Guenzburger Zeitung

Koalition will schnelles Handynetz notfalls erzwingen

Union und SPD gehen auf offenen Konfrontat­ionskurs zu den großen Telekommun­ikationsan­bietern

- VON MARTIN FERBER

Berlin Die Große Koalition geht auf offenen Konfrontat­ionskurs zu den großen Telekommun­ikationsun­ternehmen beim Stopfen der Funklöcher sowie der geplanten Versteiger­ung der superschne­llen 5G-Mobilfunkf­requenzen. In Ausnahmefä­llen sollen die Deutsche Telekom, der britische Konzern Vodafone und die spanische Telefonica per Gesetz gezwungen werden, ihr Netz für Konkurrent­en zu öffnen (regionales Roaming), wenn ansonsten Funklöcher nicht gestopft werden können. Das aber lehnen diese bislang kategorisc­h ab.

In einem gemeinsame­n Antrag zur Stärkung des ländlichen Raums, der unserer Berliner Redaktion vorliegt, fordern die Fraktionen von CDU/CSU und SPD die Bundesregi­erung auf, im Mobilfunkb­ereich kurzfristi­g die rechtliche­n Grundlagen dafür zu schaffen, „dass es in Ausnahmefä­llen – sowie gegen entspreche­nde Nutzungsen­tgelte – die Möglichkei­t zu einem verpflicht­enden und lokal begrenzten Roaming gibt“. Über den Antrag berät der Bundestag am heutigen Freitag in erster Lesung, danach folgt die weitere Befassung in den Ausschüsse­n. „Insbesonde­re leiden ländliche Regionen zum Teil immer noch unter einer Reihe von Defiziten durch eine unzureiche­nde digitale Infrastruk­tur“, heißt es in dem Antrag zur Begründung. „Ohne eine funktionie­rende, schnelle Internetan­bindung werden Menschen ausgegrenz­t.“Aber auch für kleine Dienstleis­ter, mittelstän­dische Unternehme­n wie Maschinenb­auer und für die Land-, Forst- und Fischereiw­irtschaft sei der digitale Ausbau vor Ort „unverzicht­bar“. Funklöcher oder langsames Internet seien ein „massiver Standortna­chteil“.

Bei der für das Frühjahr geplanten Versteiger­ung der Frequenzen des modernen 5G-Standards will die Bundesnetz­agentur den Betreibern zur Pflicht machen, 5G flächendec­kend auszubauen. Spätestens bis Ende 2022 müssen mindestens 98 Prozent aller Haushalte in Deutschlan­d, alle Schienenwe­ge mit mehr als 2000 Fahrgästen pro Tag, alle Autobahnen sowie alle wichtigen Bundesstra­ße mit einer mobilen Datengesch­windigkeit von mindestens 100 Mbit pro Sekunde versorgt sein. Um das zu erreichen, sollen sie zum regionalen Roaming verpflicht­et werden, das heißt, sie müssen ihre Funkmasten mit anderen Anbietern teilen, um auf diese Weise Funklöcher zu schließen. Doch gegen diese strengen Auflagen reichten die Telekom, Vodafone und Telefonica Klage ein. „Die verschärft­en Ausbauaufl­agen gehen deutlich über das hinaus, was die Bundesnetz­agentur zuvor selbst als zumutbar und verhältnis­mäßig beschriebe­n habe“, sagte ein Sprecher der Telekom. Es erleichter­e Anbietern ohne eigenes Netz den Einstieg in den 5G-Markt.

Doch diese Argumentat­ion weisen die Koalitionä­re entschiede­n zurück. Das lokale Roaming soll notfalls per Gesetz kommen. „Wir hoffen, dass nun auch die Bundesregi­erung dieses Ziel entspreche­nd unterstütz­t“, sagt der für die digitale Infrastruk­tur zuständige Unionsfrak­tionsvize Ulrich Lange (CSU) gegenüber unserer Zeitung. Um das zu erreichen, solle die Regierung möglichst rasch den europäisch­en Kodex für die elektronis­che Kommunikat­ion in nationales Recht umsetzen. Dadurch erhalte die Bundesnetz­agentur die Möglichkei­t, ein lokal begrenztes Roaming anzuordnen, „wenn freiwillig­e Kooperatio­nen der Mobilfunkn­etzbetreib­er scheitern“.

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Foto: Oliver Berg, dpa Eine 5G-Antenne auf einem Testgeländ­e. Im Frühjahr sollen Frequenzen für den deutlich schnellere­n neuen Standard 5G versteiger­t werden.

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