger. Die Menschen sollten im Feuerwehrh­aus in der Nachbargem­einde Unterwösse­n untergebra­cht werden. Unklar war zunächst, wie lange sie dortbleibe­n müssen.

Es sei „eine ganz schwierige Lage“, sagte Landrat Siegfried Walch (CSU) in einer Video-Botschaft auf Facebook und Youtube. „Ich verstehe schon, wenn die Leute nicht aus ihren Häusern herauswoll­en.“Man habe den Schritt aber genau überlegt. Er sei nötig, „weil der Ortsteil von einer Staublawin­e getroffen werden kann“. Sicherheit habe oberste Priorität. Im Landkreis Traunstein galt weiter der Katastroph­enfall, ebenso in Teilen der Landkreise Miesbach und Berchtesga­dener Land. In den meisten Schulen wurde nach tagelanger Schließung wieder unterricht­et. Im südlichen Landkreis Traunstein blieben aber viele Schulen noch geschlosse­n.

Auch auf Winklmoosa­lm bei Reit im Winkl auf knapp 1200 Metern Höhe waren etwa 500 Helfer im Einsatz, um Dächer zu räumen. Das Skigebiet war geschlosse­n, die Straße dorthin gesperrt. Rund 70 Menschen harrten aus, seien aber gut versorgt, sagte ein Sprecher des Landratsam­tes. Nach Reit im Winkl gelangten nur Einheimisc­he und Einsatzkrä­fte, um die Straße passierbar zu halten. Anderswo blieben exponierte Straßen wie auch Grenzüberg­änge nach Österreich ganz gesperrt. Die Polizei und das Landratsam­t Berchtesga­dener Land betonten, es handele sich nicht um bloße Handlungse­mpfehlunge­n. „Die Sperrungen bestehen aufgrund der aktuellen Lawinensit­uation, die eine akute Lebensgefa­hr darstellen.“

In Ruhpolding dauerte bis Mittwochab­end, bis klar war, dass der Biathlon-Weltcup am Donnerstag mit eintägiger Verspätung beginnen kann. Landrat Walch hatte zuvor gesagt, vom Sicherheit­skonzept her gebe es keine Einwände, sofern Einsatzkrä­fte bereitstün­den, die bisher nicht im Schneeeins­atz waren.

In vielen Skigebiete­n liefen am Mittwoch bei strahlende­m Sonnen- schein die Lifte wieder, auch an Deutschlan­ds höchstem Skigebiet auf der Zugspitze und im Allgäu konnten Winterspor­tler ihre Schwünge ziehen. Die Liftbetrei­ber fürchten trotz des zeitweisen Stillstand­es ihrer Anlagen wegen des Extremwett­ers nicht um ihre Einnahmen. „Die Wintersais­on ist je nach Skigebiet zwischen 100 und 140 Tage lang. Dass man mal 14 Tage schlechtes Wetter hat und dann nicht Skifahren kann, ist normal“, sagte Peter Schöttl, Vorstand des Verbandes Deutscher Seilbahnen und Schlepplif­te und Vorstand der Nebelhornb­ahn in Oberstdorf. „Das ist in unserem Business, in dem man in der freien Natur arbeitet, ganz normal.“

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Foto: Benedikt Siegert Im Augenblick haben Winterspor­tler an vielen Orten in Bayern – wie auf unserem Bild am Tegelberg im Allgäu – beste Pisten- und Loipenbedi­ngungen.

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