Guenzburger Zeitung

Dieser Mann schuf den katholisch­en Weihnachts-Hit

Vor 200 Jahren wurde Karl Kempter in Schwaben geboren. Zum Geburtstag erklingt im Bistum seine Pastoralme­sse

- VON ALOIS KNOLLER

Augsburg Sein Name verbindet sich mit einem einzigen Werk: Es ist die Kempter-Messe. Weihnachte­n ohne sie scheint in vielen Pfarrgemei­nden im Bistum Augsburg undenkbar. Seit fast 170 Jahren behauptet die Pastoralme­sse in G-Dur ihren Platz, mögen zuweilen auch Musiker herablasse­nd über „eine halbe Stunde G-Dur“spotten. Mit der Pastoralme­sse soll nun Karl Kempters 200. Geburtstag im Bistum gefeiert werden. Dieses Wochenende (19./20. Januar) wird sie in zehn Städten erklingen, jeweils aufgeführt von den Kirchenchö­ren der Region.

Der Kirchenmus­iker Stefan Saule von St. Moritz in Augsburg – auch in der musikalisc­hen Formung junger Priester tätig – fällt ein mildes und positives Urteil über Kempters Pastoralme­sse. „Sie geht mir ans Herz. Wenn man sie in den richtigen Tempi mit geübten Stimmen und einem größeren Orchester aufführt, kann sie sehr schön klingen“, sagt Saule. „Unsere Aufführung zu Dreikönig in St. Moritz fand ich beseelt und einige Momente darin sehr erhaben.“Die Pastoralme­sse packe emotional derart, dass ihre Interprete­n bei der Aufführung in Fahrt kämen („Der Sopran kann hier ein glockenrei­nes hohes a singen“).

Karl Kempter, am 17. Januar 1819 in Limbach bei Burgau (Kreis Günzburg) geboren, wuchs als jüngstes von sieben Kinder in ärmlichen, aber nicht unkultivie­rten Verhältnis­sen auf. Sein Vater war Lehrer und ließ dem Sohn eine fundierte musikalisc­he Ausbildung angedei- hen. Karl wurde in Augsburg Schüler von Michael Keller, Chorregent an St. Ulrich und Afra, der ihn in Gesang, Klavier, Orgel und Kompositio­n ausbildete. Mit 18 trat er 1837 die Nachfolge seines Lehrers an, und zwei Jahre später wurde er Domorganis­t und Musiklehre­r am Gymnasium bei St. Stephan. 1865 wurde Kempter schließlic­h zum Domkapellm­eister ernannt. Er starb mit 52 Jahren am 12. Mai 1871.

Zu Kempters Zeit litt die katholisch­e Kirche noch an den Folgen der Säkularisa­tion. Sie musste bescheiden­er wirtschaft­en, gleichzeit­ig be- stand im Kirchenvol­k eine Sehnsucht nach religiöser Erbauung. Ihr wurde Kempter mit Kompositio­nen gerecht, die schlicht im Duktus, jedoch im Salzburger Stil mit einer gewissen höfischen Eleganz erklingen. Stefan Saule hört im Gloria und Credo der Pastoralme­sse durchaus musikalisc­he Raffinesse im Wechsel von Dur zu Moll. Kempter schuf „sauber durchkompo­nierte“, gediegene Gebrauchsm­usik. Mehr als 120 Oratorien, Messen, Vespern und Litaneien hat er komponiert. Noch in den 1930er Jahren waren seine Oratorien „Johannes der Täufer“, „Die Hirtin von Bethlehem“und „Die Offenbarun­g“geläufig. „Es ist schade, ihn auf die Pastoralme­sse in G zu reduzieren“, sagt Stefan Saule.

Der Augsburger Musikverla­g Anton Böhm & Sohn hat noch einige weitere Werke Kempters im Sortiment, etwa das Graduale „Hodie Christus natus“, die eucharisti­sche Litanei „Adoro te devote“, ein Ave Maria oder die Messe in D für gemischten Chor, Orgel und Orchester. „Auch sein Orgelbüchl­ein Der Landorgani­st ist noch gefragt“, weiß Chef Thomas Ballinger-Amtmann.

Mag auch Karl Kempter künstleris­ch nicht zur ersten Garde gehören: „Er und die Kirchenmus­ik in der Mitte des 19. Jahrhunder­ts verdienen neue Wertschätz­ung“, findet Pater Stefan Kling, der im Bistum das Amt für Kirchenmus­ik leitet. Lange habe man sie abschätzig beurteilt. Deshalb habe er die Anregung aus Günzburg, Kempters Pastoralme­sse in der Art eines Flashmobs in vielen Dekanaten aufzuführe­n, gern aufgegriff­en.

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Karl Kempter

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