Guenzburger Zeitung

Hamstern auf Britisch

Die Insel legt Vorräte an. Warum wir das dringend auch tun sollten

- VON MICHAEL STIFTER

Das Wort Hamsterkäu­fe gibt es auf Englisch nicht. Aber das ungute Gefühl, es sei an der Zeit, Vorräte anzulegen, ist gerade very british. Weil: Wenn diese Brexit-Sache so weitergeht, könnte es auf der Insel der Unglücksse­ligen bald aussehen wie in der DDR. Leere Regale, keine italienisc­he Salami, von spanischen Orangen ganz zu schweigen. Sie halten das für Panikmache, wo doch die Engländer aus unerfindli­chen Gründen ohnehin so gerne in der Schlange stehen? Von wegen! Eine Firma aus Leeds verkauft seit kurzem „Brexit Boxes“mit allem, was man so braucht, wenn man auf einer einsamen Insel lebt. Tiefkühlko­st, Wasserfilt­er und so. Kostet stolze 295 Pfund, sichert aber das blanke Überleben. Einen Monat lang zumindest. Das Geschäft boomt. Mehr als 600 Kisten sind schon weg. Und jedes Mal, wenn die hilflose Premiermin­isterin mal wieder irgendwo irgendwie irgendein Misstrauen­svotum verliert, leuchten bei den Anbietern die PfundZeich­en in den Augen.

Wussten Sie übrigens, dass der Hamster auch auf Englisch Hamster heißt? Verrückt. Nun ja, wir schweifen ab. Jedenfalls denkt jeder sechste Brite laut einer Studie darüber nach, dem Beispiel des vorausscha­uenden Nagers zu folgen und die Backentasc­hen für schlechte Zeiten zu füllen. Nur was ist eigentlich mit uns – sollten nicht auch wir dringend vorsorgen, ehe Großbritan­nien über Nacht zum Nicht-EU-Ausland wird? Uns fällt jedenfalls eine Menge ein, was unbedingt reingehört in eine anständige „Die-Briten-habenkeine-Lust-mehr-auf-uns-Box“. Diese Kekse, die es immer zum Tee gibt. Und schottisch­er Whisky, klar. Tweed-Klamotten und bittere Orangenmar­melade. Worcesters­auce. Und Weingummi! Ganz wichtig! Oh my God – wir müssen jetzt Schluss machen. Und hamstern gehen.

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